Weilach
Wo ein Traum Wirklichkeit geworden ist

10.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:22 Uhr
Manfred Schalk
  −Foto: Fotos: M. Schalk

Weilach (DK) Ein Refugium ist ein sicherer Ort, an dem jemand Zuflucht findet, an den man sich zurückziehen kann, um ungestört zu sein. So einen Rückzugsort haben sich Viktoria und Erich Grießer, Landwirt und ehemaliger Unternehmer, aus Weilach zwischen Weilach-Sattelberg und Kemnat geschaffen.

Als Erich Grießer vor geraumer Zeit erkrankte und ihm so viele Gedanken durch den Kopf gingen, hatte er eines Tages einen Traum. Die Bilder, die ihm im Schlaf erschienen, ließen dem fast 82-Jährigen keine Ruhe mehr. So plastisch und detailgenau hatte er alles gesehen, dass er es nicht mehr vergessen konnte: einen stillen Ort, an den man sich zurückziehen und zur Ruhe kommen kann, und Heiligenfiguren als Mittelpunkt des Platzes. Eine sumpfige Wiese mit Fischteich, eine Streuobstwiese und ein verwilderter Waldhang mit knapp 13000 Quadratmetern Fläche. Im Besitz der Familie. Genau diesen Ort hatte er zur Schlafenszeit wahrgenommen.

Nach kurzer Zeit des Überlegens war der Entschluss schnell gefasst. Und schon bald machte er sich an die Arbeit, soweit es seine Kräfte zuließen. Dicke Baumscheiben aus einer Pappel mit einem Durchmesser von fast 1,20 Meter wurden filigran mit der Motorsäge bearbeitet und ausgeschnitten. Diese dienten später als Rahmen für die Heiligenfiguren, die er als Rohlinge erwarb und denen er noch mit der Hand den letzten Schliff gab. Ein überdachter Platz wurde am Waldrand geschaffen und die Heilige Maria, ein Christuskreuz und der Heilige Josef eingepasst. Mit leuchtenden Augen erzählt Erich Grießer: "Die dicken Rinden der Holzscheiben sind unbehandelt und sehen immer noch so aus wie vor vielen Jahren."

Beim Gespräch mit dem rüstigen Rentner, der sich auch nicht durch eine Erkrankung entmutigen ließ, sitzen wir seitlich neben den Heiligenfiguren, auf einer riesigen Bank mit Tisch. Kleine Stühle, Bänkchen und Holzpilze ergänzen den Freisitz unter schattigen Waldbäumen. Immer wieder zu den Heiligenfiguren hoch blickend erzählt Grießer mit einem Lächeln, wie er aus der nassen Wiese und dem Gestrüpp eine Oase des Wohlfühlens und der Erholung geschaffen hat. Er berichtet vom Wegbau, dem Erschließen des Geländes, von maroden Bäumen, die er gefällt und damit ein wenig Platz geschaffen hat für insgesamt vier natürliche Blumengärtchen. Über die Jahre hinweg kamen immer mehr Dinge hinzu. So etwa 20 bemalte Holzpilze, die Grießer mit der Motorsäge in mühevoller Kleinarbeit aus großen Baumstämmen geschnitten hat. Bunt bemalt leuchten sie schon von Weitem in der Abenddämmerung. Drei Insektenhotels und über 20 Vogelhäuschen in Rot und Blau sind auf dem Areal verteilt. Zusammen mit der grünen Natur ein echter Hingucker. Der Hang mit Jurasteinen gesichert, zwei weitere große Sitzplätze auf der gegenüberliegenden Hangseite, drei Fischteiche, sieben Quellen, zusammengefasst zu einem kleinen Bach, der weiter unten in den Schnellbach und später in die Weilach mündet.

Traum wird Wirklichkeit, es stimmt tatsächlich. Die Ruhe vor Ort ist förmlich spürbar. Kein Autolärm, Ruhe pur. Die Vögel zwitschern, die Hummeln summen und der Wind rauscht in den Baumkronen. Zurücklehnen, tief aus- und einatmen, genießen. Überraschend: Keine einzige Stechmücke stört das Gespräch, trotz der sommerlichen Kleidung.

Farne, Wildblumen und vor allem Mozartrosen säumen die Heiligenfiguren und der Blick schweift hinunter ins Tal. Fehlt nur noch die Brotzeit. Die könne man gerne mitbringen und es sich auf den drei Rastplätzen bequem machen, meint Grießer. "Aber bitte den Müll wieder mitnehmen, wie es sich gehört", fügt er schmunzelnd hinzu.

Mitten im Gespräch plötzlich Stimmengewirr und lautes Schnaufen aus dem Wald. Die Fußballmannschaft des TSV Weilach absolviert eine Laufeinheit im hügeligen Gelände. Sie ist schnell unterwegs und nach wenigen Minuten ist der Spuk vorbei.
Auf kleinen Wegen kann man das Gelände erkunden und die am 14. Juni 2013 von Pfarrer Kazimierz Piotrowski mit kirchlichem Segen versehene Heiligengruppe betrachten.

Auch die Winterzeit hat ihren besonderen Reiz, wenn Kälte und Schnee den Ort in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Zentnerweise Vogelfutter an vier Futterstellen bringt Familie Grießer aus. Im Frühjahr danken die Waldvögel den Einsatz mit fröhlichem Gezwitscher.

Gäste seien immer willkommen, versichert Erich Grießer. Am besten zu Fuß oder mit dem Fahrrad - wie es sich für Naturfreunde eben gehört. Von Weilach-Sattelberg kommend führt der Weg zunächst geteert und später gut geschottert zum Gelände. Auf der linken Seite weisen drei farbige Holzpilze und ein versteckter Jägerstand den weiteren Weg zu dem von Erich Grießer liebevoll gestalteten Refugium.

 

Manfred Schalk