Schrobenhausen
Von Perlen und Muscheln

Ein kleiner Rückblick auf die zehnten Schrobenhausener Barocktage

21.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:13 Uhr
Stimmungsvoll und immer für eine Überraschung gut: Beim Wandelkonzert der Barocktage trat in deren Jubiläumsjahr der Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer auf. −Foto: M. Schalk

Schrobenhausen (SZ) Die zehnten Barocktage gingen am Sonntag mit dem schon traditionellen Wandelkonzert erfolgreich zu Ende. Sie haben jede Menge musikalische Exzellenz in die Stadt gebracht - und für Hochachtung auch außerhalb Schrobenhausens gesorgt.

Schrobenhausen, Pflegschloss, Sonntagabend: Während das Publikum langsam am Hofgraben eintrifft, sieht der Festivalleiter noch einmal überall nach dem Rechten. Jakob Rattinger ist nicht nur auf und um den Schlosshof fast allgegenwärtig; die ganze Reihe der Barocktage ist nicht denkbar ohne seinen künstlerischen Stempel. Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit - auch und gerade für den Chef. Aber die viele Arbeit hat sich auch 2018, zum zehnten Jubiläum, gelohnt.

Das ist jedem klar, der bei diesem Wandelkonzert dabei ist. Die Zuhörer, aufgeteilt auf eine Handvoll Gruppen, machen sich mit Beginn der Dämmerung unter jeweils kundiger Leitung daran, die über das Museumsgelände verteilten sechs Stationen des Abends zu besuchen.

"Gebt Ihr ein Stück, so gebt es gleich in Stücken! Solch ein Ragout, es muss Euch glücken." Wie Recht Geheimrat Goethe doch hatte - das Wandelkonzert mit seinen feinen musikalischen Häppchen hat sich über die Jahre zu einem der Glanzpunkte der Barocktage entwickelt.

Zum Jubiläum hatte Jakob Rattinger das Festival auch auf andere bayerische Spielorte ausgedehnt - nach dem "Schrobenhausen auf Tour". Das Wandelkonzert gab es heuer auch auf Schloss Schleißheim. So erfuhren die Münchner, die reichlich kamen, was in der Keimzelle Schrobenhausen in Sachen Barock passiert, ohne sich hinaus aufs Land begeben zu müssen. Und wer weiß, vielleicht kommen sie ja im nächsten Jahr doch an den Ort des Ursprungs. Und in Burghausen wurde dieselbe Barockoper aufgeführt, die in Schrobenhausen begeistert bejubelt wurde: "Diane Amante". Selten war sie in den vergangenen Jahren aufgeführt wurden - durch die Schrobenhausener Barocktage ist sie eine Wiederentdeckung.

Im Pflegschloss geht es derweil über ehrwürdig knarzende Treppen hinauf und hinunter, an der Dauerausstellung vorbei zu den nur temporär für einen Abend gesammelten Künstlern; insgesamt 13 Mitwirkende, zum Teil bereits an den vorangegangen Veranstaltungen, etwa dem Wettstreit Gambe vs. Geige oder dem Samstagskonzert "Ein Bayer in Paris", beteiligt.

Im Spargelmuseum ist außerdem ein gewichtiger Unterstützer der Barocktage in ungewohnter Rolle zu erleben: Der Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer springt kurzfristig als Vorleser ein und sorgt für amüsantes Lokalkolorit in Reiseberichten über das München um 1730. Während im Pflegschloss Axel Wolf erklärt, warum die für Lautenistenfinger unangenehme Tonart fis-moll mit ihren drei Kreuzen auch "Ziegentonart" heißt, denkt ein Besucher angesichts lehnenloser Hocker vielleicht an ein anderes Kreuz, nämlich das eigene; doch so abwechslungsreich die Musik, so vielfältig sind auch die Sitzgelegenheiten in den mit gelungenen Blumenarrangements geschmückten Räumen.

Auch für stimmungsvolle Illumination ist weithin gesorgt, und zwar einfach und wirksam, war doch in nur 90 Minuten alles Nötige aufgebaut; das Pflegschloss ist insofern dankbarer als Schloss Schleißheim, wo das Wandelkonzert bereits am Freitag "am Originalschauplatz" stattfand, nachdem das Festival ja heuer Kurfürst Max Emanuel gewidmet war - und er war es ja, der Schloss Schleißheim dereinst erbauen ließ.

Musikalisches Funkeln herrscht unter anderem im Raum "Passau", wo die spanische Konzertmeisterin Lina Tur-Bonet mit Margit Kovács in Georg Muffats D-Dur-Sonate an der Geige virtuos einen Streichzug durch den gesamten Quintenzirkel vollführt.

Allseits im besten Licht präsentiert sich also "Oberbayerns kleiner Diamant", wie die Bayerische Staatszeitung die Schrobenhausener Barocktage lobte. Nicht übertrieben groß, aber dafür umso feiner ist dieses "Rattinger-Festival", das nicht zuletzt der große Enthusiasmus aller professionellen Mitstreiter auszeichnet.

Und so verwundert es nicht, dass inzwischen nicht nur Fachjournale, sondern auch überregionale Kulturteile außerhalb der Schrobenhausener Grenzen von dieser "hochkarätigen Veranstaltung" zunehmend Notiz nehmen. Nicht ohne Stolz auf die städtische Förderung rühmte Bürgermeister Karlheinz Stephan bei der Aufführung der wiederentdeckten Oper "Diana amante" die "Perle der Schrobenhausener Barocktage" - und Jakob Rattinger als die verantwortliche "Muschel". Ein wahres Aushängeschild für Schrobenhausen also, dem noch viele Neuauflagen zu wünschen sind.

Im Dachgeschoss, unter dem eindrucksvollen Dachstuhl von 1500 verabschiedet Jakob Rattinger gegen 21.30 Uhr die begeisterten Zuhörer: "Das waren die Schrobenhausener Barocktage 2018". Schon nächstes Jahr geht's weiter!

Florian Erdle