Schrobenhausen
In diesem Haus muss jeder einmal lächeln

16.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:41 Uhr
Das Haus wurde 1531 gebaut, 2009 ist Cornelia Sichelschmidt mit ihrer Heilpraktikerpraxis dort eingezogen. −Foto: Budke

Schrobenhausen (SZ) Das Alte Spital in Hohenwart zählt zu den ältesten Gebäuden in der Region, die kein Museum sind. Hier findet das ganz normale Leben statt, und nicht nur das: Hier wird auch gearbeitet. Und es bleibt dabei seiner Geschichte treu und beherbergt Menschen mit heilenden Berufen.

Gleich neben dem Tor, das an die Marktkirche Maria Verkündigung grenzt und aus Hohenwart Richtung Paar herausführt, grenzt das Alte Spital. Den Namen trägt das Gebäude zu Recht, denn seit seiner Erbauung im Jahr 1531 steht es wohl im Dienste der Gesundheit. Ursprünglich als Unterkunft für Obdachlose und Speisestätte gegründet, wurde es in neuer Zeit von der Allgemeinärztin und langjährigen Hohenwarter Gemeinderätin Meina Blunck bewohnt. Sie hatte dort – wie sicher noch vielen bekannt – im Erdgeschoss ihre Praxis, während im obersten Stockwerk ihr Mann seiner Tätigkeit als Psychotherapeut nachging. 2009 ist in das Haus die Heilpraktikerin Cornelia Sichelschmidt mit ihrer Praxis eingezogen. 

„Das Haus bleibt in der Gesinnung“, sagt Sichelschmidt, denn nicht nur sie hat dort ihre Praxis, sondern auch ihre Tochter, die als Wirtschaftspsychologin arbeitet, sowie vier weitere Kollegen und Kolleginnen, die sich in irgendeiner Form der Heilung von Krankheiten verschrieben haben. Seit September 2017 bietet Sichelschmidt unter dem Namen „Akademie Altes Spital“ auch die Ausbildung zum Heilpraktiker sowie Schulungen und Kurse zu diversen Gesundheitsfragen an. 

Das Haus stehe jetzt seit mehr als 500 Jahren im Dienste der Menschen, meint Sichelschmidt. Sie betont: „Man hat ein Erbe – auch in Form von Gewissen!“ So fühlt sie sich dem Geist des Alten Spitals und nicht zuletzt Meina Blunck verpflichtet, von der sie das Haus 2009 übernahm. Die zupackende Art der Ärztin hat sie beeindruckt und auch das, was mit der Restaurierung des Hauses geschaffen wurde: Blunck ließ eine Fußbodenheizung installieren, die Fenster erneuern und fünf Dachgauben einbauen, damit der Dachboden des Hauses nutzbar wurde – gegen den ursprünglichen Willen der Denkmalschutzbehörde, denn für ein Haus aus dem Jahr 1531 waren Dachgauben eigentlich unmöglich. Außerdem machte Blunck den Turm über der Tordurchfahrt nutzbar. Dort hat Sichelschmidt nun einen Schulungsraum eingerichtet, die offene Konstruktion lässt den Blick auf das Dachgebälk frei. 

Reichlich Platz bietet das Haus: Zwei Räume befinden sich im Erdgeschoss mit Blick zur Kirchstraße. Hier beobachtet Sichelschmidt des Öfteren den Schulbusfahrer, der sich ärgern muss, weil die Straße vor ihrem Haus zugeparkt ist – nicht durch ihre Klienten, wie sie gleich ergänzt. 

Der hintere Teil des Spitals grenzt direkt an die Stadtmauer, das heißt, die Stadtmauer bildet tatsächlich die Rückwand des Hauses. Nur an einer Stelle wurde ein Durchbruch geschaffen – das ist der „Neubau“, der wahrscheinlich ungefähr 1780 entstanden ist. Hier befindet sich eine Küche, noch mit Mobiliar, wie Blunck es einbauen ließ. In der Wand erkennt man die Bögen der Stadtmauer, die kleinen Fenster erinnern an Schießscharten.

Überhaupt ist das Alter des gesamten Hauses überall zu sehen: Keine Wand ist gerade, weder in der Längs- noch in der Querrichtung, die Decken sind mal höher, mal tiefer, überall alte Balken, am Treppenaufgang ist es ratsam, den Kopf einzuziehen und dabei müssen die Tritte im Auge behalten werden, denn die Stufen sind nur knapp halb so hoch wie man es in DIN-Norm-Zeiten gewohnt ist, und zudem so schmal, das kaum ein Fuß in der ganzen Länge darauf passt. „Hier kann niemand durch das Haus schleichen“, lacht Sichelschmidt, und was sie meint, ist gleich klar: Das Holz knarzt bei jedem Schritt unüberhörbar. 

Überhaupt lacht Cornelia Sichelschmidt viel. Sie sagt: „Das Lachen gehört zum Haus“ und erzählt eine Geschichte, die sich bei der Eröffnung ihrer Praxis zugetragen hat: „Da stand eine Frau; ich weiß leider ihren Namen nicht. Sie sah etwas melancholisch aus und ich habe sie angesprochen, ob es ihr nicht gut geht. Doch, hat sie geantwortet. Es ist so, dass ich in diesem Haus geboren wurde und nur gute Erinnerungen daran habe. In diesem Haus wurde nie gestritten, aber es wurde immer viel gelacht.“ 

Jeder, der in das Haus komme, sagt die Heilpraktikerin, sei fasziniert und jeder, so habe sie beschlossen, müsse mindestens einmal lachen, bevor er hinausgehe. So hat sie das Haus von innen – nachdem sie unzählige Bücherregale von allen Wänden abgebaut hatte – von einer Ingolstädter Malerin mit Motiven und Sprüchen gestalten lassen: Eine Weide mit Hunderten von Blättern, ein Engel, Formen, Schriftarten und sanfte Farbtöne, die irgendwie historisch wirken. Auch wenn sie nicht dort wohnt, sondern den Kontrast zwischen ihrem modernen Zuhause und der Praxis in dem historischen Gebäude schätzt, Cornelia Sichelschmidt fühlt sich wohl in dem Alten Spital. „Das Haus hat mich gefunden“, ist sie sicher und lächelt schon wieder.