Schrobenhausen
Veganismus - Fluch oder Segen?

<DK-XY_trifft>JUGENDLICHE SCHREIBEN FÜR JUGENDLICHE: </DK-XY_trifft> Welche Vor- und Nachteile es hat, sich rein pflanzlich zu ernähren

22.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:16 Uhr
Julia Mehner
Vegetarische und vegane Ernährung liegen im Trend. Echte Foodies zaubern Bowls mit rein pflanzlichen Inhaltsstoffen. Die sehen toll aus und schmecken gut. −Foto: Unsplash

Schrobenhausen (SZ) Kaffee ohne Milch, Brot ohne Butter oder Lasagne ohne Hackfleisch und Käse: Veganer sind es gewohnt, zu verzichten. Im Gegensatz zu Vegetariern, die lediglich kein Fleisch und zum Teil auch keinen Fisch essen, nehmen Veganer nämlich gar keine tierischen Produkte zu sich. Und trotzdem haben sich in Deutschland laut einer Studie von Vebu rund 1,3 Millionen Menschen für diese Ernährungs- und Lebensweise entschieden und es kommen täglich zirka 200 dazu. Vegane Ernährung liegt also ganz klar im Trend.

Doch unter den Experten scheiden sich die Geister darüber. Einerseits soll die fleischlose Kost zahlreiche ökologische Vorteile bieten, andererseits stehen Mangelernährung und Unterversorgung von Veganern im Gespräch.

Was ist also nun dran an den Gerüchten und Vorurteilen? Für die einen ist er eine Lebenseinstellung, für die anderen einfach nur ein gutes Geschäft: der Veggie-Trend. Stars wie Johnny Depp oder Natalie Portman machen es vor. Verzicht üben muss dabei heute niemand mehr. In den Supermärkten etwa, in denen pflanzliche Alternativen bis vor einigen Jahren noch als exotisch galten, mangelt es heute an nichts. Wer die Veggie-Abteilungen betritt, taucht ein in eine Warenwelt, die einige Überraschungen zu bieten hat. Dazu gehören etwa Hafer-, Mandel- und Soyamilch, auf die Veganer statt der guten alten Kuhmilch zurückgreifen, echt wirkende Pute im Gefrierschrank oder zahlreiche Beeren und Samen, die als Superfoods angepriesen werden. Selbst für Haustiere ist gesorgt: Einen Gang weiter gibt es eine Auswahl an pflanzlichem Hundefutter. Auch vor dem Buchhandel macht der vegane Boom keinen Halt. Von Ratgebern für Einsteiger in die pflanzliche Kochkunst bis hin zu Rezeptsammlungen für absolute Profis ist alles dabei.

Dabei sollte es eigentlich keine Überraschung sein, dass Tofuwürstchen & Co Immer häufiger im Einkaufswagen landen. Zahlreiche Medienberichte führen uns quasi im Sekundentakt die bittere Realität vor Augen: Vögel ohne Federn, männliche Küken, die direkt nach der Geburt qualvoll sterben müssen, Schweine, die sich in überfüllten Ställen ohne viel Tageslicht gegenseitig den Platz zum Leben nehmen oder aus allen Nähten platzende Tiertransporter. Massentierhaltung und andere Gräueltaten an Tieren und der Umwelt seien laut einigen Zeitschriften allerdings nicht die einzigen Gründe, warum sich der pflanzenbasierte Konsum lohnen soll. "Veganismus - ein Plus für die Gesundheit" und "Veggie Superfoods - Detox für Haut und Haar" sind gängige Schlagzeilen in etwa Frauenzeitschriften, die uns diese Ernährungsweise nahelegen.

So einfach sei es laut der deutschen Gesellschaft für Ernährung und dem Kompetenzzentrum für Ernährung jedoch nicht. Bei einer rein pflanzlichen Ernährung ist eine ausreichende Versorgung mit einigen Nährstoffen nicht oder nur schwer möglich. In diesem Fall ist es das Vitamin B12, das durch den strikten Vegetarismus oftmals zu kurz kommt. Zu den fehlenden Nährstoffen beim veganen Konsum zählen Proteine beziehungsweise unentbehrliche Aminosäuren und Fettsäuren sowie weitere Vitamine (Riboflavin, Vitamin D) und Mineralstoffe (Calcium, Eisen, Jod, Zink, Selen). Wer sich dennoch dafür entschieden hat oder entscheiden möchte, den Veggie-Lifestyle zu leben, sollte laut Ernährungsexperten dauerhaft auf Vitamin-B12-Präparate zurückgreifen.

Für die Veganer, die nun ins Zweifeln geraten sind, ob sie ihrem Körper mehr schaden als Gutes tun: Aufatmen ist angesagt. Die rein pflanzenbasierte Ernährungsweise hat nämlich neben ethischen Aspekten auch Vorteile. Der Ernährungswissenschaftler Claus Leitzmann sagt, ganz gleich, welche der Volkskrankheiten untersucht würden - sei es Diabetes, Bluthochdruck und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs - Veganer zeigten beim Krankheitsverlauf im Durchschnitt immer eine positivere Entwicklung als Nicht-Veganer. Allein durch den Verzicht auf Fleisch und Wurstwaren würden die Veganer deutlich weniger gesättigte Fettsäuren und Cholesterin aufnehmen. Personengruppen mit erhöhtem Nährstoffbedarf, wie Säuglingen und Kleinkindern, Senioren, Schwangeren und Stillenden sei dagegen von einer rein pflanzlichen Kost dringend abzuraten.

Unter Strich steht also Folgendes fest: Wer vegan lebt, lebt sicherlich gesund. Pflanzen allein können dem Körper aber nicht alle Nährstoffe geben, die er braucht. Wer vegan leben will, muss also darauf achten, etwaige Mängel mit ausgewogenem Essen oder sogar mit entsprechenden Präparaten auszugleichen. In jedem Fall gilt es, sich gut zu informieren und eventuell ein persönliches Beratungsgespräch beim Arzt zu suchen. Für diejenigen, die sich schon vor der Recherche und dem Besuch beim Fachmann sicher sind, dass der Verzicht auf tierische Produkte für sie nicht umsetzbar ist, gibt es auch Möglichkeiten, gegen Massentierhaltung vorzugehen.

So kann man beispielsweise beim Einkauf darauf achten, Produkte aus der sozial-ökologische Landwirtschaft zu kaufen. Neben den ökologischen Aspekten werden damit gleichzeitig gesellschaftliche Aspekte, wie die Förderung von Familienunternehmen und die Landschaftspflege, berücksichtigt. Die Preise solcher Lebensmittel sind zwar höher, jedoch entstehen sie nicht auf Kosten der Tiere und der Umwelt.

Julia Mehner