Aresing
Scharfe Kritik an der "Aresinger Bauwut"

Besucher der Bürgerversammlung holten zu einem Rundumschlag gegen die Baulandpolitik der Gemeinde aus

31.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:27 Uhr
Brennpunkt der Kritik an der Aresinger Baulandpolitik war der Süden des Hauptortes. Jenseits der Pferdekoppeln, die hier zu sehen sind, soll ein kleines Baugebiet mit insgesamt elf Parzellen entstehen - aus SIcht der Gemeinderäte und auch der Regionalplanung sollte es eigentlich ein gelungener Lückenschluss zu den allein stehenden Häusern an der alten Gerolsbacher Straße werden. Im Hintergrund zu sehen ist das große Baugebiet Hänggasse - es füllt sich aus der Sicht manches Gemeindebürgers deutlich zu schnell. Auch das Gewerbegebiet, das erweitert werden soll, liegt in der Nähe. −Foto: Hofmann

Aresing (SZ) Dass es kritische Bemerkungen wegen der Schule geben würde, damit hatte Bürgermeister Klaus Angermeier wohl gerechnet - er versuchte sie schon in seiner Ansprache zu entkräften. Dass er und seine Gemeinderäte aber bei der Bürgerversammlung für ihre Baulandpolitik derart abgewatscht wurden, kam dann wohl doch überraschend.

Als "Opfer der Aresinger Bauwut" bezeichnete sich ein Bürger, als er ans Mikrofon trat. Er bezog sich auf die Planungen "am Aderbach" - das verhältnismäßig kleine Baugebiet an der Gerolsbacher Straße, für das inzwischen Baurecht geschaffen wurde. Acht gemeindliche und drei private Plätze sind hier entstanden. Er habe Leute aus dem Münchner Raum gesehen, die sich die Grundstücke dort angesehen hätten, sagte der Bürger und wetterte: "Da werden künstlich die Baupreise hochgetrieben!" Er wollte deshalb wissen, welche Preise für die Grundstücke verlangt würden. "Wir haben noch gar keinen Preis festgelegt", antwortete Angermeier, schließlich wisse der Gemeinderat ja auch noch nicht, was die Erschließung kostet. Und mit den Preisen für die drei privaten Grundstücke habe die Gemeinde eh nichts zu tun. Im Übrigen sei der Bebauungsplan öffentlich ausgelegen, jeder hätte Stellungnahmen abgeben können.

Gegen den Bebauungsplan an sich habe er ja gar nichts, sagte der Bürger, nur dagegen, wie das Ganze abgelaufen sei. So seien die Anlieger und der bisherige Pächter vor vollendete Tatsachen gestellt worden, dass aus der Wiese nun Bauland werde. Und dann hätte auf einmal ein Kampfmittelräumdienst das Gelände durchsucht - "die haben keinen Ton gesagt, nicht zum Pächter und nicht zum Verpächter". Die Gemeinde sei nicht fähig, die direkt Betroffenen zu informieren. Hier widersprach Angermeier vehement: Noch bevor das neue Baugebiet ein Thema im Gemeinderat geworden sei, habe er den Pächter informiert. Der antwortete nun: Ja, aber da sei der Verkauf der Wiese schon gelaufen gewesen. Auch den Besuch des Kampfmittelräumdiensts habe er angekündigt, betonte Angermeier: "Ich habe angerufen, dass die kommen." Bei ihm selbst jedenfalls nicht, stellte der Pächter klar.

Generell war der Mann offenbar mit der Baulandpolitik der Gemeinde nicht einverstanden: So sei das große Baugebiet Hänggasse, das für viele Jahre habe reichen sollen, schon fast wieder voll. "Ich möcht' wissen, Klaus, warum pressiert's dir mit den Häusern so?", wandte er sich erneut an Angermeier - und dann an die rund 100 Besucher der Bürgerversammlung, wobei er sich erneut auf die Siedlung an der Gerolsbacher Straße bezog: "Glaubt's nicht, dass das Baugebiet für die Einheimischen ist!"

Beim Baugebiet Hänggasse, erklärte Angermeier bezüglich des Grundstücksverkaufs an Auswärtige, seien von den ursprünglich 90 Bauplatzinteressenten am Ende 25 übrig geblieben, davon seien 12 nicht aus der Gemeinde Aresing gewesen. Und das sei in Ordnung, "man sollte auch ein bisserl eine Mischung reinbringen und keine Inzucht", sagte Angermeier, wobei er letztere Bemerkung wohl in dem Moment, da er sie gesagt hatte, schon wieder bereute - er bekam dann auch ein paar Buh-Rufe dafür. Der Bürgermeister stellte aber auch klar: "Ab diesem Zeitpunkt haben wir keinem anderen als Gemeindebürgern einen Bauplatz verkauft." Ob ein privater Grundstückseigentümer, der durch eine Planung der Gemeinde Baurecht erhalte, die Plätze für seine Kinder verwende oder ihnen den Erlös aus dem Verkauf der Plätze gebe, liege nicht im Einflussbereich der Gemeinde.

Wieso müsse überhaupt alles im Süden von Aresing angesiedelt werden, meldete sich nun ein anderer Bürger zu Wort. Der Verkehr sei jetzt schon schlimm genug und werde immer mehr. In den 70er-Jahren, bei der Flurbereinigung, seien Flächen im Norden für Wohn- und Gewerbegebiete vorgehalten worden. Er wisse dazu nur, antwortete Angermeier, dass das Landratsamt gesagt habe, im Norden seien keine Gewerbeflächen möglich.

Aresing müsse auch Angebote für Einheimische schaffen, die sich kein Einfamilienhaus leisten könnten, hieß es nun. Auch Mehrfamilienhäuser sollten gebaut werden können. Das würde eher innerorts reinpassen, meinte Angermeier, in alte, nicht mehr genutzte Hofstellen zum Beispiel. Doch solche Flächen seien für die Gemeinde kaum zu bekommen - ein Vorhaben für eine Wohnanlage in Weham, das gut angelaufen sei, habe sich leider zerschlagen. Und die Nachfrage nach Baugrundstücken für Einfamilienhäuser sei weiterhin groß.

Schließlich machte ein Bürger auch die Erweiterung des Gewerbegebiets Süd zum Thema. Er wollte wissen, ob die Flächen schon verkauft seien. "Momentan ist nichts veräußert, wir sind in Verhandlung", antwortete Angermeier - man sei sich aber einig. Der Bürger hakte nach: Es werde gemunkelt, die Firma Bauer wolle alle zur Verfügung stehenden Flächen haben. "Wir sind in Verhandlungen, aber ich kann dir leider keinen Namen nennen", sagte Angermeier und verwies auf die Geheimhaltungspflicht bei Grundstücksgeschäften. Der Bürger versuchte es erneut: "Werden die ganzen Grundstücke an den Bauer verscherbelt?" Angermeier: "Die ganzen Grundstücke werden nicht an den Bauer verscherbelt."

Dennoch gab es Bedenken: Wenn Bauer den Großteil der neuen Gewerbeflächen bekomme, bleibe zu wenig für die kleinen Betriebe - und dann müsse erneut ein Gewerbegebiet ausgewiesen werden. Wenn Bauer erweitere, gebe es noch mehr Verkehr. Und außerdem habe Bauer einen Glasfaseranschluss bekommen, während für die Bürger seit Jahren nichts mehr gemacht werde in Sachen Breitband. Hier sorgte erst einmal Altbürgermeister Horst Rössler für Klarheit: Bauer habe seinen Glasfaseranschluss schon gehabt, bevor die Gemeinde ihr Netz überhaupt gebaut habe. Was die Bauer-Laster auf den Straßen angeht, sagte Vizebürgermeister Georg Hartmann: "Der Verkehr wird sogar weniger." Denn wenn Bauer in Aresing erweitere, müsse das Werk nicht mehr so oft von Schrobenhausen oder Edelshausen aus beliefert werden. Und Angermeier wies generelle Kritik an den Gewerbeansiedlungen zurück: Unternehmen zahlten Gewerbesteuer, und dieses Geld sei für die Gemeinde eine wichtige Einnahme, die sie zum Beispiel gut gebrauchen könne, wenn die Schule saniert oder neu gebaut werden muss.

Bernd Hofmann