Der Ochse und der Ruf der Freiheit

Schlachtreifes Tier reißt am Freitagabend in Niederarnbach aus - und lässt die Suchtrupps verzweifeln

15.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:27 Uhr
Auch mit einer Drohne mit Wärmebildkamera versuchten die Suchtrupps den flüchtigen Ochsen aufzuspüren. −Foto: M. Schalk

Brunnen - Der Traum von einem Leben in Freiheit - wie ihn viele Menschen angesichts von aktuellem Teil-Lockdown und eventuell drohendem Voll-Lockdown derzeit sicherlich auch hegen - hat sich für einen Ochsen erfüllt. Zumindest vorerst. Am Freitagnachmittag ist das Tier in Niederarnbach dem Schlachter sozusagen gerade noch von der Schippe gesprungen. Und bisher hat es sich offenbar ganz gut versteckt: Bei Redaktionsschluss gestern Abend gab es von dem flüchtigen Rindvieh noch keine Spur.

 

Es war am Freitag gegen 17 Uhr, als das Abenteuer begann. Das ausgewachsene Tier, dem nur noch eine Zukunft am Spieß, als Steaks oder Ochsenschwanzsuppe bevorstand, nutzte seine Chance und lief dem Schlachter davon. Wie die Polizei berichtet, wurde der 500-Kilo-Koloss noch dabei beobachtet, wie er Richtung Brunnen die Flucht ergriff, und das war dann auch schon die letzte verlässliche Sichtung, die gemeldet wurde.

Dann machte sich ein Großaufgebot an Rettungskräften auf die Suche, schließlich ist ein Tier dieser Größe, auch wenn es noch so freundlich dreinschauen mag, nicht ganz ungefährlich. Mehrere Streifen der benachbarten Polizeidienststellen waren ebenso im Einsatz wie Jäger und ein Hundeführer. Die Freiwillige Feuerwehr Schrobenhausen wurde gerufen, sie brachte eine Drohne mit, die mit einer Wärmebildkamera bestückt ist. Doch auch die Luftaufklärung brachte im Gebiet zwischen Brunnen, Niederarnbach und Karlshuld keine heiße Spur. Gegen 21 Uhr wurde die Suche dann erst mal eingestellt. Die Lokführer der Paartalbahn wurden angehalten, in dem Gebiet abzubremsen und auf Sicht zu fahren, schließlich haben ihre Züge keine Kuhfänger, so wie es sie früher im Wilden Westen gab.

Am Samstagvormittag wurde die Suche dann laut Polizei "bei bestem Wetter wiederaufgenommen und intensiviert". Für mehrere Stunden war nun auch ein Polizeihubschrauber im Einsatz. Erfolglos. Der Ochse wusste offenbar, wie man sich versteckt. Darüber hinaus, so die Polizei weiter, "beteiligten sich mehrere hochmotivierte Jäger mit ihren spezialisierten Nachsuchehunden". Und diesmal gab es wirklich eine Spur, eine vielversprechende sogar. Die führte bis in den Pobenhausener Raum, wo sie sich dann aber verlor.

Was war dort passiert? Da bleiben nur wilde Spekulationen, an denen sich die Schrobenhausener Zeitung gerne mit eigenen Theorien beteiligt: War der Ochse etwa in den Hauptkanal gestiegen, ihn ein ganzes Stück entlanggewatet und dann auf der anderen Seite wieder an Land gegangen, um seine Spuren zu verwischen, so wie einst Rambo im Urwald? Dazu würde ja passen, dass das Gebiet zwischen Niederarnbach und Pobenhausen auch als "Wildnis" bekannt ist. Oder hat das schlaue Tier sich getarnt und im Wisentgehege beim Haus im Moos, das ja gleich hier in der Nähe ist, versteckt? Oder sind das mit der Spur nach Pobenhausen gar Fake News, ausgestreut vom inoffiziellen Ochsen-Fanclub, der genau weiß, dass das Tier in eine ganz andere Richtung verduftet ist?

Die Polizei hat die Suche mittlerweile eingestellt. Man setzt nun auf Jäger, Natur- und Tierschützer, die den freiheitsliebenden Ochsen eventuell aufspüren könnten. Und auf den Zufall, vielleicht steht das Tier ja auf einmal in einem Vorgarten oder läuft einem Autofahrer oder Spaziergänger über den Weg. Wenn das der Fall sein sollte, warnt die Polizei eindringlich davor, selbst zu versuchen, dem Ausbrecher eine Leine um den Hals zu legen. Schließlich ist so ein 500-Kilo-Brocken nicht gerade ungefährlich. Besser ist es, umgehend die Polizei zu verständigen, die Inspektion Schrobenhausen ist unter der Nummer (08252) 8975-0 zu erreichen.

Vielleicht sind die Schrobenhausener Beamten dann allerdings örtlich gesehen überhaupt nicht mehr zuständig. Ob so ein Ochse gerne auf Wanderschaft geht oder eher der Heimat treubleibt, vermochte der Polizist in der Dienststelle am Sonntagabend am Telefon nicht einzuschätzen. Das tierische Abenteuer geht also weiter, und die Schrobenhausener Zeitung hat da eine überhaupt nicht beleg- oder belastbare Theorie: Das Vieh ist bestimmt auf dem Ochsenweg unterwegs!

Bernd Hofmann