Leserbrief
BEG - verzerrte Wahrnehmung?

08.03.2021 | Stand 06.05.2021, 3:34 Uhr
Wind und Sonne sollen sauberen Strom liefern - so wie hier am Salzberg bei Singenbach. Doch wo sollen neue Windräder entstehen? −Foto: Hofmann

Zum Artikel "Energiewende in Bürgerhand (SZ vom 6. März):

 

Aus diesem Artikel kann man schon gute Ansätze seitens des neuen grünen BEG-Dreigestirns um Mießl, Haile und Schwarzbauer erkennen. So steht ein Holzkraftwerk, kaltes Nahwärmenetz und PV-Anlagen auf der Agenda. Aber natürlich auch wieder einmal die allheilbringenden Windräder. So stelle ich mir bei mancher Aussage die Frage, ob die Wahrnehmung in der schönen heilen grünen BEG-Welt etwas verzerrt ist.

"Windkraftgegner - nur eine kleine laute Minderheit": Hier scheint Herr Haile schon die Bürgerversammlung in Sandizell 2019 vergessen zu haben, in der wohl die deutliche Mehrheit der zirka 160 bis 180 anwesenden Zuhörer nicht gerade pro Windrad im Hagenauer Forst gestimmt waren. (Siehe SZ-Artikel "Hitzige Bürgerversammlung in Sandizell"). Es ist verständlich, dass jemand, der weit weg von einem geplanten Windrad wohnt, nichts gegen diese Anlagen einzuwenden haben wird. Wobei ich natürlich nicht in Abrede stellen will, dass es nicht auch Befürworter in der näheren Umgebung möglicher Standorte gibt. Eine von der BEG im Oktober 2018 versprochene Informationsveranstaltung fand bis heute nicht statt. Seriös ist solch eine Nichteinhaltung von Ankündigungen nicht.

"Wir planen ja keinen Windpark": Definiere Windpark? Die Planung im Hagenauer Forst geht von bis zu fünf Windrädern aus. Warum spricht die BEG immer nur vom Hagenauer Forst, in dem laut Windenergiekonzept von Peter Mießl aus 2011 die niedrigsten Windgeschwindigkeiten vorherrschen im Vergleich zu anderen Standorten? Offenbar ist die Frage der Grundstücksbesitzer der entscheidende Punkt für die Standortwahl und nicht die Suche nach dem Standort mit der höchsten Ausbeute und den wenigsten Beeinträchtigungen für die Bevölkerung.

"Eine Genossenschaft muss wirtschaftlich denken": Pocht die BEG nur deswegen immer wieder auf die Notwendigkeit von Windrädern, um ihre eigenen Finanzen zu sanieren? "Der ländliche Raum ist das Rückgrat der Energiewende": Die Landbevölkerung soll also für das schicke "grüne" Leben der Stadtbewohner Belästigungen durch gesundheitsgefährdenden Lärm und Infraschall in Kauf nehmen? Davon, dass der Hagenauer Forst als Bannwald und Naherholungsgebiet, das gerade jetzt in Corona Zeiten immer häufiger aufgesucht wird, nicht mehr so sein würde wie zuvor, ganz zu schweigen. Das perfide an der Sache: In Schrobenhausen selbst ist es nicht erlaubt PV-Anlagen auf den Dächern der Innenstadt aus "optischen" Gründen/Denkmalschutz zu installieren. Beispiel neu saniertes Rathaus - Fehlanzeige. Ein Schlag ins Gesicht für jeden Dorfbewohner in der Nähe eines Windrades, wenn das Argument "optische Beeinträchtigung" nur für die Stadtbevölkerung Gültigkeit hat. Sind Dorfbewohner also Bürger zweiter Klasse gegenüber der Stadtbevölkerung?

In der SZ war zu lesen, dass der inzwischen in Betrieb gegangene Solarpark Schornhof zwischen Berg im Gau und Karlshuld theoretisch 30000 Haushalte mit Strom versorgen könnte, also genug für den ganzen Landkreis - dazu gehören auch die Schrobenhausener Haushalte. Zudem seien Anträge für PV-Freiflächen mit einer Größe von 260 Hektar bei der Stadt eingegangen (wovon 85 Hektar die Note 1 im Hinblick auf Eignung aufweisen). Eine Fläche von 150 Hektar zur Nutzung von Freiflächen (PV) ist vom Stadtrat freigegeben, 80 bis 100 Hektar würde man benötigen um die Stadt Schrobenhausen zu 100 Prozent versorgen zu können. Würde man die 150 Hektar ausreizen, könnte man sogar mit 40 Hektar Verlust Wasserstoff zum Speichern erzeugen.

Und wem das ganze Ackerland zu schade ist, um es für PV-Freiflächen zu opfern, wie wäre es, wenn die BEG mit den Schrobenhausener Unternehmen in Kontakt tritt, um die Flachdächer der Büros und Hallen zu nutzen? Ebenso die Flachdächer großer Wohnbauprojekte, die jedes Jahr im Stadtrat zur Diskussion stehen. Ja, dieser Strom darf nicht an die Mieter verkauft werden, aber die Dächer an die BEG zu verpachten - wäre das kein Weg? Vermutlich wäre das mit mehr Verhandlungen mit vielerlei Interessenspartien verbunden, als ein Windrad in einen Staatsforst zu pflastern - und vermutlich auch nicht so rentabel. Aber wäre es das nicht Wert, um den sozialen Frieden in Schrobenhausen zu wahren? Muss Schrobenhausen unbedingt mehr erzeugen als nötig?

Warum jetzt bei unzähligen PV-Anlagen in den nächsten Jahren die Förderung auslaufen muss und somit beim weiteren Betrieb unrentabel werden, bleibt wohl ein Geheimnis der Bundesregierung. Ebenso, dass ein Privathaushalt nur 70 Prozent des erzeugten Sonnenstromes ins Netz einspeisen darf, damit dieses nicht instabil wird - was aber, wenn es immer mehr PV und Windstrom gibt? Nur zwei Beispiele, bei denen ein Normalbürger nur noch den Kopf schütteln kann. Aber auch hier werden wohl andere Interessen im Vordergrund stehen als der Umweltschutz.

Nun braucht man ja trotzdem noch Windräder, da ja in der Nacht keine Sonne scheint. Nur leider weht auch nachts nicht immer der Wind. Und dass der von Mießl erwähnte geringe Biogas-Anteil ausreicht, um durch die Nacht zu kommen ist schlicht Humbug. Fakt ist, dass ohne geeignete Speichermöglichkeit selbst mit einem Mix aus PV- und Windenergie keine gesicherte Grundversorgung gewährleistet werden kann.

Mit Speicherung könnte die Stadt Schrobenhausen ihre Ziele auch ohne die von der BEG propagierten Windräder erreichen. Ohne Speicherung wird wohl der Staat wieder Gelder aus der EEG-Umlage an das Ausland zahlen, um den überschüssigen grünen Strom loszuwerden. Viele Unternehmen sind durch Corona in Schieflage gebracht worden. Der höchste Strompreis in Europa könnte noch das Tüpfelchen auf dem "i" sein, wodurch auch so manch grüner Parteigenosse um seinen Arbeitsplatz bangen könnte.

Fazit zur BEG: Man spricht davon, die Menschen mitzunehmen und Bedenken ernst zu nehmen; hinter verschlossenen Türen handelt man dem auf Kosten von Dorfbewohnern entgegen.

Stephan Sieber

Sandizell