Behelfsbahnsteig als Interimslösung?

06.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:43 Uhr

Zur Berichterstattung und den Leserbriefen zum sich verzögernden Bahnhalt in Niederarnbach:Trotz anderer gegenteiliger Meinung, ist die Paartalbahn eine wichtige Strecke, die jedoch wegen politischer Vernachlässigung in schlechtem Zustand ist.

Es besteht gegenwärtig ein hohes Fahrgastpotenzial. Ein zweigleisiger Ausbau der Paartalbahn und die Elektrifizierung wären sehr wohl ohne größere Probleme möglich. Dies bestätigen nicht nur Eisenbahningenieure, sondern auch die Bayerische Staatsregierung. Beide Themen sind bereits seit 2007 mehrfach im bayerischen Landtag politisch thematisiert worden. Die politisch versprochene Umsetzung der Elektrifizierung für 2019 scheint jedoch still und leise verstorben zu sein. Es fehlt offensichtlich das politische Interesse an der Elektrifizierung und am zweigleisigen Streckenausbau. Damit bleibt die Paartalbahn eine der letzten Großstadtverbindungen in Südbayern ohne Elektrifizierung, während alle anderen Hauptstrecken darum herum bereits elektrifiziert sind. Ab einem 30-Minuten-Takt ist der elektrische Betrieb wirtschaftlicher als Dieselantrieb. Dies ist bereits mit dem 15/30-Takt zwischen Augsburg und Friedberg der Fall.

Zum Thema Bahnsteighöhe: Eine einheitliche Bahnsteighöhe ist für einen guten, schnellen, barrierefreien und wirtschaftlichen Eisenbahnbetrieb notwendig. Für den Schienenverkehr sind in Deutschland in der Regel 76 Zentimeter vorgesehen. Es wird der VdK als Zeugen für den barrierefreien 55 Zentimeter Bahnsteig angeführt. Um die Bahnsteighöhe geht es aber in dieser Diskussion überhaupt nicht, es geht um den barrierefreien Zugang. Ein Bahnsteig mit 55 Zentimeter in Brunnen prallt auf einen Bahnsteigstreckennetz mit 76 Zentimeter in Ingolstadt oder Augsburg. Und damit ist der barrierefreie Zugang in Frage gestellt.

Es geht um den politisch versprochenen barrierefreien ÖV-Zugang, der bis 2022 umgesetzt werden soll. Und bei der Paartalbahn spricht man vom Bahnsteigneubau in frühestens 20 Jahren. Also frühestens im Jahre 2042. Damit liegt Bayern beim barrierefreien Zugang im Bundesvergleich nur im Mittelfeld. Andere Bundesländer sind mit 96 Prozent bereits weiter.

Die DB hat auf 77 Prozent der Bahnhöfe einen barrierefreien Zugang. Alle unnötigen Sonderlösungen bei der Infrastruktur und Fahrzeugausstattung muss der Fahrgast mitbezahlen. Das kann nicht das Ziel sein. Ein Mischbetrieb mit verschiedenen Bahnsteighöhen, wie es bei der Paartalbahn derzeit vorgesehen ist, ist eben nicht barrierefrei. Auch nicht in Zukunft. Im Fall Brunnen kommt noch erschwerend hinzu, dass hier für die Zukunft eben ein Ausbau auf 76 Zentimeter lediglich ein politisches Versprechen ist. Zudem sollte bedacht werden, dass auch bei einer späteren Bahnsteigerhöhung sämtliche Zuwegungen barrierefrei angepasst werden müssen. Wie gegenwärtig auch, wenn man dies sofort planerisch anpasst. Andernfalls gibt man damit zweimal Steuergeld aus. Denn eine nachträgliche Erhöhung ist sehr teuer und macht eine Zugbedienung für viele Wochen unmöglich.

Somit ist es kostengünstiger sofort die Anhebung auf 76 Zentimeter durchzuführen und man kann sicher sein, dass diese auch zukunftssicher ist. Es besteht durchaus die Gefahr, dass eine später Anpassung aus finanziellen Gründen abgelehnt wird, weil man ja schon einen neuen Bahnsteig hat. Ein Teufelskreis.

Auf die BRB-Linie Augsburg-Eichstätt bezogen, wären fast alle Bahnsteige mit 76 Zentimeter ausgeführt, nur zwischen Friedberg und Brunnen wäre es eine Insel mit 55 Zentimetern, die einen extra Fahrzeugtyp benötigt. Man darf davon ausgehen, dass die Behauptung einer Verzögerungstaktik der DB hier nicht greift. Vermutlich sieht die DB die Probleme genauso wie wir, und will eine Fehlentwicklung beim Streckenausbau vermeiden.

Die Bürgerinitiative Mobilität sieht eine Interimslösung für das Planungsproblem: einen Behelfsbahnsteig. Der ist in wenigen Tagen aufgebaut und kann mehrere Jahre bestehen bleiben. Also genügend Zeit, bis die planungsrechtlichen Tätigkeiten und bauliche Umsetzung eines 76 Zentimeter Bahnsteiges erfolgt ist. Damit kann mit etwas gutem Willen noch zum Fahrplanwechsel 2018 eine verkehrliche Bedienung des Haltepunktes Brunnen erfolgen.

Zur Unterführung am Bahnhof Schrobenhausen: Eine Überführung ist nicht zielführend und hat einen zu geringen Nutzwert. Eine Unterführung am Bahnhof Schrobenhausen erfüllt sogar einen mehrfachen Nutzen: Sie ermöglicht die Verbindung zweier Stadtteilbereiche mittels Fuß- und Radnutzung, sie ist sicherer, da sie Gleisläufer verhindert, sie ermöglicht eine Fernsteuerung der Bahnhöfe Schrobenhausen und Niederarnbach und sie senkt die Betriebskosten der Paartalbahn erheblich und ermöglicht einen 24-Stunden-Betrieb.

Noch ein paar Worte zu den Vorwürfen an meine Person: Ich fahre sowohl dienstlich als auch privat mehrmals im Jahr mit der Paartalbahn auf voller Streckenlänge. Und dies seit 40 Jahren. Zudem bin ich sehr viel im südbayerischen Raum unterwegs und nutzte ausschließlich den ÖPNV. Der Verein Bürgerinitiativen Mobilität setzt sich, wie auch viele weitere ÖV-Fahrgastverbände, sehr für die positive bürgernahe Entwicklung des ÖPNV ein. Und dafür, fatale Fehlentwicklungen für die Fahrgäste und den ÖPNPV zu vermeiden.
Hubert Marxmüller, Bürgerinitiativen Mobilität, München