Ingolstadt
Mehr als 23000 Flugzeugteile beim Brand in den Staudinger-Hallen zerstört?

Auch ein Lager von Airbus Defence and Space betroffen

17.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:41 Uhr
Geisterhaft wirkt die Kulisse der abgebrannten Staudinger-Halle in Ingolstadt, wo unter anderem Airbus Defence and Space ein Depot unterhielt. −Foto: Richter

Ingolstadt (DK) Der Großbrand in den Ingolstädter Staudinger-Hallen betraf auch ein Lager von Airbus Defence and Space. Das Unternehmen untersucht derzeit das Ausmaß des Schadens und richtet einen Krisenstab ein. Auch die Pfaffenhofener Firma Hipp gehört zu den Geschädigten des Feuers.

Der Schaden nach dem Brand in den Staudinger-Hallen im Südosten Ingolstadts ist enorm. Wie hoch er letztlich anzusetzen sein wird, bleibt aber acht Tage nach dem Großeinsatz von Feuerwehr und Rettungskräften weiter offen. Fest steht nur: Er könnte sich durchaus im deutlich zweistelligen Millionenbereich bewegen. Denn wie erst jetzt durchdrang, ist einer der Geschädigten die Airbus Defence and Space, spezialisiert unter anderem auf militärische Luftfahrt sowie militärische und zivile Raumfahrtsysteme, mit Sitz in Taufkirchen und einem Standort auch in Manching unweit der Brandstelle. Sie unterhielt ein Außenlager auf dem Staudinger-Areal, verteilt auf vier Etagen der betroffenen Halle. Das bestätigt zwar Unternehmenssprecher Florian Taitsch, gibt sich sonst aber mit Details eher zurückhaltend: Ein Team sei derzeit damit beschäftigt, das ganze Ausmaß des Schadens zu untersuchen. "Für uns geht es darum, die Kontinuität des Geschäfts sicherzustellen. Alles andere liegt in den Händen der Polizei."

Es sind wohl keine "Peanuts", um die es hier geht. Nach verschiedenen unserer Zeitung vorliegenden Informationen lagerten gut 23000 Teile von militärischen Flugzeugen in der ausgebrannten Halle, "bundeseigenes Material", wie sich das intern nennt. Weniger als 50 waren für den Eurofighter und die Transportmaschine Airbus A400M bestimmt, zwischen 100 und 200 für die Transall C-160, einige Hundert für Tornados oder das Awacs-Projekt, das fliegende Radarsystem der Bundeswehr. Der Großteil des zerstörten Lagers enthielt jedoch Teile für den Seefernaufklärer P-3 "Orion", nämlich mehr als 22000.

Die P-3 "Orion" ist ein auf die U-Boot-Jagd spezialisiertes Flugzeug, auch "Fliegendes Auge" genannt. Ob es anderswo in Deutschland ein zweites Depot gibt, um die Verluste zu kompensieren, ließ sich bei Airbus nicht in Erfahrung bringen. Inwieweit die in Ingolstadt gelagerten Komponenten tatsächlich durch das Feuer unbrauchbar geworden sind, bleibt vorerst offen. Laut Informationen aus Airbus-Kreisen sollen heute die Ergebnisse aller bisherigen Analysen vorliegen. Der Brand hat jedenfalls intern für viel Aufregung gesorgt, ist zu erfahren. Airbus Defence and Space richtete einen Krisenstab am Hauptsitz ein, verstärkt durch einen von der Airbus Group gestellten weiteren Krisenmanager.

Im nahen Pfaffenhofen wird derweil erzählt, auch der Babynahrungshersteller Hipp sei mit einem Lager für seine Produkte betroffen. Firmensprecher Clemens Preysing bestätigt das auf Anfrage unserer Zeitung. "Der abgebrannte Lagerteil grenzt an einen Bereich, in dem Hipp einen Teil seiner Endprodukte lagert. Es ist davon auszugehen, dass die darin gelagerten Produkte durch Löschmaßnahmen sowie Hitze und Rauch teilweise beeinträchtigt sind", teilt er mit. Eigene Fachleute würden sich in Zusammenarbeit mit externen Kontrollstellen einen Überblick verschaffen, in welchem Umfang die Lagerbestände betroffen sind. "Bis das Ergebnis der Untersuchungen bekannt ist, sind aus Sicherheitsgründen alle Hipp-Artikel in diesem Lager zur Auslieferung gesperrt." Um etwaige punktuelle Lieferunterbrechungen zu vermeiden, würden betroffene Produkte in Sonderschichten nachproduziert. Die exakte Schadenshöhe kann Preysing noch nicht beziffern.

Im Vergleich dazu scheint das Deutsche Museum deutlich glimpflicher weggekommen zu sein, es hatte rund 13000 Quadratmeter Depotfläche in Ingolstadt angemietet. Rund 8000 Objekte lagerten in den Staudinger-Hallen, vom Auto über ein Solarflugzeug, Näh- oder Spinnereimaschinen bis hin zu viel Medizintechnik. Ein Raub der Flammen sind sie nicht geworden, "aber auch Ruß und Löschwasser können viel kaputtmachen", sagt der Sprecher des Hauses, Gerrit Faust. Manche Stücke seien durch die Hitze verformt worden. "Wenn man jedes Teil einzeln in die Hand nehmen, säubern oder instandsetzen muss, kann das am Ende ziemlich teuer kommen. Mit einer Summe kann ich aber nicht dienen, da sind noch zu viele Fragen offen."

Das Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt hatte ebenfalls ein Depot in den Staudinger-Hallen und kann aufatmen. Es gab nur kleine Schäden, betroffen sind dem Vernehmen nach überwiegend nur Verpackungsmaterial, zwei Ausstellungsstücke und einige wenige Leihgaben - Glück gehabt!

Die Ursache des Feuers in der Nacht zum 11. Oktober gibt immer noch Rätsel auf. "Wir können aber sagen, dass bisher nichts auf vorsätzliche Brandstiftung hindeutet", sagt Hans-Peter Kammerer vom Polizeipräsidium in Ingolstadt. "Die Spurensuche dauert weiter an, die Gutachter haben mit ihrer Arbeit gerade erst begonnen."

 

Horst Richter