München
Forschungsreaktor-Streit: Fortschritt bei neuem Brennstoff

05.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:25 Uhr
Der Forschungsreaktor München II (FRM II) steht auf dem Gelände der Technischen Universität München (TUM). −Foto: Peter Kneffel/dpa/Archivbild

Der Forschungsreaktor in Garching ist seit seinem Start umstritten. Forscher loben die Möglichkeiten für Wissenschaft, Medizin und Industrie; Atomgegner kritisieren die Verwendung hochangereicherten Urans. Nach jahrelangem Streit kommt eine Lösung in Sicht.

Auf der Suche nach einem neuen Brennstoff für den wegen des Betriebs mit hochangereichertem Uran umstrittenen Forschungsreaktor FRM II in Garching gibt es Fortschritte. Bei der Herstellung eines niedriger angereicherten Brennstoffs gehe es voran, teilte die Technische Universität München (TUM) als Betreiberin am Dienstag mit. Bisher läuft der Reaktor mit 93 Prozent angereichertem Uran. Atomgegner, Umweltschützer und Grüne kritisieren dies seit langem und forderten die Abschaltung, da dies der Betriebsgenehmigung von 2003 widerspreche. Sie sprechen von waffenfähigem Material.

TUM und der französische Brennelemente-Fertiger Framatome hatten das Pilotprojekt zur Fertigung eines Brennstoffs mit einer geringeren Anreicherung von 19,75 Prozent im vergangenen Jahr vereinbart. Die ersten Prototypen sollen Anfang 2021 hergestellt werden und 2022 in die Produktion gehen, zunächst für erste Bestrahlungsversuche. Wann der Brennstoff eingesetzt werden könne, hänge bei erfolgreichen Tests von der Genehmigung durch die Behörden ab, hieß es.

„Die Entwicklung dieses Brennstoffs ist ein großer Schritt nach vorne, mehrere internationale Teams forschen seit Jahren an dieser Aufgabe. Der Erfolg dieses Projekts wird weltweit von großer Bedeutung sein“, sagte Peter Müller-Buschbaum, wissenschaftlicher Direktor des FRM II. Der neue Brennstoff könnte weltweit auch für andere Forschungsreaktoren in Frage kommen, die wie der FRM II als Hochleistungs-Neutronenquelle dienen.

„Wir bieten den Forschungsreaktoren einen alternativen Weg, wie sie den hohen Neutronenfluss für Forschung, Industrie und Medizin erhalten und gleichzeitig aber die Anreicherung des Brennstoffs senken können“, sagte Francois Gauché, Direktor von Framatome-CERCA. Angestrebt werde weltweit ein Verzicht auf hochangereichertes Uran, unter anderem weil dieses - wenngleich nach vielen weiteren chemischen Schritten - für Waffen genutzt werden könnte, erläuterte die Sprecherin des FRM II, Anke Görg.

Ein Bündnis aus Umweltschützern und Grünen hatte im vergangenen Jahr ein Gutachten vorgelegt, das den Betrieb des FRM II mit dem hochangereicherten Uran als illegal einstuft. Nach der Betriebsgenehmigung von 2003 hätte er den Gegnern zufolge bis Ende 2010 umgerüstet werden müssen. 2018 wurde die Verwendung des hochangereicherten Brennstoffs verlängert. Diese Vereinbarung von Freistaat und Bund reicht nach Auffassung der Gegner rechtlich nicht.

Wegen der Corona-Beschränkungen ist der Betrieb des Reaktors gerade auf unbestimmte Zeit ausgesetzt, da Gastwissenschaftler nicht vor Ort arbeiten können. Derzeit wird dort nur steriles Wasser für Desinfektionsmittel produziert.

Mitteilung TUM zu Rechtsgutachten von 2019

dpa