Schrobenhausen
Was wusste der Stiftungsrat?

26.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:04 Uhr

Diese Rechnung über einen Bischofsring wurde ebenfalls vom Kinderheim bezahlt.

Schrobenhausen (mpy) Die Nachricht ging durch das ganze Land: Über 260.000 Mark aus Stiftungsgeldern des Schrobenhausener Kinderheims sollen in der Ära Mixa zweckfremd verwendet worden sein. Was hat eigentlich damals der Stiftungsrat mitbekommen?

Noch sind die Ermittlungen des vom Kinderheim beauftragten Anwalts Sebastian Knott aus Ingolstadt nicht abgeschlossen; dennoch stehen bereits jetzt Beträge im Feuer, die aufhorchen lassen. Kunst, Wein, Antiquitäten wurde damals gekauft, und auch – allerdings nachdem Mixa schon in Eichstätt war – ein fast 4000 Mark teurer Bischofsring und ein Solarium.

Dem Stiftungsrat gehörten damals wie heute der Stadtpfarrer, der Heimleiter, ein Vertreter der Stadt, ein Vertreter des Landkreises sowie Mitglieder der Stadtpfarrei an, insgesamt sieben Personen. Dass einige von ihnen im Jahr 2000 nach Eichstätt fuhren, um Schadensbegrenzung zu betreiben, war schon kurz nach Ostern durchgesickert und später auch von Sonderermittler Knott bestätigt worden. Mit dabei waren unter anderem Rosina Straub und Paul Schnitzler, und auch der damalige Bürgermeister Josef Plöckl. Der allerdings hat mit dem Kapitel Kommunalpolitik nach allem, was war, für sich abgeschlossen. "Lasst’s mir mei Ruh damit", sagte er gestern nur.

Nur Prüfberichte

"Diese Geschichten kamen erst nach dem Tod des früheren Heimleiters Fred Hasslbauer 1999 auf", erinnert sich Rosina Straub, die damals wie heute als Vertreterin des Landkreises im Stiftungsrat saß. Dem Stiftungsrat seien in den Jahren davor stets geprüfte Bilanzen vorgelegt worden, "und die haben sich nicht so angehört, dass da ein Verdacht aufgekommen wäre". Und die Prüfungsberichte des renommierten Unternehmens Solidaris hätten keine Details enthalten.

Das bestätigt auch der damalige Stiftungsrat Paul Schnitzler. "Es gab in der Regel zwei oder drei Sitzungen im Jahr, und was uns gesagt wurde, erschien ausreichend zu sein." Die Jahresergebnisse seien stets positiv gewesen, und eine eigene Prüfung habe es damals nicht gegeben, "dafür war ja Solidaris da, die haben ja auch Teile der Buchhaltung gemacht." Vielleicht wäre das alles anders gewesen, wenn die Zahlen nicht so positiv ausgesehen hätten, mutmaßt Schnitzler. So aber hätten sich keine Verdachtsmomente ergeben.

Als die Geschichten dann aufkamen, da habe man sich darum bemüht, den Schaden für das Kinderheim in Grenzen zu halten, bestätigen beide. "Wir haben versucht, das Geld, das der Stiftung entnommen worden war, durch Verkäufe wieder zurückzuführen", erinnert sich Rosina Straub, und das sei zu einem großen Teil gelungen. Dass ihr die Geschichte nahe geht, ist im Gespräch nicht zu überhören. "Natürlich trifft mich das", sagt sie, "denn das Kinderheim liegt mir am Herzen."

Geschlossenes System

Heute, ist sich Rosina Straub sicher, könnte das, was offenbar in den 80er und 90er Jahren schief ging, nicht mehr passieren. "Das war damals ein geschlossenes System. Unter Stadtpfarrer Josef Beyrer und Heimleiter Herbert Reim wurde die Einrichtung Stück für stück geöffnet", betont die langjährige Neuburg-Schrobenhausener Vizelandrätin, "so vieles ist verändert worden. Darin habe ich immer auch meine Rolle gesehen – beratend dabei mitzuhelfen das Haus auf die Anforderungen der Jugendämter zugeschnitten wird."

Die wirtschaftliche Aufsicht für die Schrobenhausener Waisenhausstiftung liegt bei der Regierung von Oberbayern. Dort wurde, wie ein Sprecher gestern bestätigte, längst eine Anfrage das das Wirtschaftsprüfungsunternehmen gestellt. Eine Antwort lag gestern noch nicht vor.

Die Firma Solidaris selbst kann sich zum Thema nicht äußern. Nicht, weil man nicht will, sondern weil man nicht darf, wie Norbert Wiedermann von Solidaris gestern erklärte. "Wir sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, wir gehen aber davon aus, dass wir zur Aufklärung der Situation zumindest intern von dieser Verpflichtung entbunden werden", sagte er. "Wir werden uns sehr gerne an der Aufklärung beteiligen."