Corona-Demos: Bayern zeigt Härte

Innenminister Herrmann kündigt "klare Kante" gegen Teilnehmer an, die sich nicht an Regeln halten

12.05.2020 | Stand 23.09.2023, 12:00 Uhr

München - Die Staatsregierung ist sauer: Es sei ungeheuerlich, was sich manche Demonstranten am Wochenende auf Corona-Demos geleistet hätten - Mindestabstände seien nicht eingehalten und die vorgeschriebene Maske nicht getragen worden, "und zwar zum Teil absichtlich", sagte Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) gestern nach der Kabinettssitzung.

Zudem habe man vereinzelt unbeteiligte Passanten "massiv angegangen", sie sollten die Maske ablegen, sogar Polizisten seien angehustet und angegriffen worden.

Derlei sei "eine Überschreitung von Grenzen, die man nicht hinnehmen kann". Deshalb sei Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nun beauftragt worden, ein Konzept zu erarbeiten, wie Versammlungen möglich sind, ohne Dritte zu gefährden oder "dem Rechtsstaat auf der Nase herumzutanzen". Denn, so heißt es in einem Papier der Staatskanzlei: "Die Versammlungsfreiheit ist von konstitutiver Bedeutung für die demokratische Gesellschaft. "

Innenminister Herrmann zeigt sich derweil auch noch anderweitig alarmiert, wie er im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse und dem Donaukurier sagte: "Besondere Sorgen bereitet mir, dass zunehmend krude Verschwörungstheoretiker und Extremisten verschiedenster Couleur die Corona-Pandemie für ihre gefährliche Propaganda nutzen. Das zeigt sich bundesweit auf bedenkliche Weise bei Demonstrationen. "

Vor allem für das bewusste Missachten der wichtigen Corona-Schutzmaßnahmen "unter dem Deckmantel der Meinungs- und Versammlungsfreiheit habe ich keinerlei Verständnis, gerade wenn unbeteiligte Passanten gefährdet werden", sagte Herrmann. Ein solches Verhalten sei "höchst unverantwortlich und gefährlich". Jeder Versammlungsteilnehmer könne seine Meinung kundtun, "auch wenn sie noch so abwegig ist. Dafür muss er aber niemanden gefährden. Es gibt genügend legale Möglichkeiten, seinen Protest auszudrücken. Jede einzelne Infektion mit dem Coronavirus kann schwerste Komplikationen bis hin zum Tod bedeuten. Das müssen sich die Demonstranten, die sich über die unverzichtbaren Schutzregeln hinwegsetzen, bewusst machen".
Derzeit entwickle sein Ministerium zusammen mit den Polizeipräsidien und den Kreisverwaltungsbehörden die Konzepte für Demonstrationen weiter. "Das betrifft beispielsweise die Frage nach geeigneten Versammlungsörtlichkeiten, die genügend Platz bieten, die Mindestabstände einzuhalten. Insbesondere dürfen Unbeteiligte nicht in Gefahr gebracht werden", sagte Herrmann.

"Selbstverständlich wird die Polizei gegenüber Versammlungsteilnehmern auch weiterhin die notwendige Sensibilität zeigen", versicherte der Minister. Klar sei aber auch, "dass wir unsere Bevölkerung bestmöglich vor Infektionen mit dem hochgefährlichen Coronavirus schützen müssen. Wenn jemand meint, aggressiv und rücksichtslos auftreten zu müssen, werden wir klare Kante zeigen. Daher werden wir die Polizeipräsenz bei Demonstrationen deutlich erhöhen, wo es notwendig ist. Dabei kann auch die bayerische Bereitschaftspolizei unterstützen. "

Auch Staatskanzleiminister Florian Herrmann wies auf die besondere Herausforderung hin, vor die der Staat in diesem Fall gestellt werde - einerseits Grundrechte wie Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu gewährleisten, andererseits aber den Infektions- und Gesundheitsschutz durchzusetzen: Es sei "völlig klar", dass das Versammlungsrecht "ein hoher Wert" sei. Die Grenze liege aber dort, "wo andere in Gefahr gebracht oder andere bedroht" würden. Aufgrund der Corona-Pandemie sei es erforderlich, dass die Vorgaben des Infektionsschutzes beachtet werden - "nur so kann der Spagat zwischen Meinungsfreiheit und Schutz der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger gelingen".

Besonderes Augenmerk soll künftig auf geeignete Örtlichkeiten für die Versammlungen gelegt werden - derlei bedeutet, dass auch daran gedacht wird, Demonstrationen entgegen der bisher geübten Gepflogenheit, die Teilnehmer grundsätzlich dort demonstrieren zu lassen, wo sie es wollen, künftig gegebenenfalls auf abgelegene Örtlichkeiten zu verweisen. Die Gefährdung zufällig vorbeikommender Passanten solle dadurch minimiert werden, hieß es. Zudem müsse es darum gehen, eine Vermengung der unterschiedlichen Gruppen zu verhindern - dass sich Extremisten einfach an eine angemeldete Demo "dranhängen", solle so erschwert werden.

DK

Alexander Kain