Schrobenhausen
Wie es den Menschen damals ging

Bernhard Rödig hat sein neues Buch über Schrobenhausen im Ersten Weltkrieg vorgestellt

28.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:03 Uhr

Die Stadt hat zu danken: Kulturreferent Klaus Englert würdigte bei der Präsentation des Buchs »Schrobenhausen im ersten großen Krieg« die Leistung des Heimatforschers Bernhard Rödig, der einen Teil der Geschichte, die ins Vergessen zu geraten droht, greifbar und lebendig gemacht hat - Foto: Faltin

Schrobenhausen (SZ) „608 Seiten, 700 Abbildungen und ein Gewicht von 2,33 Kilogramm“ – so beschreibt Bernhard Rödig sein neues Buch technisch. Viel wichtiger ist allerdings der Inhalt. Den hat er jetzt öffentlich vorgestellt – vor zahlreichen Zuschauern im Blauen Saal der Volkshochschule.

„Ich wollte keine allgemeine Betrachtung des Krieges anstellen“, sagt Bernhard Rödig, „dazu gibt es genügend, auch berühmtere Kollegen, die gerade in diesem Jahr Bücher herausgegeben haben.“ Ihm ging es in dem Buch darum, festzuhalten, wie es der Bevölkerung in Schrobenhausen und den Soldaten aus Schrobenhausen an der Front ging. Bernhard Rödig hat schon etliche Bücher herausgebracht, er weiß, worauf es, gerade bei historischen Stoffen, ankommt und was ein Buch gut macht.

Er beschreibt die Gefühle der Menschen, auch den Jubel der Soldaten und Kriegsbefürworter. 1459 Soldaten aus Schrobenhausen und den umliegenden Dörfern zogen damals in den Krieg, viele anfangs voller Begeisterung, auch angestiftet aus verklärten Erinnerungen an den 1870/71er Krieg. Erst nach und nach machte sich Ernüchterung breit. Und Hunger in der Bevölkerung, die Steckrübe musste als Ersatz für vieles herhalten. Auch nach Einführung von Lebensmittelmarken wurde es nicht besser. Sie deckten den Bedarf eines Erwachsenen nur zu 60 Prozent.

„So wurde alles geklaut, was nicht niet- und nagelfest war“, zitiert Rödig aus seinem Buch. „Zum Beispiel wurde bei einem Metzger das Fleisch eines frisch geschlachteten Tiers mitgenommen. Die Knochen und Lebensmittelmarken für 360 Gramm Fleisch ließen die Diebe zurück.“ Viele solche Geschichten findet man in dem Buch.

Ein eigenes Kapitel ist Briefen an und von Soldaten gewidmet. Die Post unterlag damals einer strengen Zensur. Viele Passagen gehen ans Herz und an die Nieren. Rödig gewährt tiefe Einblicke in das Fühlen, das Denken, das Erleben von Menschen am Rande des Todes.

Es müssen brutale, harte Zeiten gewesen sein, auch für die, die nicht an der Front waren. Nachdem die Rohstoffe für die Waffenindustrie knapp wurden, wurden immer mehr Güter, vor allem aus Metall, beschlagnahmt und eingeschmolzen. Das hatte weitere Entbehrungen zur Folge. Eine von vielen Randnotizen ist diese Geschichte: Auch fünf Glocken der Stadtpfarrkirche waren damals betroffen. Sie gingen auf, wie es damals hieß, „Kriegsfahrt“.

Bernhard Rödig zeigt ein schonungsloses Bild einer Zeit auf, das in den Köpfen der Menschen der Jetzt-Zeit durch Fernsehbilder eher schwarz-weiß wahrgenommen wird – und dadurch weit weg, vielleicht sogar verharmlost. Aber harmlos war das, was die Menschen – auch im Schrobenhausener Land – damals ertragen mussten, nicht. „Es wird nirgends so viel gelogen, wie vor dem Krieg, während des Krieges und nach dem Krieg“, fasst Rödig seine Erkenntnisse am Ende seiner Arbeit an dem Buch zusammen.

Bei der Buchpräsentation war es Kulturreferent Klaus Englert, der Rödig namens der Stadt gratulierte und dankte – für die unermüdliche Forschung, für das Sammeln und Sichten von Tausenden Schriften und Bildern des engagierten Heimatforschers.

An diesem Freitag, 31. Oktober, steht eine Lesung in Schrobenhausen auf dem Programm, die weitere Einblicke in diesen Teil der Geschichte gibt. Sie beginnt um 15 Uhr in der Buchhandlung an der Stadtmauer. Autor Bernhard Rödig wird dann auch gerne Fragen beantworten.