Schrobenhausen
Wer nicht putzt, muss nach Schrobenhausen

Drohzettel des Landratsamts in Neuburger Flüchtlingsunterkunft stößt auf Empörung

27.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:09 Uhr
Haben es die Flüchtlinge hier, in der Unterkunft in der alten Schrobenhausener Grundschule, wirklich so schlecht? „Nein“, sagt Katharina Huber, die Pressesprecherin der Landratsamtes Neuburg-Schrobenhausen, „aber anders." −Foto: Jürgen Spindler

Schrobenhausen/Neuburg (SZ) Lebt es sich in der Schrobenhausener Flüchtlingsunterkunft schlecht? So schlecht, dass eine Verlegung dorthin zum Druckmittel taugt? Das zumindest legt eine Mitteilung des Landratsamts nahe, die im Neuburger Containerdorf an der Donauwörther Straße aushängt.

„Bei Nichteinhaltung des Reinigungsplans werden zukünftig Verlegungen an die Grundschule SOB vorgenommen“, heißt es dort wörtlich. Neuburg also Himmel, Schrobenhausen Hölle? Wer nicht spurt, fliegt?

„Nein, ganz so dramatisch ist das natürlich nicht“, sagt Katharina Huber, die Pressesprecherin am Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen. Aber sie gibt zu, dass man sich in der Neuburger Flüchtlingsunterkunft einfach nicht anders zu helfen wusste, als die Verlegung anzudrohen. „Es gibt in Neuburg das Problem, dass einige Bewohner keine Ordnung halten – obwohl sie laut Hausordnung dazu verpflichtet sind und eigentlich auch die Zeit dazu hätten“, sagt Huber. Vernachlässigt würden die banalsten Sachen: „Abspülen, etwas aufheben, das runtergefallen ist, seine Klamotten nicht herumliegen lassen“, zählt Huber auf und erklärt: „Viele der Bewohner sind es nicht gewohnt, einen eigenen Hausstand zu führen. In gewissen Kulturkreisen putzen Männer einfach nicht.“ Dass sie nun damit in Deutschland anfangen sollen, würden manche schlichtweg nicht akzeptieren. „Aber das geht natürlich nicht“, so Huber.

Aber wie damit umgehen? Einem normalen Mieter könne man bei mehrmaligem Verstoß gegen die Hausordnung kündigen oder ihn sogar verklagen. „Aber das geht ja hier nicht, der Wohnanspruch ist da“, so Huber. Auch Kürzungen beim Geld seien nicht möglich. „Außerdem müsste man da bedenken, dass den Geflüchteten das zwar vielleicht wirklich wehtäte – aber zu was stiftet man sie damit womöglich an?“, gibt Huber zu bedenken.

Die Drohung zur Zwangsverlegung schien damit die beste, ja sogar einzige, Möglichkeit, die Unterkunftsbewohner zum Putzen zu bewegen. Trotzdem: Schrobenhausen als Strafe – „das klingt befremdlich“, findet Schrobenhausens Bürgermeister Karlheinz Stephan. Der wunderte sich doch sehr, als er von dem Vorfall hörte. Zwar sei die Stadt nicht für die Flüchtlingsunterkunft in der alten Grundschule zuständig – das ist Landkreissache –, doch lasse er sich einmal im Monat einen Bericht darüber geben, wie der Zustand dort sei. „Und da ist mir überhaupt noch nicht zu Ohren gekommen, dass irgendwas im Argen liegen würde“, so der Bürgermeister.

Er sei erfahren genug, um zu wissen, dass meist nichts so heiß gegessen werde, wie es gekocht wird, doch egal was nun der eigentliche Hintergrund für die Drohung sei, „sie ist schon sehr unglücklich formuliert, fast ein wenig beleidigend“, sagt Stephan. Aber was ist es denn nun, warum denkt man in Neuburg, dass die Flüchtlingsunterkunft in Schrobenhausen eine Verschlechterung für die Bewohner darstellen würde? „Der Unterschied zwischen beiden Unterkünften ist, dass in Schrobenhausen eine dauerhafte Betreuung vor Ort ist. Da drückt man sich nicht so leicht vor seinen Pflichten“, löst Katharina Huber auf. Während die Neuburger Flüchtlinge an der Donauwörther Straße dezentral untergebracht seien und theoretisch tun können, was sie wollen, würden die Flüchtlinge in Schrobenhausen rund um die Uhr betreut. „Und so gesehen würde das schon eine – viele würden sagen negative – Veränderung des Lebens darstellen“, sagt Huber. Ohne 24-Stunden-Aufsicht lebe es sich natürlich freier als mit. Dazu kommt die Größe der Einheiten. Während sich in Neuburg höchstens drei Personen einen Raum teilen müssen, können es in Schrobenhausen bis zu 20 sein. „Obwohl das gerade eigentlich kein Thema ist, weil derzeit in der Schrobenhausener Grundschule nur 94 Personen untergebracht sind“, sagt Huber. Platz wäre aber für 180. „Schrobenhausen ist also nicht die Hölle auf Erden, wie der Aushang es vielleicht im ersten Moment nahelegt“, erklärt sie. Allerdings habe man nun auch im Landratsamt erkannt, dass die Mitteilung nicht unbedingt mit viel Bedacht formuliert worden ist. Wenngleich sie in Neuburg trotzdem zum Erfolg geführt hat. „Bisher musste noch niemand zwangsverlegt werden, die Drohung hat gefruchtet“, sagt Huber. Dennoch soll nun noch einmal an der Ausführung gefeilt werden. „Aber die Drohung bleibt“, stellt Katharina Huber klar.