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Der neue Audi A6 verwöhnt den Fahrer mit viel Hightech - schon der kleinste Diesel überzeugt

29.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:19 Uhr
Mächtiger Grill: Von vorne ähnelt der neue A6 stark dem großen Bruder A8 - auch technisch hat er fast alles geerbt. −Foto: Audi

Derzeit kommt der wenig autoaffine Leser kaum noch hinterher: Schon wieder ein neuer Audi? Klare Antwort: Ja. Nach A8 und A7 geht jetzt der komplett neue A6 an den Start. Marketing und Vertrieb mögen sich die Hände reiben, das Werk in Neckarsulm - in dem alle drei Fahrzeuge gebaut werden - ächzt dagegen unter den quasi parallelen Produkt

Unabhängig von der Karosserieform können sich jedenfalls alle, die ein solches Fahrzeug bestellen über jede Menge Technik des Top-Modells A8 freuen - natürlich nur soweit das Budget es erlaubt.

Nach den ersten Runden über bergige Landstraßen gleich die gute Nachricht: Schon der 204-PS-Vierzylinder-Basis-Diesel bietet völlig ausreichende Fahrleistungen. Die schlechte Nachricht folgt sogleich: Er ist nicht vom Start weg verfügbar, weswegen auch noch keine Preise bekannt sind. Die geschmeidigste Motor-Getriebe-Variante ist definitiv der starke 340-PS-Benziner in Kombination mit dem 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe - hier beginnen die Preise bei 59850 Euro. Eine Handschaltung ist beim neuen A6 generell nicht mehr erhältlich.

Für Vielfahrer dagegen ist grundsätzlich der große Diesel mit 286 PS (ab 58050 Euro) eine Option - doch auf der ersten Ausfahrt konnte das Aggregat in Zusammenarbeit mit der 8-Stufen-Wandlerautomatik nicht voll überzeugen. Zwar schiebt der Motor gewaltig an, jedoch dauert es in vielen Situationen einfach zu lange, bis die Fuhre in Schwung kommt. Je nachdem in welchem Gang man gerade ist, vergehen beim kräftigen Tritt aufs Gaspedal bis zu zwei Sekunden, bis der richtige Gang gefunden und das Turboloch überwunden ist. Warum dem so ist, ließ sich nicht klären. Möglicherweise hängt es mit der Umstellung auf die neue Abgasnorm Euro-6d-Temp zusammen, nach der sämtliche Diesel im A6 zertifiziert sind.

Klanglich unterscheiden sich die Motoren - zumindest aus dem Innenraum wahrgenommen - kaum, egal, um welchen Antrieb es sich handelt. Alle Varianten sind gut gedämmt und halten sich geräuschmäßig zumeist dezent im Hintergrund. Beim Vorgänger hatte man zumindest die starken Diesel noch auf Boller-Sound getrimmt.

Innen wartet der A6 mit dem modernsten Bediensystem seiner Klasse auf. Auf zwei Displays in der Mittelkonsole (10,1 und 8,6 Zoll) wird gewischt und getoucht - das klappt meist einwandfrei. Immer wieder beeindruckend ist die Handschrifterkennung. Lediglich ein Microfaser-Tuch sollte sich der A6-Fahrer zulegen, denn bei Sonneneinstrahlung werden unschöne Fingertapser sichtbar. Alternativ kann man auch die sehr gut funktionierende Sprachbedienung nutzen. Der aufgeräumte Innenraum lässt den A6 innen noch größer wirken, als er ohnehin schon ist. Vorne und hinten gibt es keinerlei Platzmangel.

Ein Blick in die umfangreiche Aufpreisliste wirft die Frage auf, ob es wohl länger dauert, die Bepreisung und Bündelung der Extras auszutüfteln oder das Fahrzeug zu entwickeln. Doch nicht alles ist unbedingt nötig: Sparen kann man sich beispielsweise das rund 2000 Euro teure Luftfahrwerk, denn bereits das Standard-Stahlfederfahrwerk ist bestens abgestimmt und ermöglicht komfortables Fahren ohne dabei zu weich zu wirken. Empfehlenswert dagegen ist die Allradlenkung (1900 Euro): Sie verkürzt den Wendekreis und macht das große Fahrzeug deutlich handlicher. Der Haken: Sie ist nicht in Kombination mit dem Basis-Stahlfederfahrwerk erhältlich - man braucht mindestens das Fahrwerk mit Dämpferregelung (1130 Euro).

Sowohl das Head-up-Display (1400 Euro) als auch das Virtual-Cockpit (nur im Navi-Sound-Paket für 2200 Euro) leisten hervorragende Dienste - beides zusammen ist aber fast schon zuviel des Guten, weswegen man auf eines davon getrost verzichten kann.

Sehr hilfreich ist die 3D-Kamera (1150 Euro), die das Fahrzeug beim Parken quasi aus einer Art Außenkamera-Perspektive zeigt. Genervt waren wir vom Spurhalteassistenten, der gelegentlich recht rigoros ins Lenkrad eingreift - vor allem auf engen Landstraßen. Manchmal erschrickt man dabei regelrecht. Noch ärgerlicher: Der Assistent ist standardmäßig aktiviert und muss nach jedem Motorstart erneut abgeschalten werden.

Und dann gibt es Extras, die man fast ordern muss, weil das Auto inzwischen so ein Luxus-Fahrzeug geworden ist, dass es ohne einfach komisch ausschaut. Ein Beispiel ist die elektrische Sitzverstellung. Im A6 an Plastik-Hebeln zu ziehen und an Kunstoffrädern zu drehen ist schlichtweg nicht angemessen. Dann lieber gleich eine Nummer kleiner - und zum A4 greifen.

Mit adäquater Ausstattung dürften rund 80000 Euro für einen A6 wohl ein realistischer Preis sein. Einen A6 über 100000 Euro zu definieren ist aber durchaus auch möglich.