Schrobenhausen
Vom altbayerischen Rothenburg

Zwei historische Stadtprospekte sind aufgetaucht, einer aus der Zeit um 1930, der andere von 1950

30.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:04 Uhr
Zwischen 2,50 und 3 DM kosteten die Hotelbetten vor gut 50 Jahren in Schrobenhausen, die Zeiten haben sich ein wenig geändert; ebenso die Art und Weise, wie sie sich präsentiert. Als "altbayerisches Rothenburg" firmiert Schrobenhausen heute nicht mehr. −Foto: SZ

Schrobenhausen - Wie entwickelt sich die Stadt Schrobenhausen?

In den Wochen nach einer Kommunalwahl, in der die neu gewählten Institutionen sich dieser Frage stellen und noch mit ihrer Selbstfindung beschäftigt sind, lohnt sich manchmal ein Blick in die Vergangenheit. Zwei alte Stadtprospekte ermöglichen einen Blick vom Damals zum Heute.

Der Griff ins Archiv fördert zwei schmale Drucksachen zutage, eine 16-seitige Broschüre aus der Zeit um 1930 und ein blau getöntes Faltblatt aus den frühen D-Mark-Zeiten. Blättert man in das ältere Heft hinein, so möchte man psychologisierend meinen: Hier zeigt sich eine kleine Stadt, die in sich ruht.

Die ästhetisch bestechende Darstellung, auf feinstem Papier gedruckt, ist vor allem auf die Historie ausgerichtet, die wirtschaftliche Seite der Stadt spielt nur eine Nebenrolle. Die großen Firmen sind namentlich aufgelistet. Neben der Papier- und Zellulosefabrik Leinfelder und der Brunnenbaufirma Carl Bauer gab es damals noch das Dampfsägewerk A. Prücklmair, die Möbelfabrik Emanuel Schupik, die Korkfabrik F. C. Fischer, und dann waren neben Post und Gritsch auch noch die Brauereien Oefele und Zacherbräu in Betrieb. Neben den Hotels und fünf Cafés gab es 17 Gaststätten, viele Namen sind nur noch in Unterhaltungen zu hören: Bartenbräu, Bräumichl, Herzog Max, Hubertuskeller, Kreuzwirt, Kübler, Schnell, Stieglbräu, Unterbräu.

Das Telefonnetz war noch nicht sehr großräumig ausgebaut. Unter Nummer 9 kam man mit der Gritschenbrauerei in Verbindung, im Café Freundl konnte man unter 26 anrufen, zur Stadtsparkasse kam man unter Nummer 28. Die Adressen haben sich im Vergleich zu heute an vielen Ecken geändert. Damals gab es Geschäfte am Marktplatz und in der Hauptstraße, in der Friedhofsstraße, in der Hennengasse und in der Poststraße. Die Bilderauswahl zeigt neben bekannten Ansichten, neben Türmen, Fassaden und Kirchen eine Szene an der Frauenkirche mit Pferdefuhrwerk, daneben dann Verlorenes: das alte Rathaus, der originale Lenbachsaal, das legendäre Weilachbad.

Die Broschüre erschien ohne Jahresangabe, aber wenn man hineinliest klärt sich die Frage: Es wird auf die Nachbargemeinde Aresing verwiesen, die soeben den hundertsten Todestag ihres großen Sohnes Michael Sailer für das Jahr 1932 vorbereitet. Wenige Jahre später wäre wohl kein Prospekt ohne Hakenkreuz-Motive entstanden. Der Autor des Inhalts wird nicht genannt, nur der Hinweis auf zwei Zeichnungen lässt vermuten, dass auch der Text von Stadtchronist Georg August Reischl stammt.

20 Jahre später - so zeigt das blaue Faltblatt - hat sich die Stadt nur wenig verändert. Hieß es auf der Broschüre der Vorkriegszeit "Überreicht und herausgeben vom Verschönerungsverein Schrobenhausen" so war beim Faltblatt der jungen Bundesrepublik noch ganz Ähnliches zu lesen: "Herausgegeben von der Stadtverwaltung in Verbindung mit dem Verkehrs- und Verschönerungsverein. "

Auf diesen Verein, der wohl in den frühen 1960er-Jahren sein öffentliches Wirken eingestellt hat, wurde noch einmal am 14. Juni 1977 Bezug genommen, als im Oefelebräu der neue Verkehrsverein Schrobenhausener Land gegründet wurde. Als besonders aktiver Tätiger des Verkehrs- und Verschönerungsvereins wurde der längst verstorbene Malermeister Karl Gunzner erwähnt.

Auch das Faltblatt bezieht sich noch einmal auf das einstige Prädikat - Schrobenhausen als "das altbayerische Rothenburg"; spätestens seit dem neuen Betonrathaus wurde nach 1967 auf dieses stolze Wort verzichtet. Das Faltblatt wendet sich an Touristen und "lädt auch Sie zu freundlichem Besuche ein", wie es auf dem Titelblatt heißt. Im Innern ist erkennbar, dass man vor allem mit Besuchern rechnete, die mit dem Auto kommen. Beim Aufblättern werden acht Tankstellen und sieben "Autoreparatur-Werkstätten" angezeigt.

Viel Raum gehört den "Schankstätten" und Cafés, ganz besonders den Hotels. Neben den etablierten Häusern der letzten Jahre gab es Zimmer auch beim Unterbräu, im Stieglbräu, beim Kübler und beim Glück. Eine Übernachtung kostete laut "Bettenpreis" zwischen 2,50 und drei DM, das Frühstück wurde extra ausgewiesen in der Spannweite von ein bis zwei DM. Was dann die Stadt zu bieten hat, ist - gegenüber der früheren Darstellung - fast auf Stichworte reduziert. Dabei der feine Ton der damaligen Werbung, die verspricht, man finde "frohe Einkehr und beste Labe in bestgeführten Hotels und bürgerlich-behaglichen Gaststätten und Cafés. "

SZ