Schrobenhausen
Schnüffeln durch die Wolke

14.07.2020 | Stand 02.12.2020, 10:59 Uhr
Toni läuft zunächst zügig an den ganzen riesigen Maschinen vorbei. Dann hält er plötzlich an und muss die Gerüche sortieren: Der leichte Wind hat die Duftwolke der Spur über den Platz verteilt, das ist ein besonderer Schwierigkeitsgrad für den Hund auf dem Bauer-Gelände in Aresing. Gebirgsschweißhund Leo (unten l.) läuft zügig durch die Halle, die voller unbekannter Gerüche ist. Aber er lässt sich nicht ablenken, sondern findet die vermisste Person quasi in einem Zug. Hinterher holt er sich die Belohnung und reichlich Lob. Milo (unten r.) ist noch nicht so lange bei den Suchhunden Donau-Jura dabei, macht seine Sache aber gut. Einmal muss er kurz anhalten, ein bisschen überlegen und die Besucher in Augenschein nehmen. −Foto: Budke

Die Nase eines Hundes ist ein beeindruckendes Sinnesorgan - Tabak, Drogen, Geldnoten, ja sogar Krankheiten können erschnüffelt werden. Und natürlich Spuren von Mensch und Tier. Das machen sich die Suchhunde Donau Jura zu Nutze und trainieren Hunde aller Rassen für das Auffinden von vermissten Personen oder Tieren. Aber auch die Suchhunde selbst können enorm von dieser Arbeit profitieren. Davon erzählen die Besitzer bei einem Training auf dem Gelände der Firma Bauer.

 

Josy, die zierliche Hündin mit dem dunklen Fell und klugen Augen, hat schon ihr Suchgeschirr an und wartet mit Besitzerin Claudia Herzing auf ihren Einsatz. Die kniehohe Josy kam über den Tierschutz aus Griechenland nach Deutschland. "Sie hatte vor allem Angst", sagt Herzing, "vor allem vor Männern." Geschätzte vier Jahre ist Josy alt und bereits seit über drei Jahren bei den Suchhunden Donau-Jura unterwegs. Hier können sich Hundebesitzer mit ihren vierbeinigen Partnern anmelden und die Tier- und Menschensuche erlernen und üben. Siegfried Weidner, Inhaber des Unternehmens, zertifizierter Hundetrainer, zugelassener Mantrailer und Problemhund-Berater, macht sich mit dem Fahrrad auf den Weg, um eine Spur auszulegen. Er ist dankbar, dass die Firma Bauer an diesem Samstag den weitläufigen Firmensitz in Aresing zur Verfügung stellt: "Wir suchen immer solche Gelände und freuen uns, wenn uns Unternehmen die Möglichkeit geben, im Außen- und Innenbereich mit unseren Hunden zu trainieren." In Aresing bieten sich einige Besonderheiten, das wird später klar, als die mehr oder weniger erfahrenen Hunde und ihre Besitzer auf der Suche nach der versteckten Person unterwegs sind.

Toni hechelt fröhlich, als sein Frauchen Tina Stolpe den Kofferraum öffnet und ihm ebenfalls das Geschirr anzieht. Toni wird sich auf die Suche machen, wenn Josy fertig ist. Sein Fell ist auch dunkel, aber an der Rute und am Kopf lockig, ansonsten ist es kurz geschoren: "Toni ist ein Schnoodel", sagt Stolpe und erklärt: "Das ist eine Mischung aus Königspudel und Riesenschnauzer." Toni ist ganz zappelig, an der langen Leine läuft er zu Josy und hechelnd um seine Beisitzerin herum. Er kann es kaum abwarten, bis es endlich losgeht. Nachdem Josy relativ flott, konzentriert und gar nicht ängstlich über das halbe Gelände gelaufen ist und die "vermisste" Person recht zügig gefunden hat, darf der Schnoodel starten.

 

Er schnüffelt zuerst an einem Tempo, an dem der Geruch der zu suchenden Person haftet, dann startet er. Wie auch Josy hat er den Kopf meistens oben und die Nase sozusagen im Wind. Weidner läuft mit und erklärt: "Das Gelände hier ist perfekt - sehr anspruchsvoll für die Hunde." Warum? "Zwischen den Gebäuden gibt es Schneisen, durch die der Wind strömt. Die viele Geräte, die hier lagern und die Arbeiter, die hier sonst unterwegs sind, haben viele Gerüche hinterlassen. Und auf dem großen Platz weht der Wind zwischen den ganzen Maschinen hindurch. Die Spur liegt für den Hund wie eine Wolke in der Luft und die wird hier weit verteilt." Das ist gut zu erkennen: Toni läuft zuerst an der Person vorbei, die sich unter einem großen Kran versteckt hat. Er bleibt auf dem Platz stehen, den Kopf ganz hoch und man sieht ihm an, wie er überlegt. Seine Besitzerin Tina Stolpe gibt ihm Zeit, die lange Leine liegt locker in ihrer Hand. Nach ein paar Augenblicken gibt Weidner einen Tipp. "Gib ihm ein Kommando" und Stolpe sagt: "Weiter, Toni." Der große Hund schnuppert nochmals, dann ändert er plötzlich die Richtung und läuft schnurgerade auf das Ziel zu. "Das hat er gut gemacht", freuen sich alle und Toni bekommt als Belohnung eine Menge Leckerlis. Stolpe erzählt auf dem Rückweg zur Gruppe: "Man ist richtig stolz auf seinen Hund, was der so alles leisten kann. Die Hunde lernen superschnell, sind müde und richtig happy, wenn man nach Hause kommt." Josias Besitzerin Claudia Herzing stimmt zu: " Ja und es ist ein toller Ausgleich für mich selbst. Außerdem ist Josias Angst deutlich zurückgegangen. Wir haben mehr Vertrauen zueinander, sie hat gelernt, im Auto zu warten und kann sich beim Training auslaufen."

Siegfried Weidner kennt den Nutzen für die Tiere: "Nasenarbeit ist das artgerechteste Training für Hunde. Es fordert sie, lastet sie aus und kann helfen, Ängste ab- und Vertrauen aufzubauen." Nebenbei mache man etwas Sinnvolles, ergänzt Stolpe, denn tatsächlich können die Hunde, nachdem sie spezielle Prüfungen absolviert haben, für die Suche von Menschen oder vermissten Tieren eingesetzt werden. Die Suchhunde Donau Jura werden für diesen Zweck im Raum Eichstätt, Neuburg, Ingolstadt, Regensburg bis teilweise nach Nürnberg angefordert. "Bei der Tiersuche geben wir am Telefon zunächst Tipps, was man tun kann, damit der Hund oder die Katze von selber zurückkommt. Wenn das nicht hilft, suchen wir vor Ort und können damit zumindest den Bereich eingrenzen, in dem sich das Tier aufhält."

 

Noch nicht lange dabei sind der erst zweieinhalb-jährige Milo, der ebenfalls vom Tierschutz kommt und der fünfjährige Leo, ein Gebirgsschweißhund vom Züchter. Während die zwei sich für den Indoor-Einsatz bereit machen, legt sich Rune, der blonde Golden Retriever zu einem Schläfchen auf den Hof: Er hat schon zwei Runden hinter sich, mehr wird nicht gemacht. Markus Walz, der in Schrobenhausen bekannt ist als Chefarzt der unfallchirurgischen Abteilung im Kreiskrankenhaus, sagt: "Ja, das ist anstrengend und eine gute Auslastung für den Hund", knuddelt seinen entspannten Rune und ist selbst ganz zufrieden. Milo geht mit seiner Besitzerin Marion Bohatsch in die Halle, für Menschennasen riecht es nach Gummi. Nur anhand des Geruches, der an einem Papiertaschentuch haftet, soll Milo nun die Person in der Halle suchen. Zwischen Schränken, Geräten und Werkzeugen sucht er seinen Weg. Als er an der gegenüberliegenden Seite vor einem großen Tor ankommt, braucht auch er ein wenig Zeit zu überlegen. "Hier war die Spur für die anderen Hunde, die vor ihm gesucht haben, gelegt", erklärt Weidner - falsch liegt Milo also nicht. Als Milo wieder losgeht, muss Weidner die Besitzerin stoppen: "Nicht nach links drehen!"

Während die Hunde alles richtig machen, weil sie sie ja rein von ihrer Nase leiten lassen, müssen die Besitzer lernen, nicht durch Körpersprache oder zu viel Bewegungen an der Leine falsche Signale zu geben. Milo findet sein Ziel dann auch. Bei Leo sieht man, dass er ganz anders sucht: Seine Nase ist viel häufiger am Boden oder an den Gegenständen, die sich auf Nasenhöhe befinden. "Ja", sagt Weidner, "die Art, wie die Hunde der Spur folgen, ist unterschiedlich." Leo läuft flott, sein Blick aus dem dunklen Gesicht ist konzentriert; seine langen Ohren schaukeln bei jedem Schritt. Zielsicher findet er das Ziel und Frauchen Nathalie Dorsch ist sehr zufrieden: "Wir gehen sonst zwei, drei Stunden spazieren, aber die Sucharbeit macht ihm vielmehr Spaß und er ist hinterher viel zufriedener." Lernen kann das jeder Hund, ist Weidner überzeugt, vom Dackel über die Französische Bulldogge bis zum Schnoodel oder Mischling ist alles bei ihm im Training dabei. So geht es noch den ganzen Tag weiter, Mensch-Hund-Teams wechseln sich ab auf dem Bauer-Gelände - jeder kommt, wann es zeitlich passt und muss nicht lange warten, bis er dran ist und man sieht es allen an: Das ist eine gute Art, Zeit miteinander zu verbringen.

Über suchhunde-donau-jura kommt man auf die Homepage und kann sich über das Mantrailing informieren. Wer ein Tier vermisst, kann Kontakt aufnehmen über die Tiersuch- Notrufnummer: (09497) 248315.

SZ