Schrobenhausen
Premiere für dramatisches Nachspiel

Dram-Film schließt "Spielen"-Trilogie ab und macht eigenem Namen alle Ehre

10.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:55 Uhr
Regisseur, Produzent und Autor Marcus Siebler (3.v.r.) stellte am Freitagabend einem breiten Publikum in Schrobenhausen sein "Nachspiel"-Team vor. −Foto: Budke

Schrobenhausen (SZ) Der Gerolsbacher Regisseur Marcus Siebler hatte mit seiner Schrobenhausener "Dram-Film"-Gruppe zur Fortsetzung der Veranstaltungsreihe "Shorts made in SOB" eingeladen und viele kamen. In diesem Rahmen fand am Freitagabend die Uraufführung des Kurzfilms "Nachspiel" vor gut gefüllten Kinoreihen im Herzoganger Filmtheater statt.

Das gerade mal 18-minütige Schauspiel blieb der Linie seiner beiden Vorgänger treu und zeichnete mittels schwelender Konflikte und offener Dramatik eine bedrückend-berührende Atmosphäre. Das ist schon beeindruckend, welch dichte Stimmungen in einem Film gezeichnet werden können, der kaum 20 Minuten dauert. Möglicherweise wird dies eben genau durch die Kürze der Filme erreicht: Kein unnötiges Beiwerk, keine Füll- oder Nebengeschichten, alles ist total konzentriert und essenziell.

Wer die Teile "Spielen" und "Vorspiel" gesehen hat, wird unbedingt wissen wollen, wie die Geschichte der beiden Paare Alexander (Andreas Birkeneder) und Ute (Eva Spann) sowie Michael (Stefan Reischl) und Hannah (Annika Ziegltrum) weitergeht. Natürlich läuft da nichts nach Plan: Alle vier befinden sich weiterhin in emotionalen Ausnahmesituationen, die sich für die Protagonisten durch ein dramatisches Ereignis bis zum Ende des Films beinahe unerträglich zuspitzen.

Der Zuschauer leidet mit: Zum einen, weil die Situationen so nachvollziehbar sind, zum anderen, weil Regisseur und Autor Marcus Siebler alle Register zieht. Mittels geschickter Inszenierung, eindringlichen Bildern und überzeugenden schauspielerischen Leistungen aller Darsteller ist ein Kurzfilm entstanden, der unbedingt sehenswert ist.

Die Premiere von "Nachspiel" bildete dabei am Freitag den Höhepunkt und Abschluss des Abends. Vorangegangen war die Aufführung von sieben weiteren, durchweg fesselnden Kurzfilmen, die zeigten, in welcher Bandbreite sich dieses Genre bewegt - sowohl thematisch wie auch in der Umsetzung. Die Schrobenhausener "Dram-Film"-Gruppe zeigte drei Filme: die anderen beiden Teile der Trilogie, "Vorspiel" und "Spielen" sowie "Wildschaden (One Shot)". Dieser Kurzfilm ist bereits zu einer gewissen Bekanntheit gelangt, denn er lief und läuft auf regionalen, überregionalen und sogar amerikanischen Festivals. Der Inhalt: Die Freizeit-Schauspielerin Stephanie Zella-Mehlis fährt auf dem Heimweg von der Probe ein Reh an. Während sie auf den Jäger wartet und telefoniert, ändert sich ihr Leben. Der Zusatz "One Shot" kann doppelt interpretiert werden: Der eine Schuss, mit dem der Jäger das Reh erlöst und die Tatsache, dass der Kurzfilm an einem Stück durchgedreht wurde.

Die anderen vier Streifen hat die Produktions-Crew Laspire aus Landshut gedreht und sich bei dem Publikum am Freitag reichlich Anerkennung verdient. "Die Wandlung" ist laut Marcus Siebler, der als Moderator durch das Programm führte, nicht jugendfrei, obwohl die jungen Männer den Film gemacht haben, als sie selber gerade 14 Jahre jung waren: Eine geplante Joggingrunde durch den Stadtwald nimmt solch einen horrorartigen Verlauf, dass mancher, der diesen Film gesehen hat und demnächst einen Waldspaziergang unternimmt, von einem mulmigen Gefühl begleitet werden könnte. Ein Kurzfilm, der echtes Albtraumpotenzial hat!

Ganz anders der zweite Film von Laspire: Ein Mann sitzt an einer Schreibmaschine und tippt einen Brief, den er sich quasi selbst diktiert. Alles deutet auf einen Abschiedsbrief vor einem Selbstmord hin. Dann gibt es einen Schnitt, Licht und Ton werden geändert und die Szene erneut gespielt. Plötzlich klingt der identische Inhalt wie ein Heiratsantrag - das ist überraschend und beeindruckend. Der Schlussgag - auf der Leinwand erscheint in großen Lettern "Torpedo 6 - die Schreibmaschine für jeden Anlass" - sorgt für reichlich Lacher bei den Zuschauern.

Der bisher einzige Animationsfilm von Laspire "Die Hummel" bezieht sich auf das sogenannte Hummel-Paradoxon, nachdem das Insekt aufgrund seiner aerodynamischen Voraussetzungen gar nicht flugtauglich wäre. Die Laspire-Hummel überzeugt mit naivem Lächeln bei ihrem Flug über bayrische Landschaften den Zuschauer vom Gegenteil.

Eher Tarantino-mäßig wirkt dagegen der vierte Streifen von Laspire und die jungen Männer geben ganz offen zu: "Im Hintergrund macht der Film schon Sinn, aber wir wollten ganz einfach mal ein Kneipenschlägerei filmen." Dabei betonen die Landshuter im Gespräch mit Marcus Siebler, wie wichtig der Ton beim Filmen ist: "Jedes Geräusch ist im Studio eingespielt. Beim 'Kopf auf den Tisch hauen' haben wir relativ viele Mangos und Frühlingszwiebeln zerstört!" Nicht zu übersehen und zu überhören, wieviel Spaß Laspire beim Dreh der Kurzfilme hat.

Siebler kann das gut nachvollziehen: Er setzt die Freunde aus Landshut mittels eingeschobener Interviews gut in Szene. Gleichzeitig ist ihm - zu Recht - der Stolz auf sein eigenes Team anzusehen. Er stellt alle Dram-Film-Mitglieder vor, die an dem Premieren-Film "Nachspiel" mitgewirkt haben und erklärt, warum das kleine Festival "Shorts made in SOB" heißt: "Es ist sehr viel Schrobenhausen in unseren Filmen: Drehorte, Darsteller aus der Stadt oder aus dem Umland." Und er betont: "Seit zehn Jahren hatte ausnahmslos jeder unserer Filme in Schrobenhausen Premiere." Da ist eine richtige Tradition entstanden.

Besonders freut es Siebler, dass er das Publikum an diesem Abend schon zum nächsten Event einladen kann: Vom 10. bis 12. Mai findet im Herzog-Filmtheater das Kurzfilm-Festival "BFF Fiction" statt, eine Veranstaltung des Bundesverbandes Deutscher Film-Autoren (BDFA), der der Dachverband der nichtkommerziellen Filmer in Deutschland ist. Wer sich mit dem Kurzfilm-Virus infizieren möchte, sollte sich diesen Termin unbedingt im Kalender notieren.

Heidrun Budke