Schrobenhausen
Ein Schmuckkästchen voller Künstler

<DK-XY_trifft>SCHROBENHAUSEN FÜR ANFÄNGER: </DK-XY_trifft>Der Kunsthof rückt kreative Schrobenhausener Köpfe in den Fokus

16.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:59 Uhr
Initiator Klaus Englert im Kunsthof an dem hinreißenden Brunnen, einem Werk des bekannten Bildhauers Richard Gruber in dessen typischer Bronze-Stein-Machart. −Foto: Heidrun Budke

Schrobenhausen (SZ) Unauffällig ist es und leicht könnte es übersehen werden, das Eingangs portal zum Kunsthof. Zwischen Bekleidungsgeschäften und Rechtsanwälten steht das Tor offen, und gibt den Blick frei auf einen kleinen Innenhof, in dem als Hingucker ein plätschernder Brunnen zum Eintreten einlädt. Alteingesessene wissen, was sich dahinter verbirgt. Wer neu ist in der Stadt, nicht.

Wer nicht scheu ist und der Einladung folgt, wird bald überrascht sein von der Vielfalt an Künstlern, die offenbar das Leben in der Kleinstadt bereichern. "Wenn ich aus meinem Büro in den Kunsthof schaue", erzählt Initiator Klaus Englert, "dann sehe ich oft Kinder, die an dem plätschernden Wasser Freude haben und mit den Händen darin planschen." Man sieht dem erfolgreichen Rechtswissenschaftler an, dass er Freude daran hat, an den zahlreichen, täglichen Besuchern und der Kunst zum Anfassen.

Aber nicht nur der Brunnen in der Mitte des Kunsthofs - ein Werk von dem bekannten Bildhauer Richard Gruber in dessen typischer Bronze-Stein-Machart - ist hier Kunst. Der ganze Innenhof ist quasi ein begehbares Lexikon der Schrobenhausener Kulturschaffenden. An den Hauswänden hängen Porträts von heimischen Berühmtheiten, angefangen bei Franz von Lenbach und Joseph Kaspar Sattler bis zu Kunstpreisträgern der Stadt Schrobenhausen.

Auch die Galerie an sich ist Kunst, denn es sind nicht einfach nur gerahmte Fotos, die dort hängen, sondern Glasbilder, erschaffen von Brigitte Schuster, die weit über die Stadtgrenzen hinaus einen Namen hat.

So bieten sich in diesem lauschigen Innenhof immer neue Eindrücke, je nach Blickwinkel, denn die Glasporträts scheinen durch die spezielle Gestaltung ein Eigenleben zu besitzen. Ein lebendiger Flyer bietet sich hier allen Besuchern, die wissen möchten, wie es denn um die schönen Künste in Schrobenhausen bestellt ist und nicht wenige werden überrascht sein, welche Schaffenskraft die so beschaulich wirkende Kleinstadt zu bieten hat.

Nicht alle sind drin. Flo Weber von den Sportfreunden Stiller ist gebürtiger Schrobenhausener, auch wenn kein Bild von ihm im Kunsthof hängt - das ließe dessen Vertrag nicht zu, erzählt Englert mit Bedauern, um dann aber stromschnellenartig eine kaum enden wollende Liste an Kreativen und ihren Betätigungsfeldern anzuführen. Da ist eben von der Glaskünstlerin über Bildhauer und Maler bis zu Musikern, Schriftstellern, Regisseuren und Fotografen alles vertreten und jeden kennt Klaus Englert persönlich. Er könnte unzählige Geschichten und Anekdoten lebhaft präsentieren, sprudelt über vor Wissen und Begeisterung, ist eigentlich selbst ein lebendiges "Who is Who"-Lexikon der Schrobenhausener Kunstgeschichte. Kein Wunder, denn Englert ist - neben der Tatsache, dass er ein in der Welt anerkannter Spezialist für Baurecht ist - langjähriger Kulturreferent in seiner Heimatstadt und als vielfacher, erfolgreicher Buchautor auch selbst Kulturschaffender. Das ist er auch, weil er mehrere Museen begründet hat: das Europäische Spargelmuseum, aber auch das Museum im Pflegschloss. Auf die Wechselausstellungen dort ist er übrigens besonders stolz: "Da wird viel Kunst nach Schrobenhausen gezogen, und zwar nicht nur irgendwelche Repliken", betont er, "sondern Originale!" Große Namen kann er aufzählen: Picasso, von Gogh, Hundertwasser?

Das alles war nicht immer so. "In der Nachkriegszeit war Schrobenhausen ein düsteres Loch. Die Straße war ein Flickwerk, teilweise aus Sand, da haben wir gespielt", blickt der fast 70-Jährige zurück. "Heute ist es eine Kulturstadt!" Wie ist es dazu gekommen, woher rührt diese hohe Künstlerdichte? 1959, erzählt Englert, kam der Kunsterzieher Norbert Richter in die Stadt. "Das war ein Glücksfall, denn dieser junge, mitreißende Mensch hat es geschafft, die Menschen für die Kunst zu begeistern." Aus dessen Arbeit als Lehrer sei in den 70er-Jahren eine Art "Mitreiß-Generation" entstanden mit Hauptakteuren wie Viktor Scheck, Sig Fabig, Richard Gruber, Wolfgang Eberlein oder auch Richters Sohn Nik - und das ist nur ein Teil der Reihe, die Englert dann auflistet. Alle, die sich in der Stadt betätigen, scheinen ihm so wichtig, dass er keinen Namen unterschlagen, vergessen will.

Aber die genannten Künstler sind ja alle nicht mehr so ganz jung, wie steht es denn um die kulturelle Zukunft? Englert ist da gar nicht besorgt. Er berichtet von einer hervorragenden Städtischen Musikschule mit mitreißenden Musikerziehern, von einem neuen, regen Kunsterzieher am Gymnasium, Christoph Scholter, dann von der Schreibakademie Lisa, den Barocktagen und dem offenen Bücherschrank; von einem regen Austausch mit den Partnerstädten; von einer lebendigen Theaterszene und nicht zuletzt von dem vielfach preisgekrönten Fotoclub.

Englert spürt in Schrobenhausen etwas von dem Künstlergeist wie in Worpswede, aber eben nicht so abgegrenzt, sondern im städtischen Leben verankert. Und er wünscht sich, dass die Innenstadt renoviert sein wird, solange wie er selbst noch aktiv sein könne, denn "wenn das geschafft ist, ist Schrobenhausen ein Schmuckkästchen!"

Aber eben nicht nur zum Anschauen, sondern lebendig soll es sein: Wer nach Schrobenhausen komme, ob als Gast, als Neubürger, als Berufstätiger oder auch als Einheimischer, der solle die Bilanz ziehen "Da ist was los!" Sein Kunsthof ist ein Mosaikstein eines großen Ganzen.
 

Heidrun Budke