Schrobenhausen
Weltweit gefragte Motortuner

Zu Besuch beim Gachenbacher Motortuner infinitas

22.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:34 Uhr
Der Hurricane 2 aus dem Hause infinitas hat in der Motortuning-Welt schon für einiges Aufsehen gesorgt. Vielleicht gelingt mit ihm sogar ein neuer Weltrekord. −Foto: Stöber

Gachenbach - In der Gemeinde Gachenbach gibt es ein kleines, familiengeführtes Unternehmen, das sich auf die Veredelung von Automobilen, insbesondere dem Motortuning auf höchstem Niveau in eleganter Weise, spezialisiert hat. Und das bereits seit mittlerweile fast 40 Jahren. Die optimierten Fahrzeuge werden nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt nachgefragt. Wir durften einen seltenen Blick hinter die Kulissen des Unternehmens werfen, das sich demnächst an einen weiteren Weltrekordversuch machen will.

Das Firmengebäude im Gewerbegebiet zwischen Peutenhausen und Gachenbach sticht einem direkt ins Auge: der elegante Grundriss, die Holzständerbauweise, die ganz in schwarz gehaltene Fassade. Zur Expansion ist die Stöber-Unternehmensgruppe, die sich "ASA Group" nennt, vor gut zwei Jahren von Autenzell dorthin gezogen. Das neue Gebäude ist nach modernsten Energiestandards geplant und gebaut worden, die großflächige Photovoltaikanlage und die solarstromgeregelte Wärmepumpe erzeugen die nötige Energie.

Wer den Haupteingang passiert hat, gelangt in eines der Herzstücke, in die Werkstatt. Es ist sauber. Sehr sauber sogar. Auch ausgesprochen schick und modern. Fast schon futuristisch. Mehrere Fahrzeuge stehen in Reih und Glied. Sie glänzen im Licht der Deckenstrahler. Die Motorhauben sind alle geöffnet. In den weiteren Räumlichkeiten befinden sich Prüfstände, CNC-geführte Messgeräte, Drehmaschinen und das umfangreiche Einzelteillager. Auch für einen Allrad-Leistungsprüfstand für Fahrzeuge mit bis zu 3000 PS ist Platz. Daneben und im vorderen, zweistöckigen Bereich des Gebäudes sind die Büros der technischen und kaufmännischen Mitarbeiter und ein Bereich für den Motorenbau mit reichlich Lagerfläche untergebracht.

Die Unternehmensgruppe betreibt seit fast 40 Jahren ein äußerst spezifisches Handwerk. Mit ihren 20 Mitarbeitern hat sie in ihrem Nischensegment bei individuellen und hochwertigen Kundenanforderungen gegenwärtig nicht viele Mitbewerber. Weil das so ist, kommen die Kunden auch von überall her. Die beiden Kernabsatzmärkte sind Deutschland und das europäische Ausland. Etwa 80 Prozent ihres Gesamtumsatzes generieren sie in diesen beiden Märkten. Die verbleibenden 20 Prozent stammen vor allem aus Staaten des Nahen Ostens und den USA. Die ASA Kompressor GmbH beschäftigt sich mit Dienstleitungen und Produkten für die Fahrzeughersteller, die GP infinitas GmbH mit der Fahrzeugveredelung.

Tiefer, breiter, lauter, auffälliger. Nein, das ist nicht die Unternehmensphilosophie der Tuningmanufaktur aus dem Schrobenhausener Land. Vielmehr liegt sie in der "perfektionierten Veredelung von exklusiveren Automobilen in höchster Qualität", wie es Nicolai Stöber formuliert. "Unsere Kunden möchten mit ihren von uns nachgerüsteten Fahrzeugen mehr Leistung und dabei weiterhin ein sicheres Fahrgefühl haben", erläutert der 23-jährige Sohn des Inhabers. Seit ein paar Jahren arbeitet der gelernte Techniker im Familienunternehmen, zusammen mit seiner Mutter und den drei Geschwistern, und unterstützt seinen Vater Christian vorwiegend in den Bereichen Kundenakquise, Public Relations und technischer Konfiguration von Motorsteuergeräten.

Aber auch Leute ohne dicken Geldbeutel suchen die Tuning-Experten aus Gachenbach auf. Da kann es zum Beispiel vorkommen, dass aus einem 15 Jahre alten E-Klasse-Mercedes die Pferdestärken von ursprünglich 163 auf 300 erhöht werden sollen. Natürlich alles unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. "Vom Kleinwagen bis zum großen, schweren Gefährt wird bei uns alles verarztet, egal ob Gebraucht- oder Neuwagen", sagt Nicolai Stöber.

ASA Kompressor entwickelt, produziert und vertreibt für die Unternehmensgruppe eigene, hochwertige Kompressoren. Zu den Kunden zählen mehrere Premium-Fahrzeughersteller und sogar zwei Formel-1-Teams. Dennoch: Das weltweite Kerngeschäft liegt in der Marke infinitas und dadurch, sagt Gesellschafter-Geschäftsführer und Firmengründer Christian Stöber, "im individuellen Motortuning für den normalen, aber auch zahlungskräftigen Kunden mit außergewöhnlichen und hohen Ansprüchen". Zum Alltagsgeschäft gehöre es beispielsweise, den Wunsch zu erfüllen, ein straßentaugliches Fahrzeug von ab Werk mit 400 PS ausgestatteter Leistung zukünftig auf einer Rennstrecke mit 700 PS und mehr fahren zu können, erzählt der in München geborene Diplom-Ingenieur.

Um ihre Kunden zu begeistern, muss die freie Veredelungs- und Tuningmanufaktur mit Schwerpunkt auf die Hersteller BMW und Mercedes einiges bieten. Da wird zum Beispiel der Motor verstärkt und das Abgassystem geändert, das Fahrwerk ausgetauscht, die Kühlung verbessert, höherwertigere Zündkerzen verbaut, die Software entsprechend modifiziert. Oder das Interieur nach Kundenwunsch verändert und spezifische Technik-Gadgets wie eine hochwertige HiFi-Anlage, ein Computer, ein Kaffeevollautomat oder ein Kühlschrank integriert. "Für unsere Kunden bedeuten unsere optimierten Produkte oft grenzenlose Freiheit in jeglicher Hinsicht", weiß Nicolai Stöber.

Das bislang aufwendigste Projekt beendete infinitas kürzlich mit seinem "1000-PS-Hurricane 2". Das Fernsehmotormagazin Grip berichtete über den Schaffensprozess mit mehreren Episoden. Ziel sei es gewesen, erzählt Nicolai Stöber, einen Standard-BMW M5 anstatt mit ursprünglich 600 mit 1000 PS auszustatten. Bei diesem Wettbewerb setzte sich schließlich die Gachenbacher Tuning-Manufaktur in mehreren Kategorien gegen einen Audi RS6 und einen Nissan GT-R durch. Damit sorgte sie in der Tuning-Szene für mächtig Aufsehen.

"Der Innenbereich dieses Wagens ist", sagt Christian Stöber, "eine Symbiose aus futuristischer Technik und angenehmer Eleganz". Nachdem die Türen satt ins Schloss fallen, meldet sich der gewaltige Motor: Kernig, aber erstaunlicherweise nicht übermäßig laut. Wie ein Pfeil beschleunigt der Wagen. Es drückt einen in die Sitze hinein. Der Bolide krallt sich förmlich mit seinem Allradantrieb auf der Fahrbahn fest. Ein, zwei Augenaufschläge später bremst Nicolai Stöber schon wieder auf der freien Straße ab. Seine beiden Hände halten das vergleichsweise kleine Lenkrad des BMW M5 durchgehend fest. In unter drei Sekunden mit dem 4,4-Liter-V8-Bi-Turbo-Motor von 0 auf 100 km/h.

Die Entwicklungskosten beliefen sich auf rund 200000 Euro. Demnächst wird die Stöber-Unternehmensgruppe mit diesem Unikat versuchen, den bisherigen, von ihnen selbst mit dem Vorgänger "Hurricane 1" aufgestellten Weltrekord - einer Maximalgeschwindigkeit von 372 km/h - zu übertreffen. Um damit eine neue Bestmarke der schnellsten straßenzugelassenen Limousine zu setzen.

SZ

Thomas Floerecke