Schrobenhausen
Zum Thema Lachen: Eine Reise ins Jahr 1580

SZ-Serie Schrobenhausen für Anfänger: Wie der älteste Schrobenhausener Stadtteil zu seinem Namen kam

15.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:48 Uhr
Ein Blick in die Lachen, rechts das Zeiselmairhaus. Rechts der Blick auf den Seelweibturm und die Schmiede In der Lachen Nr. 4, die nun ein Gebäude bilden. −Foto: Budke

Schrobenhausen (SZ) "Herr, so können wir die Reise nicht fortsetzten. In den matschigen Paar-Auen hier hat sich Euer Pferd ein Hufeisen abgetreten. Wir müssen eine Schmiede aufsuchen, sonst wird es morgen lahm gehen und wir schaffen es nicht rechtzeitig nach Regensburg." Aus einer der Taschen, die das Packpferd trägt, zieht der Reitknecht eine Zange. Sein Herr steigt vom Pferd und flucht, als seine Stiefel über die Knöchel im Morast einsinken.

Der Knecht zieht die verbliebenen Nägel aus dem Huf, räumt die Zange wieder ein und hält seinem Herrn das Pferd, damit der wieder aufsteigen kann. "Dort hinten sieht man schon die Stadtmauer von Scropinhusun. Dort werden wir eine Schmiede finden", gibt der Herr den Weg vor. Und tatsächlich finden die beiden Reisenden mit ihren drei Pferden eine Schmiede: Hinter dem Oberen Tor biegen sie gleich rechts ab in die Lachen.

Wir schreiben das Jahr 1580. Zu jener Zit, als unsere kleine Gruppe unterwegs ist, besteht Scropinhusun aus vier Ortteilen, wovon der älteste, ein frühmittelalterlicher Siedlungskern, in der Lachen liegt. Ortsnamen, die auf -husun, später -haus oder -hausen enden, sind eigentlich immer mit einem Personennamen kombiniert. Diese Art der Namensbildung weist auf die älteste Siedlungsschicht hin. Bereits im 8. und 9. Jahrhundert war Scropinhusun urkundlich erwähnt worden, es muss hier zumindest eine - wahrscheinlich hölzerne - Pfarrkirche, einen Friedhof und einen Herrenhof gegeben haben.

Der Name des Viertels, In der Lachen, besagt natürlich nicht, dass die Leute damals besonders viel (oder nichts?) zu lachen gehabt hätten. Er geht sprachlich auf das lateinische Wort lacus - der See - oder das mittelhochdeutsch Lacha - für Tümpel oder Pfütze - zurück.

Recht sumpfig muss es hier einst gewesen sein, wie bald auch unsere kleine Reisegruppe feststellen wird. Als sie ankommen, erfahren sie, dass Scopinhusun im Städtekrieg von 1387 bis 1389 zerstört worden war. Mit dem Wiederaufbau der Stadt hatte die Lachen ihre Rolle als zentrales Ortsviertel verloren.

Es sind keine einfachen Zeiten, in denen unsere kleine Reisegruppe im Jahr 1580 dieses Scropinhusun erlebt. Die Stadt hatte vor ein paar Jahrzehnten, anno 1546, um genau zu sein, den Schmalkaldischen Krieg (1546) überstanden. Überhaupt dient die Lage zwischen den Reichsstädten Augsburg und Regensburg nicht gerade dazu, ein friedvolles, ungestörtes Leben führen zu können.

Zumindest gibt es ein paar Brauereien. Der Lacherbräu zählt zu den ältesten, vielleicht war er sogar der älteste. Hier kehren Gäste ein, hier halten Kutschen. Kein Wunder, dass der Schmied am Platz ein gefragter Mann ist. Er arbeitet und lebt im Haus In der Lachen Nr. 4, das sich an den Seelweibturm anschließt: Meister Helias Wörnlen beschlägt auch das edle Reitpferd unseres reisenden Herrn mit einem neuen Eisen.

Während der Knecht das Pferd hält, den Schmied entlohnt, Pony und das Packpony versorgt, kehrte der Herr im Gasthaus ein. Zur selben Zeit zieht das sogenannte Seelweib von Haus zu Haus, um den Todesfall des Georg Härtl mitzuteilen, der mit 42 Jahren seinen Altersleiden erlegen war. Als Entlohnung für die Aufgabe, Todesnachrichten zu verbreiten, wird dem Seelweib der Turm zu Wohnzwecken kostenlos überlassen.

Bei ihrem traurigen Rundgang klopft das Seelweib auch an die Tür des Hauses, das später nach seinem letzten Bewohner benannt wird: Zeiselmair. Anno 1580 ist es schon über 100 Jahre alt, es wure 1478 als Holzhaus erbaut, von jeher lebten hier Handwerker.

Noch Jahrhundert später wird man der Lachen ansehen können, wie bedeutend sie einst war: Die Straße ist hier breit, sie wirkt eher wie in Platz, und immerhin drei weitere Straßen - die Hippergasse, Am Oberen Tor und die Alte Schulgasse - münden hier ein.

Als unsere kleine Reisegruppe am nächsten Morgen weiterzieht, kommen sie auf ihrer direkten Route Richtung Regensburg etwas zu weit nach Westen ab und streifen den Ort Königslachen. Der Herr schimpft und flucht, was das denn nun schon wieder für ein matschiger Ort sei hier am Waldrand sei, und dass der Schmied in Schrobenhausen hoffentlich gute Arbeit gemacht habe und die Hufeisen halten werden.

Auch dieser Name stammt von der mittelhochdeutsch Lache, aber das Bestimmungswort - Königs - hat mit einem Herrscher rein gar nichts zu tun. Vielmehr geht dieser Ortsname - wie so oft - auf einen Personennamen zurück, nämlich Cuni. Unser edler Herr weiß das wohl, drum sucht er auch nicht nach einem Schloss, sondern einem festen Weg durch den Matsch, während er die Scropinhusuner Lachen und Königslachen hinter sich lässt. Auf die Idee, dass spätere Generationen diese Namen mit Königen und lachenden Menschen in Verbindung bringen, kommt er garantiert nicht.
 

Heidrun Budke