Schrobenhausen
Authentisch und derb, unterhaltsam und lustig

Zurück in Richtung Mittelalter ging es beim Schrannenfest im Pflegschlosspark sowie am Stadtwall

24.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:32 Uhr
Wehende Fahnen, gemütliche Runden am Lagerfeuer und Bilder, die nichts für schwache Nerven sind: Das Thema Mittelalter stand beim Pflegschloss im Fokus. −Foto: Schalk; De Pascale

Schrobenhausen (SZ) Schon Tage vor dem vergangenen Wochenende war klar: Es tut sich was, am Stadtwall. Denn hier schlugen die besonders Hartgesottenen ihre Zelte auf - in Vorbereitung auf das Schrannenfest. Schließlich gehörte auch heuer wieder ein Teil den Mittelalterfans.

Es raucht und dampft im Pflegschlosspark - der mit den dort nach wie vor ausgestellten Werken des Schrobenhausener Fotoclubs gleich noch ein bisschen atmosphärischer wirkt. Handwerker sind hier am Werkeln, Töpfer und Schmiede, Weidenflechter und Brettchenweber, Gaukler, Kinderschminker und Kettenschmuckverkäufer.

Ziemlich schnell ist bei Betreten des Pflegschlossgartens klar, was Sache ist. "Finger weg, sonst Hände ab!", steht unmissverständlich auf einem Holzschild an einem der Stände zu lesen. Oh ja - zimperlich ging's im Mittelalter ja bekanntlich nicht grade zu. Und das soll hier gern auch jeder wissen. Davon erzählt auch jener Herr, der sich schlicht und ergreifend "Karma" nennt, und immer wieder Grüppchen von Besuchern mit historischen Geschichten aus längst vergangenen Zeiten bei Laune hält, so zum Beispiel rund ums Thema Pest.

Wie schnell es auch mal um Leben oder Tod ging, davon können sich die Zuschauer bei der Schwertvorführung der Interessensgemeinschaft historischer Schwertkampf überzeugen. Und auch hier gibt's jede Menge interessanter Zusatzinfos. Zu Angriff oder Parade etwa, oder zu den verschiedensten Verletzungen, die man sich bei so einem Schwertkampf zuziehen kann: "Schaut lustig aus, tut aber scheiße weh, wenn man getroffen wird", sagt Oliver Kranz. Womit er manch zustimmendes Nicken aus der Zuschauerschar ergattert.

So richtig krachen - und zwar im wörtlichen Sinn - lassen es die Schützen um Franz-Xaver Holzmayr. Kleinen Kindern und Tieren Ohren zuhalten! Und, ganz wichtig: Mund auf - dann könne bei dem lauten Geknalle eigentlich nichts passieren, sagt er. Ohnehin feuere man ja die große Kanone auf dem Schrannenfest nur mit halber Ladung. "Sonst hätte hier keiner mehr den Hut auf dem Kopf", so Holzmayr.

Sein Familienname taucht beim Mittelalterteil des Schrannenfests übrigens öfter auf: Beispielsweise ist auch Peter Holzmayr mit dabei. Nicht nur, wie genau das mit dem Kerzenziehen eigentlich geht, sondern auch einiges an Wissenswertem über Wachs bekommen die Kinder bei ihm zu hören. Um auch mal was anderes zu bieten, hat Holzmayr vom Papiermachen für das diesjährige Schrannenfest zum Kerzenziehen umgesattelt - und kommt damit grade bei den kleinen Schrannenfestbesuchern prima an.

Ein paar Schritte weiter sorgt dann ein Zelt für manch irritierten Blick: "Schauschlaphen" steht daran geschrieben. Zuschauen beim Schlafen kann man dem Besitzer jetzt grade allerdings nicht - das Holzbett ist verwaist. Eines der großen Highlights des Mittelalterfestes geht schließlich zu fortgeschrittener Stunde über die Bühne: die fulminante Feuershow.

Wein und Schnaps und Sudlerei halten die Besucher kulinarisch bei Laune. Und freilich gehören zu alledem auch die entsprechenden musikalischen Klänge. Dazu haben die Verantwortlichen vom Schrobenhausener Verkehrsverein die Spielmannsleut von Fatzwerk und Tolstafanz ins Boot geholt. Und für eine gehörige Portion Mittelalterfeeling sorgen beim Schrannenfest auch die historisch gewandeten Kinderstadtwachen sowie Nachtwächter Franz Xaver Nieser. Noch mehr Mittelalter gibt es im Stadtwallgraben, wo die Abgebrühtesten der Mittelalterfreaks ihre Lager aufgeschlagen haben.

Einmal herrscht unter den zufällig des Weges kommenden Schrannenfestbesuchern vor dem Pflegschlosspark kurz Tumult. Dort haben ein paar Herren offenbar ihre ganz eigenen Vorstellungen von mittelalterlicher Authentizität: Sie steigen in den Badezuber. In aller Seelenruhe. Und zwar so, wie Gott sie schuf.

Ute De Pascale