Hörzhausen
"Tante Friedl" fährt Tandem

Ein Spaziergang mit dem Musikerehepaar Magdalena Kriss und Dan Wall an der Paar

07.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:13 Uhr
Magdalena Kriss und Dan Wall unterwegs: Als Ehepaar in Hörzhausen an der Paar (oben) - und so wird es aussehen, wenn sie mit "Tante Friedl" auf Tandem-Tour gehen (unten). −Foto: Budke

Hörzhausen - Der Kastlhof in Hörzhausen liegt idyllisch in unmittelbarer Nähe zur Paar.

Magdalena Kriss und Dan Wall genießen die Zeit, wenn sie hier sind und gehen täglich spazieren: "Allerspätestens in den letzten zehn Minuten, bevor die Sonne untergeht", sagt Kriss. Kurz vor dem Bahnübergang am alten Bahnhof halten die beiden an und es stimmt, es ist malerisch: Grünes Gras, Schilf und Weiden, soweit das Auge reicht, es duftet nach Klee und Kräutern. "Wir sind gern draußen", sagt Wall mit amerikanischem Akzent, "deshalb haben wir jetzt so ein besonderes Tandem. "

"Das ist unsere Corona-Rettung, sowohl mental als auch beruflich", sagt seine Frau. Sie ist ungefähr einen Kopf kleiner als er - wer sitzt denn hinten? Kriss nickt: "Ja, genau, das ist ein Problem bei Tandems. Aber unseres ist eine Kombination mit einem Liegerad. Jeder ist total gleichberechtigt, beide können in ihrem Tempo treten und beide können gut sehen. " Bis Augsburg sind sie schon geradelt, haben Pause am See gemacht und dann wieder zurück, ungefähr 80 Kilometer waren das.

Schließlich müssen sie ja ein bisschen trainieren, denn während der Zeit ohne Auftritte haben sie darüber nachgedacht, wie sie ihre Musik zum Publikum bringen können. So kam die Idee, eine Tournee mit dem Fahrrad zu machen - quasi ein Couch-Festival, nur ohne Couch, sondern mit Tandem. Kriss und Wall sind schon mehrmals mit ihrem Duo "Tante Friedl" aufgetreten, Magdalena am Akkordeon, Dan mit Banjo. Traditionals, Folk, auch mal osteuropäische Volkslieder gehören zu ihrem Programm. Wer in seinem Garten Gäste einladen und diese mit Live-Musik überraschen möchte, könnte über die sozialen Medien sehen, wann das Tandem-Duo in der Nähe ist und einen Auftritt von "Tante Friedl" buchen. So ist der Plan, losgehen soll es im Juli. Inzwischen haben sich die beiden schon fit darin gemacht, ihr Tandem bei kleineren Pannen selbst zu reparieren: "Wir sind schon fast richtige Bike-Mechanics", meint Wall fröhlich.

Was die Musik angeht, müssen sie nicht so viel üben, denn sie sind ja Profis. Magdalena Kriss hat Musik und Tanzpädagogik am Mozarteum in Salzburg studiert und den Master-Abschluss gemacht. Dan Wall ist Autodidakt, von ein wenig Geigenunterricht abgesehen: "Ich habe dann diese Ethno-Community-Welt entdeckt und darüber ganz viel gelernt. " Er und seine Frau erklären, was Ethno bedeutet: Es geht quasi um Volksmusik. Die Menschen, die dort mitmachen, kommen aus der ganzen Welt, tauschen sich aus, treffen sich auf Festivals, machen Workshops. "Das sind neben der Musik menschliche Aspekte und der kulturelle Austausch - zu sehen, wo sind die Gemeinsamkeiten", meint Kriss, "In 17 oder 18 Ländern gab es schon Festivals für Leute unter 30 Jahren, zum Beispiel in Australien, Chile, Schweden und auch in Deutschland. " Seit 15 Jahren gibt es ein Ethno-Treffen in Slowenien. "Das ist wie Familie", findet Magdalena. Old Salt, also Dans Band, haben sich dort gefunden - überhaupt seien viele erste Bandprojekte aus dieser Ethno-Bewegung entstanden, Auch Dan und Magdalena haben sich darüber kennengelernt. Dan kommt gebürtig aus dem Hudson Valley, "das ist zwei Stunden von New York City. Es ist schön dort. Ich bin wirklich kein City-Kid, ich bin ein Landei", stellt er lachend fest.

Eine Woche im Monat sind Wall und Kriss in Hörzhausen, sonst in Berlin oder bei Auftritten unterwegs. Magdalena erzählt: "Ich wäre Ende Februar in China gewesen mit dem Münchener Kinder-Puppentheater Elefant aus dem Ei. Dan hätte im April einen Monat Italien-Tour gehabt mit Old Salt und ich wäre im Herbst noch sechs Wochen in China, Russland und Kroatien gewesen. Bis jetzt steht das noch, mal gucken. "

Der Kalender war voll für 2020, jetzt ist vieles auf 2021 verschoben. So nutzt das Paar die gemeinsame Zeit und lernt dazu. Jeden Morgen um zehn Uhr üben sie Percussion: 20 Minuten Tambourine, dann 20 Minuten Foot-Percussion, auf dem Fußboden. "Wenn man das zu einem Musiker sagt, wird man ein bisschen belächelt", weiß Kriss, "aber Percussion ist es nicht einfach: Man muss den Rhythmus halten, das muss so durchgrooven. " Dan ergänzt: "Und noch gleichzeitig singen. " Es ist ein Glück, dass die beiden gerade auf dem Land sind und Magdalenas Familie das so aushält: "Das ist schon viel, wenn jemand 20 Minuten mit den Füßen rhythmisch auf den Boden haut", meint sie lachend. Vor dem Lock-down hatten Magdalena und Dan schon die Idee, mal wieder etwas mit ihrem Duo "Tante Friedl" zu machen. Das kam jetzt eben früher als erwartet: "Wir sind gerade dabei, unsere erste EP aufzunehmen:", sagt Kriss. Ihr Mann erzählt: "Wir haben ein bisschen investiert, dass wir das im Home-Studio selber machen können. Gemischt und gemastered wird es bei Freunden in Berlin. " Wenn das fertig ist, geht es los mit dem Fahrrad: "Wir freuen uns auf die Tandem-Tour", sagen beide.

Zuerst wollen sie in der Nähe und in Deutschland bleiben, dann wahrscheinlich auch ins Ausland radeln. Übernachtet wird per Camping, mit Zelt. Bei der Planung fiel dem Paar auf: "Wir brauchen andere Instrumente. " Ein kleineres Akkordeon, denn das, was Magdalena eigentlich hat, wiegt schon 10 Kilogramm und Dan nimmt anstatt des Banjos vielleicht die Bariton-Ukulele mit. Tante Friedl in Light-Ausstattung sozusagen, damit das Tandem nicht zu schwer wird. Der Musik wird es keinesfalls schaden, das ist sicher. Aktuelle Infos zur Tandem-Tour gibt es über Instagram und Facebook oder über den Newsletter, zu dem man sich auf der Website "tantefriedl. eu" anmelden kann.

SZ