Schrobenhausen
Eine junge Frau mit Kämpferherz

SZ trifft die 17-jährige Sahra Heydari, die vor drei Jahren mit ihrem Vater aus Afghanistan nach Deutschland geflohen ist

14.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:24 Uhr
Sahra Heydari floh 2015 mit ihrem Vater von Afghanistan nach Deutschland. In diesem Jahr hat sie als Schulbeste ihren Quali absolviert, macht nächstes Jahr ihren Realschulabschluss und möchte eine Ausbildung als Krankenpflegerin absolvieren. −Foto: Foto: Blum

Schrobenhausen (SZ) Als 14-Jährige hat Sahra Heydari mit ihrem Vater ihre Heimat Afghanistan verlassen. Heute - drei Jahre später - lebt die junge Frau in Schrobenhausen, hat Deutsch-Kurse hinter sich, hat als Schulbeste ihren Qualifizierenden Mittelschulabschluss gemeistert und startet im September in die zehnte Klasse der Michael-Sommer-Mittelschule in Schrobenhausen, um ihren Realschulabschluss zu machen. Danach möchte Heydari eine Ausbildung zur Krankenpflegerin absolvieren.

Doch es war und ist nicht immer so leicht für die 17-Jährige: Da ihre Familie in Afghanistan der ethnischen als auch konfessionellen Minderheit der Hazara angehört, die in Afghanistan diskriminiert, verfolgt und sogar versklavt wurde, war die Familie in ihrer Heimat nicht mehr sicher. "Das haben wir nur in Afghanistan so erlebt, mit anderen Muslimen hier gibt es solche Probleme nicht", sagt Sahra. Als Angehörige einer Minderheit, gegen die politisch aktiv vorgegangen wird, kam es immer wieder zu lebensbedrohlichen Situationen - die Familie sah nur einen Ausweg: die Flucht aus Afghanistan.

"Groß geworden bin ich im Iran, versteckt bei Bekannten", erzählt die 17-jährige Sahra Heydari mit ruhiger Stimme. "Doch auch dort konnten wir nicht bleiben und mussten fliehen. " An der iranischen Grenze wurde die Familie von der Polizei entzweit. "Mein Vater konnte nichts tun und wir mussten in die Türkei fliehen, meine Mutter und Geschwister wurden weggebracht. "

Insgesamt zwei Monate waren sie und ihr Vater unterwegs, von der Türkei ging es mit dem Boot nach Griechenland und weiter über die Balkanroute nach Deutschland. "Deutschland war nicht unser Ziel, wir sind einfach los und wollten nur sicher leben", sagt Heydari. Auf der Flucht sei man nicht legal unterwegs und müsse da mitreisen, wo sich eine Gelegenheit ergibt und gerät so auch an Schlepperbanden. "Wir sind auch viel zu Fuß gelaufen, vor allem über die Berge war es sehr schwer", berichtet die Schülerin.

So kamen Sahra Heydari und ihr Vater nach Schrobenhausen und dürfen den Freistaat nicht verlassen. Abgeschoben werden Sahra und ihr Vater im Moment nicht, die Familie darf jedoch nicht nachziehen: "Meine Mutter und meine Geschwister sind vorerst in Sicherheit bei Bekannten, doch sie dürfen nicht legal nach Europa einreisen", erzählt Heydari. "Ich wünsche mir so sehr, bei meiner Mutter zu sein. Ich habe erfahren, sie ist an Krebs erkrankt. " Auch Sahras Vater ist auf der Flucht krank geworden, wurde in Österreich und später in Deutschland operiert, berichtet Heydari. "Ich musste versuchen, meinem Vater zu übersetzen, aber ich habe ja selbst kein Deutsch verstanden", erinnert sich die Schülerin.

In Deutschland angekommen, begann Sahra sofort, das deutsche Alphabet zu lernen, und wollte es auch ihrem Vater beibringen, der sich wegen seines Alters schwerer tat als die Jugendliche. "Über den Deutschkurs an der vhs in Schrobenhausen habe ich sehr viel Hilfe erhalten", sagt die junge Afghanin, "ohne die Hilfe von all den Menschen hier hätte ich vieles nicht schaffen können. " Damit meint Sahra Heydari ihren Deutschlehrer an der vhs, Wolfgang Murr, ihre Lehrerin an der Michael-Sommer-Mittelschule, Sabine Dommetshauser-Rupp, die Leute aus dem Jugendzentrum GreenHaus sowie Rudi Wimmer, der ehrenamtlich einen Nachhilfe-Kurs in Mathematik für Flüchtlinge gibt, die ihren Quali absolvieren. Die Kurse werden von ehrenamtlichen Mitarbeitern gegeben, Lehrmaterial wie Bücher wird über Spenden finanziert und kommt Menschen wie Sahra, die sich engagiert integrieren wollen, zugute. Zu 100 Prozent angekommen ist Sahra nicht. Noch wohnen sie und ihr Vater im Schrobenhausener Containerdorf, da es schwer sei - besonders mit der aktuellen Lage auf dem Immobilienmarkt -, eine Wohnung zu finden: "Ich verstehe das irgendwie, ich habe beobachtet, dass andere Ausländer Probleme gemacht haben, und wenn nur einer Ärger macht, fällt das dann auf uns alle zurück", sagt Heydari. Dennoch fühle sie sich in Schrobenhausen wohl und sicher, sie hat einen Ferienjob in der Küche des Freibads und kann sich so etwas dazu verdienen. Eine Rückkehr in die Heimat sei jedoch im Moment nicht möglich.

Wer die Arbeit der Ehrenamtlichen an der vhs unterstützen möchte, kann das mit einer kleinen Spende an folgendes Konto tun: Sparkasse Aichach-Schrobenhausen, IBAN: DE24720512100006258560. Die Spenden werden ausschließlich für Lehrmaterialien verwendet und kommen Menschen wie Sahra Heydari zugute und erleichtern ihnen die Integration in Deutschland.

Tina Blum