Schrobenhausen
Warum eigentlich „Lenbachstadt im Spargelland“?

Neue Serie greift Themen auf, die die Alteingesessenen schon kennen, Zugezogene aber nicht

13.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:34 Uhr

Schrobenhausen (SZ) Auf der Homepage der Stadt ist es gleich auf der Startseite in schön geschwungenen Buchstaben zu lesen: „Willkommen in Schrobenhausen“ und darunter: „Lenbachstadt im Spargelland“. Wer hier schon lange lebt, wundert sich darüber nicht mehr. Neu Hinzugezogene könnten zumindest beim Namen Lenbach irritiert sein. Ist der nicht ein Münchner? Und kann man nicht überall lesen, dass aus dem Schrobenhausener Raum unfassbar viele Kartoffeln kommen?

Tatsächlich nehmen Kartoffeln in der Region weit mehr Fläche ein als Spargel: Im vergangenen Jahr wurden von 518 Betrieben insgesamt 7011 Hektar Kartoffeln angepflanzt. Sie teilten sich auf in 2759 Hektar Stärkekartoffeln, rund 800 Hektar Pflanzkartoffeln und 3452 Hektar Speise- und Industriekartoffeln auf. Zum Vergleich  kümmerten sich  im Landkreis 62 Betriebe um 379 Hektar Spargel, wie Josef Konrad, Direktor des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Pfaffenhofen weiß.  

Die Kartoffel wird teilweise überregional  vermarket, teilweise geht sie zu Discountern, zu Kloßteighersteller nach Rain oder in die Schrobenhausener Stärkefabrik. Man kennt das Bild, wenn man im Herbst Richtung Schrobenhausen unterwegs ist: Das Tempo auf den Straßen wird manches Mal durch  Kartoffeltransporte auf dem Weg zur Südstärke jäh gebremst. Am Königslachener Weg riecht es dann nach frischen Stampfkartoffeln und die Idee für den Mittagstisch ist geboren. 

Warum also heißt der Werbeslogan der Stadt  nicht „Lenbachstadt im Kartoffelland“?  Fragen wir jemanden, der sich damit auskennt:  Peter Strobl, Geschäftsführer des Spargelerzeugerverbandes Südbayern. Der schüttelt vehement den Kopf: „Nein, für mich ist das ganz klar, dass Schrobenhausen Spargelland ist!“ Die Kartoffel sei zwar mit Blick auf den gesamten Landkreis zahlenmäßig stark vertreten und das Donaumoos sei vom Kartoffelanbau geprägt, aber es sei sehr wohl der Spargel, der  die Schrobenhausener Region dominiere. 

Im Verband, der landkreisübergreifend in Pfaffenhofen, Aichach-Friedberg und eben Schrobenhausen aktiv ist, seien derzeit 77 Mitglieder organisiert, die eine Fläche von 635 Hektar  bewirtschaften. Die Größe der Anbaufläche und die Ertragsmenge seien aber auch gar nicht das entscheidende Merkmal. „Wenn ich ins Ausland fahre und man mich fragt, woher ich komme“, erzählt Strobl, „kennt keiner den Lenbach, aber den Spargel, den kennen sie überall!“ Und von den Schrobenhausener Kartoffeln spricht auf Malle auch keiner.
Man hat ja in früheren Zeiten auch einiges für diesen Ruf getan. Auch das  Spargelmuseum hat da mitgeholfen. Der Verband hat sich außerdem die Internetadresse www.spargel.de gesichert – und vor allem auch die Bezeichnung: Seit Oktober 2010 ist der Name ,Schrobenhausener Spargel‘ als geschützte geographische Angabe (g.g.A.) gemäß der entsprechenden Verordnung in der gesamten Europäischen Union eingetragen.

Einen solchen Schutz bekommt nicht jeder. Er geht zum einen auf die mehr als hundertjährige Tradition des Spargelanbaus in dieser Region zurück, seit Christian Schadt im Jahr 1913 damit begann. Vor allem hat sich der Spargel die Auszeichnung durch die hohe Qualität verdient, die ihre Ursache in den speziellen sandigen Böden der Region hat. Ziel des Spargelverbandes sei es, diesen Ruf zu erhalten und in die Welt hinauszutragen, so Strobl. 

Und natürlich versucht man, den Ertrag zu erhöhen. Durch die Folientechnik, die seit mittlerweile 20 Jahren im Einsatz ist, wird der Saisonbeginn von Ende April auf zirka Ende März vorverlegt. Dadurch werde ein Mehrertrag von zirka 40 Prozent erreicht. Die Qualität bleibe nicht nur erhalten, nach Strobls Meinung verbessert sie sich sogar: „Durch den wärmeren Boden wächst die Stange schneller und bleibt zarter.“ 
Außerdem bieten die Folien Schutz vor Schädlingen, vermindern den Herbizideinsatz und reduzieren den Arbeitsaufwand: Da die Spargelspitzen unter der Folie nicht lila werden, muss nur einmal am Tag gestochen werden. 

Wenn man bedenkt, dass laut Landwirtschaftsdirektor Josef Konrad ein Hektar Spargel einen Stundenaufwand von geschätzt 1500 Stunden im Jahr erfordert – beim Kartoffelanbau sind dies zum Vergleich übrigens etwa 25 bis 50 Stunden jährlich –, hilft das enorm, auch wenn das Bild der  Folien in der Natur manche als Nachteil sehen, wie Geschäftsführer Strobl einräumt. 

Wer wann genau einst auf die Idee für den Schrobenhausen-Slogan kam, lässt sich nicht mehr so recht nachvollziehen. Immerhin hat das Klang, allein wegen der vielen kleinen „a“s, sie ergeben eine schöne Melodie. Aber es geht eben auch um den Inhalt.

Allerdings ist ein Slogan nicht alles. Da hilft  die  erfolgreiche Bewerbung für die Aktion „100 Genussorte in Bayern“.  Prämiert wurden da übrigens Spargel und Kartoffel gemeinsam – so wie es der Verbraucher auch auf dem Teller mag. Darüber hinaus gibt es aber noch viel zu tun. Der Spargel könnte viel stärker in  der gesamten Stadt präsent sein. Auf die Vermarktung von gastronomischen Spargelwochen wird in der Lenbach- und Spargelstadt gänzlich verzichtet.

Und  manch verwaister Kreisverkehr ließe sich auch zu Werbezwecken nutzen, andere Städte spielen diese Karte. Schrobenhausen nicht. Ein bisschen mehr Stolz auf ein herausragendes Merkmal stünde einer charmanten bayrischen Kleinstadt sicher ganz gut, denn der Name allein ist nicht alles.
Wie es sich mit der „Lenbachstadt“ verhält, lesen Sie demnächst im zweiten Teil.