Alles sauber?

Lebensmittelkontrolleure haben oft etwas zu beanstanden - Richtig schlimm ist es aber nur selten

03.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:16 Uhr
Mit einem Thermometer wird überprüft, ob das Öl in der Fritteuse die richtige Temperatur hat. −Foto: Sven Hoppe

Unangekündigt tauchen sie auf und suchen nach Mängeln. Die Arbeit von Lebensmittelkontrolleuren ist vielfältig - nicht immer appetitlich, aber vor allem wichtig. Beim Besuch einer Betriebskantine wird klar: Ein genauer Blick lohnt sich.

München (DK) Plastikbeutel, Probenbecher, Kamera, Thermometer und Messgerät liegen auf dem Tisch, während sich Helmut Wurm einen weißen Kittel überzieht und erklärt: "Zu unseren Arbeitsutensilien gehören auch noch Kühlboxen, Thermobekleidung für Tiefkühlhäuser und Tablets, auf denen wir unsere Kontrollergebnisse festhalten." Seit zehn Jahren ist der 41-Jährige, der gelernter Metzger und Küchenmeister ist, im Landkreis München als Lebensmittelkontrolleur unterwegs. Von Geschäften über Tankstellen bis hin zu Imbiss und Kantine ist alles dabei. Für die rund 5000 zu kontrollierenden Betriebe im Landkreis sind neun Mitarbeiter verantwortlich.

"Uns ist weniger wichtig, wie das Essen schmeckt, sondern wie es gelagert und verarbeitet wird", erklärt Wurms Kollege Bernd Fleischmann, der seit 1988 als Lebensmittelkontrolleur arbeitet. "Wir gehen den Weg der Waren nach - von der Anlieferung, ins Lager, bis zur Küche", fügt Wurm hinzu. Im vergangenen Jahr hat es im Landkreis München 700 Kontrollen gegeben. Insgesamt wurden nach jüngsten Angaben des bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit im Freistaat knapp 70000 Lebensmittel, Kosmetika und Tabakwaren untersucht. 7,9 Prozent davon wurden wegen deren Zusammensetzung oder Kennzeichnung beanstandet. Ein gesundheitliches Risiko bestand bei 0,4 Prozent.

Bei der aktuellen Kontrolle trifft es eine Münchner Betriebskantine. Im Regelfall kommen die Experten unangekündigt. Doch dieses Mal ist alles etwas anders. "Wir haben gemerkt, dass das Interesse am Thema Lebensmittelsicherheit groß und das Wissen darüber oftmals eher gering ist", sagt Alfred-Alexander Gaßner vom Landratsamt München. Heuer gebe es erstmals den Internationalen Tag der Lebensmittelsicherheit, den die Vereinten Nationen für den 7. Juni beschlossen haben. Dieses Datum haben die Münchner zum Anlass genommen und zu einer organisierten Kontrolle eingeladen. "Jeder Betrieb wird gleich kontrolliert, aber es geht um mehr als das Abgleichen von gesetzlichen Vorgaben", weiß Gaßner. Auch die Zuverlässigkeit der Unternehmer spiele eine entscheidende Rolle, denn letztlich trage dieser ja die Verantwortung. "Man kennt seine Pappenheimer und weiß mit der Zeit, wo man öfter draufschauen muss", sagt Fleischmann. "Wenn wir etwas beanstanden, dann klären wir über mögliche Gefahren auf und geben Tipps, was dagegen getan werden kann." Viele würden es oft gleich als Skandal sehen, wenn etwas aufgedeckt werde, dabei sei der Kontrolleur ja nicht der Feind. Vielmehr gehe es um die Überwachung und Beratung.

"Es gibt immer gewisse neuralgische Schwachpunkte", sagt Wurm, als er vor den Lagerräumen der Kantine stehenbleibt. Dazu gehöre die Warentrennung. Unreine Waren wie Gemüse mit Erdresten sollten nicht neben offenem Fleisch oder Soßen gelagert werden. Auch rohe Eier legt man wegen der Salmollengefahr auf der Schale besser nicht neben Gemüse, das roh verzehrt wird. Separate Räume für Gemüse sowie Fleisch- und Milchprodukte, wie sie dieser Betrieb hat, seien besser.

Als der Kontrolleur als nächstes den Tiefkühlraum betritt, fällt der erste Blick auf den Boden: Lebensmittel dürfen nur im Regal oder auf Unterlegmatten gelagert werden. Beim Gang durch die Küche wird neben einem Gemüsehobel die Fritteuse unter die Lupe genommen. "Geruch und Aussehen verraten schon viel über die Frische des Fettes", erklärt Wurm.

Immer wieder sorgen Lebensmittelskandale für Schlagzeilen - seien es mit Salmonellen verseuchte Eier Mäusekot in Bäckereien oder Schimmel an den Wänden. Um speziell Großbetriebe zu überwachen, ist in Bayern Anfang vergangenen Jahres eine Spezialbehörde für Lebensmittelkontrollen an den Start gegangen. Um die kleineren Einrichtungen kümmern sich Fleischmann und Co. Er sagt: "Zu beanstanden gibt es fast überall etwas, auch Schließungen kommen immer mal wieder vor." Der 59-Jährige erinnert sich an einen Imbisswagen auf einer Baustelle: "Da hat es schon gereicht, nur mit vernünftigem Menschenverstand reinzuschauen - und es war klar, da geht ab sofort nichts mehr." Das Übelste vom Übelsten sei aber die absolute Ausnahme und nicht alltäglich.

Luisa Riß