Hohenwart
Zigmillionen Raupen - überall

Rupert Schlittenbauer: Der Befall war noch nie so schlimm wie in diesem Jahr

14.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:14 Uhr
  −Foto: Blum

Hohenwart (SZ) Nähert man sich Rupert Schlittenbauers Grundstück in den Paarauen in Hohenwart, bietet sich ein geradezu gespenstischer Anblick. Einige Bäume wirken seltsam weiß, Blätter tragen sie keine. Bei Sonnenschein schimmern sie silbern. Geht man noch näher heran, entdeckt man schnell den Grund für dieses eigenartige Naturschauspiel: Raupen.

Dicke, grüne Baumkronen sucht man hier vergebens. Die haben die Kriechtiere bereits restlos abgefressen und ziehen nun in Richtung Boden. Ähnlich wie Spinnen, bilden die Raupen dünne Fäden, an denen sie dann herunterkriechen können, um an die Brennnesseln heranzukommen, die rings um die Bäume wachsen.

Rupert Schlittenbauer ist allmählich beunruhigt: "Ich beobachte den Raupenbefall jedes Jahr. Heuer ging es vor etwa drei Wochen los, und so schlimm wie jetzt war es noch nie", sagt der Grundstücksbesitzer. Er habe dort mehrere Vogelhäuschen angebracht, beobachte den Bieber, der dort lebt, und neuerdings beherbergt er Millionen von Raupen, die es sich dort an bestimmten Bäumen gemütlich gemacht haben.

"Die Raupen befallen vor allem zwei Baumarten, wie ich gesehen habe: Die gewöhnliche Traubenkirsche und das Pfaffenhütchen", erklärt Schlittenbauer. Er habe sich im Internet schlau gemacht und Fachliteratur konsultiert, um herauszufinden, was auf seinem Stück Land vor sich geht. Die Traubenkirsche habe eine leicht faulig riechende Borke, die Insekten anzieht, bevorzuge feuchten Boden nahe Gewässern und blüht von April bis Mai, weiß Schlittenbauer. Den Bund Naturschutz habe er auch schon verständigt, allerdings sei noch niemand vorbeigekommen, um sich ein Bild zu verschaffen. Nur einigen Spaziergängern, die in den Auen ihre Hund ausführen oder die Natur genießen, sei das Spaktakel bereits aufgefallen. "Am Montag war der Bericht über die giftigen Eichenprozessionsspinnerraupen in der Zeitung. Seitdem rufen andauernd Leute an, weil sie Angst haben. Dabei sind das ganz gewöhnliche Seidenspinner", sagt der Grundstücksbesitzer.

Die Eichenprozessionsspinner haben kleine Härchen an ihrer Oberfläche, über die sie das Gift, das juckenden Ausschlag und Entzündungen auf der Haut auslöst, abgeben. Die Raupen an Schlittenbauers Bäumen sind glatt und haarlos - und somit auch harmlos. Ob es sich wirklich um den eher in Asien beheimateten Seidenspinner handelt, muss ein Experte abklären. Alternativ kann es sich auch um die Raupen der Gespinstmotte handeln, die ebenfalls Bäume in ein silbriges Netz wickeln, jedes Blatt abfressen, das sich daran befindet, und in diesem Jahr deutschlandweit vermehrt auftreten. Die Gespinstmottenraupen sehen dem Seidenspinner auf den ersten Blick sehr ähnlich.

Auch wenn die Raupen für den Menschen unschädlich sind, zerstören sie doch die Bäume. Und das macht Rupert Schlittenbauer ebenfalls zu schaffen. Mit Pestiziden möchte er die Bäume nicht besprühen lassen: "Die Vögel fressen die Raupen und ich möchte nicht, dass die Tiere das Gift mit der Nahrung dann zu sich nehmen", erklärt Schlittenbauer. Den Grund für diese Plage sieht er beim Klima: "Ich bin kein Experte, aber ich denke, dass es heuer so viele Raupen sind, da es im April keinen Frost mehr gegeben hat und die Temperaturen so rapide angestiegen sind. Da haben die überlebt."

Wie lange die Bäume von Rupert Schlittenbauer das noch mitmachen, wird sich wohl erst über lange Sicht zeigen und hängt ebenfalls davon ab, wie sich das Klima in den nächsten Jahren ändern wird. Auf kurze Sicht werden sich die Raupen verpuppen und die Bäume können sich von dem Befall erholen - bis nächstes Jahr.

Kristina Blum