Pfaffenhofen/Eichstätt
Buntes Bündnis gegen Vereinfachung

Protest gegen AfD-Veranstaltungen in der Region

17.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:06 Uhr
Auch dieser kleine Besucher zeigte auf dem Residenzplatz in Eichstätt deutlich Flagge. −Foto: Foto: Richter

Eichstätt/Pfaffenhofen (DK) In Eichstätt und Pfaffenhofen startet die AfD mit Kundgebungen in den Landtagswahlkampf. Schnell formieren sich Gruppen, die das Feld nicht den Populisten überlassen wollen. Am Ende kommen 1800 Menschen.

In Eichstätt und Pfaffenhofen gingen am Montag die Menschen auf die Straße, um gegen zwei AfD-Veranstaltungen zu demonstrieren. Angekündigt war jeweils der Bundessprecher Jörg Meuthen - in der Ilm-Stadt machte er aber nach Sicherheitsbedenken einen Rückzieher und wollte sich nicht auf die offene Bühne wagen. In Eichstätt sprach er am Abend im Alten Stadttheater.

Zuvor hatte sich in der Bischofsstadt bereits Widerstand formiert. Am Residenzplatz trafen sich ab 18 Uhr rund 1200 Menschen, um gegen den AfD-Wahlkampfauftritt zu protestieren. "Die Aktion ist relativ spontan entstanden", erzählte Veranstalterin Simone Zink. Über das soziale Netzwerk seien immer mehr Leute zu der Überzeugung gelangt, dass man den AfD-Auftritt nicht so einfach hinnehmen dürfe. "Wir wollen aber keine Gewalt und keine direkte Konfrontation, keine Ausgrenzung und Anfeindungen. Und wir wollen nicht gegen etwas sein, sondern für etwas - für mehr Miteinander und Verständnis", sagte Zink. Positiv denken, statt miesmachen. Die Resonanz war enorm, Neben Bürgern, Gruppen, Verbänden und Vereinsvertretern kamen diverse Parteifunktionäre und -mitglieder auf den Residenzplatz. Fahnen und Plakate der Christsozialen, Grünen und ÖDP waren zu sehen, "wir wollen Flagge zeigen", wie CSU-Landtagsabgeordnete Tanja Schorer-Dremel feststellte - ein Miteinander also auch verschiedener politischer Richtungen, ganz im Sinn der Organisatoren.

"Jeder, der friedlich zu uns kommt, ist willkommen", erklärte Manfred Muthig vom Kreisjugendring und erteilte rechten Parolen damit eine Abfuhr. "Unsere ganze Lebenswelt hat sich doch mit der Globalisierung komplett verändert. Da können wir uns nicht abgrenzen, es geht nur zusammen." Die Künstlerin Cendra Polsner wollte zivilbürgerliches Engagement einbringen und für einen gemeinsamen Dialog angesichts drängender politischer Themen plädieren, ob es nun um bezahlbares Wohnen oder den Umbruch von der Dienstleistungs- zu einer Informationsgesellschaft geht. "Das darf durchaus kritisch sein, aber ohne idiotische Hetzparolen. Die fühlen nur zur Spaltung."

Der Adelschlager Bürgermeister Andreas Birzer war da, weil er seinen Kindern "keine Welt hinterlassen möchte, in der Hass regiert". Der CSU-Mann hatte sein Tenorhorn mitgebracht, um seinen Protest zusammen mit anderen Bläsern auch musikalisch zum Ausdruck zu bringen. Dazwischen donnerten Techno-Beats über den Platz. Kreisheimatpfleger Dominik Harrer unterstützte den Protest, "weil ich es gut finde, wenn sich gewachsene Elemente mit neu hinzugekommenen verbinden. So hat das bei uns in Eichstätt schon immer funktioniert". "Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, dass Menschenfeindlichkeit keine Chance hat", rief Veranstalterin Simone Zink ins Mikrofon. Der Journalistikprofessor Klaus Meyer forderte alle Anwesenden auf, "eine klare Linie" zu ziehen. "Wer die AfD wählt, verhält sich wie jemand in der Wirtschaft, dem das Bier nicht schmeckt und der deshalb aus dem Klo trinkt." Markus Pflüger aus Dollnstein war gekommen, "um zu zeigen, dass wir mehr als die anderen sind". Schuld am Erstarken der AfD ist aus seiner Sicht auch die CSU, weil sie es versäumt habe, eine vernünftige Einwanderungspolitik auf die Beine zu stellen.
Spontan erfolgte der Protest auch in Pfaffenhofen. Die AfD plant eine Großkundgebung - diese Nachricht hatte sich gerade erst herumgesprochen, schon formierte sich der Widerstand: Unter dem Motto "Pfaffenhofen ist bunt - kein Ort für braune Parolen" organisierte ein breites Aktionsbündnis örtlicher Organisationen prompt eine Gegenkundgebung. Dass die AfD mit ihrem Bundessprecher Jörg Meuthen ihre erste Garde nach Pfaffenhofen entsenden wollte, war da noch gar nicht bekannt. Doch aus Meuthens Auftritt vor dem Pfaffenhofener Rathaus wurde dann ja doch nichts: Wie der Nandlstädter AfD-Bundestagsabgeordnete Johannes Huber gestern mitteilte, hatte Meuthen Sicherheitsbedenken und sagte ab. Huber begründete dies mit Meuthens persönlicher Situation als mehrfacher Vater und der insgesamt aufgeheizten Atmosphäre im Wahlkampf. Zudem habe das Bündnis "Pfaffenhofen ist bunt" explizit gegen die Person Jörg Meuthen Stimmung gemacht, warf Huber den Organisatoren der Gegenkundgebung vor. Auch die bundesweite Antifa-Bewegung sei aufgesprungen. Das Ganze nehme fast schon "totalitäre Ausmaße" an, klagte der Abgeordnete.
Statt dessen gab der bayerische Landesvorsitzende Martin Sichert den örtlichen AfD-Kandidaten Schützenhilfe. Allerdings vor äußerst spärlichem Publikum. Gut 150 bis 200 Interessenten verfolgten zunächst die Ausführungen der Redner. Etwa 600 Menschen fanden sich am oberen Hauptplatz vor der Bühne des Bündnisses "Pfaffenhofen ist bunt" ein, lauschten dort Songs wie "This land is your land" und zahlreichen Rednern, Geistlichen ebenso wie Politikern, Vereinssprechern und Künstlern, die vor Rassismus und rechten Parolen warnten. "Herz statt Hetze" - so das Motto bei der Kundgebung. Nach deren Ende zogen viele Teilnehmer zur AfD-Bühne weiter und quittierten die Ausführungen der dortigen Redner mit Pfeifkonzerten und "Nazis raus"-Rufen, in die AfD-Politiker auf der Bühne allerdings sehr zur Verärgerung der "Bunten" mit einstimmten.

Horst Richter, Patrick Ermert