Fehlende Kandidaten
Bürgermeister gesucht

In mehreren Gemeinden fehlen noch Kandidaten für die kommenden Kommunalwahlen

18.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:32 Uhr
Der Dorfplatz in Wörnitz mit der Kirche St. Martin: Die Gemeinde suchte mit einer Anzeige in einer Fachzeitschrift nach einem Bürgermeisterkandidaten. −Foto: Peter Schmelzle

Nürnberg (DK) Auf der Messe Kommunale in Nürnberg prangerte Bayerns Gemeindetagspräsident, der Abensberger Bürgermeister Uwe Brandl (CSU), kürzlich einen Notstand an, der zu denken gibt: Immer seltener fänden sich Bewerber für den Posten des Bürgermeisters. Wenige Monate vor den nächsten Kommunalwahlen im März 2020 wird das Thema drängend.

Das Ganze habe auch damit zu tun, dass die Rathauschefs inzwischen häufig von ungehaltenen Bürgern in den sozialen Netzwerken, aber auch auf der Straße, aggressiv angegangen werden, wenn etwas nicht schnell genug oder zu ihrer Zufriedenheit erledigt wird, berichtet Brandl; teilweise kommt es sogar zu Androhungen von körperlicher Gewalt. Manchmal hat aber auch grundsätzlich keiner Lust auf den damit verbundenen Stress.

In der mittelfränkischen Gemeinde Wörnitz mit ihren rund 1800 Einwohnern war das der Fall - parteiübergreifend fand sich niemand, der den Posten übernehmen will. Amtsinhaber Karl Beck ist inzwischen 67 Jahre alt und möchte zur nächsten Wahl nicht mehr antreten. Also begab sich die Kommune auf die Suche.

Um den Posten lukrativer zu machen, entschied man sich, dass der neue Bürgermeister fortan nicht mehr ehren-, sondern hauptamtlich tätig sein soll. Hat eine Kommune mehr als 1500, aber weniger als 3000 Einwohner, darf das der Gemeinderat selbstständig entscheiden. Finanziell macht das aber einen gewaltigen Unterschied. Bereits bei kleinen Gemeinden bis zu 5000 Einwohnern ist das die Besoldungsgruppe A13 ab 5000 Euro brutto im Monat (je nach Familienstand noch mehr). Ein ehrenamtlicher Bürgermeister erhält dagegen nur maximal 1800 Euro als Aufwandsentschädigung - bei oft nur unwesentlich geringerem Arbeitsaufwand.

"Auf unsere Anzeige in einer Fachzeitschrift haben sich zwei Kandidaten gefunden, wir haben uns aber noch nicht entschieden", sagt Georg Hörner, der zweite Bürgermeister und Vorsitzender der Freien Wähler im zwölfköpfigen Gemeinderat; übrigens die einzige Fraktion in diesem Kommunalparlament. Beworben haben sich ein Mitarbeiter des örtlichen Arbeitsamts und eine Frau, die bisher Bürgermeisterin in einer Gemeinde in der Oberpfalz ist, sich aber beruflich verändern möchte.

Auch die CSU in der Gemeinde Haag im Landkreis Mühldorf sucht nach einem geeigneten Kandidaten. Man habe zur Not jemanden aus den eigenen Reihen, der als treuer Parteisoldat bereitstünde - "aber besser wäre jemand, der hochmotiviert ist und den Job wirklich machen will", verrät Ludwig Schletter, der CSU-Ortsvorsitzende. Gewünscht sei eine "Kapazität", entweder politisch erfahren oder bisher beruflich tätig in der Verwaltung.

Zwar hat Haag mit der SPD-Politikerin Elisabeth Schätz eine Rathauschefin, die gern weitermachen möchte. Aber eine Sozialdemokratin inmitten im christsozialen Herzland Oberbayern einfach so durchwinken - das kommt für die im Stadtrat vorherrschende Haager CSU nicht infrage. Die Sozialdemokratin ist seit 2014 im Amt, davor war das rund 6500 Einwohner zählende Haag politisch jahrzehntelang tiefschwarz. Nun soll die Frau weg. Es funktioniere einfach die Zusammenarbeit mit der Bürgermeisterin nicht, sagt der CSU-Vorsitzende. "Es braucht einen Neuanfang, unser Ort ist vom Niedergang bedroht."

Um in Haag als künftiger Bürgermeister zu punkten, sind aber auch diverse Qualitäten wichtig, wie Ludwig Schletter erläutert. "Auftreten und Souveränität" seien natürlich wichtig, ebenso Erfahrungen. Und es komme auch auf die künftige First Lady an. "Die muss fesch wirken, darf aber keine Gucci-Tussi sein." Gern würde man jemanden nehmen, der in einer anderen Kommune bisher in der Verwaltung arbeitet - etwa einen Kämmerer -, aber aus Respekt vor seinem örtlichen Bürgermeister diesen nicht herausfordern möchte.

Markus Trinkwalder ist Vorsitzender der Freien Wähler in der Gemeinde Biessenhofen im Landkreis Ostallgäu. Der amtierende Bürgermeister von der CSU ist seit 2008 im Amt, vor fünf Jahren wurde er ohne Gegenkandidaten wiedergewählt. Das soll sich im nächsten Frühjahr zur Wahl nicht wiederholen, deshalb suchen die Freien Wähler der 4000 Einwohner starken Gemeinde nach einem eigenen Kandidaten. "Der Bürger muss in der Demokratie eine Auswahl haben", findet Markus Trinkwalder.

Grundsätzlich hätte er selbst auch Interesse zu kandidieren, aber mit zwei kleinen Kindern und einer ebenfalls berufstätigen Frau sieht er keine Chance, den Job des Bürgermeisters bewältigen zu können. Zwei Bewerbungen habe man bisher bekommen, davon sei einer der Interessenten inzwischen wieder abgesprungen. Vielleicht ist die Aussicht, gegen einen Amtsinhaber - der selbst nach Aussage der Opposition keinen schlechten Job macht - zu verlieren, zu groß.

Andre Paul