Hörzhausen
Pflanzkartoffeln werden vorgekeimt

<Blau>NEUE SERIE: </Blau>Wir begleiten Landwirte durch das Jahr - Heute mit Josef Rail aus Hörzhausen (2)

16.03.2021 | Stand 23.09.2023, 17:25 Uhr
Fritz Endres
In Spezialkörben keimen die frühen Speisekartoffeln vor. Landwirt Josef Rail aus Hörzhausen kontrolliert den Keimvorgang. −Foto: Endres

Hörzhausen -"Früher war alles anders": Diese Haltung vieler Menschen bestätigt sich immer wieder.

Vor allem in der Landwirtschaft hat sich vieles geändert. In den Wintermonaten herrschte auf den Betrieben in der Vergangenheit mehr oder weniger Ruhe. Die Felder waren früher länger als heute zugeschneit und zugefroren. Auch dies hat sich grundlegend geändert.

Für Vollerwerbslandwirt Josef Rail in Hörzhausen ist der Arbeitstag in den Wintermonaten sehr intensiv. Bereits im Februar ist er mit den Frühkartoffeln beschäftigt. Damit sie frühzeitig gepflanzt und geerntet werden können, müssen sie vorkeimen. Dies ist noch immer reine Handarbeit. Der Landwirt bringt die Pflanzkartoffeln Anfang Februar in einen extra dafür vorgesehenen beheizten Raum im Nebengebäude auf dem Betrieb. Dort lagern sie am besten bei Temperaturen von 18 bis 22 Grad. Bereits im Januar hat er das Saatgut gekauft. Durch das Vorkeimen der Kartoffeln werden diese früher erntereif. "Die vorgekeimten Kartoffeln halten es auch in kälteren Böden besser aus und sind insgesamt robuster", erklärt der Landwirt den Aufwand mit seinen Speisefrühkartoffeln.

Bereits im Herbst des vergangenen Jahres musste der Landwirt das Saatgut für dieses Jahr bestellen. Im Januar hat er die Pflanzkartoffeln beim Lieferanten abgeholt. Nach dem Abladen wird das Saatgut in spezielle Vorkeimkisten gefüllt. Vorher müssen die Körbe gewaschen und desinfiziert werden. Dies dient dem Schutz vor Krankheiten. Bei Tageslicht lagern sie dort vier bis sechs Wochen. "Schon nach einigen Tagen sieht man, wie die Triebe langsam zu wachsen beginnen. Wichtig ist, dass die Raumtemperatur ziemlich konstant bleibt. Mit einem Thermometer überwache ich dies", erklärt Rail.

Zum Beheizen des Lagerraumes nutzt der Landwirt die Abwärme der zentralen Holzheizung, mit der er die kompletten Betriebsgebäude energetisch versorgt.

"Wir heizen schon seit Jahrzehnten CO2-neutral. Das Holz stammt aus unserem eigenen Wald", sagt der umweltbewusste Landwirt. Je nach Witterung wird dann im März gepflanzt. Dies geschieht mit einem hohem Arbeitsaufwand, da sehr sorgfältig gearbeitet werden muss, um die bereits vorgekeimten Kartoffeln nicht zu beschädigen. Auf die Frage, warum er diesen Aufwand betreibt, sagt Josef Rail: "Ich sorge dafür, dass meine treuen Kunden das ganze Jahr über frische Kartoffeln bekommen. Die Frühkartoffeln werden ausschließlich über die Direktvermarktung und regionale Verkaufsstellen veräußert. "

Außer mit den Vorbereitungen für die neue Aussaat ist Landwirt Rail in den Wintermonaten damit beschäftigt, sein Kartoffellager des vergangenen Jahres zu kontrollieren und abzubauen. Häufig ist er mit seinem Traktor und seinen beiden Anhängern zu den Abnehmern in der Region unterwegs. Der mittelständische Familienbetrieb produziert schon seit vielen Generationen Kartoffeln. Der Landwirt hat sein Sortiment auf drei Produktionszweige aufgeteilt. Auf etwa 40 Prozent seiner Kartoffelanbaufläche werden Veredelungskartoffeln angebaut. Die Abnehmer kommen aus der Kartoffelindustrie, die sie zu Pommes frites, Rösti oder Kroketten weiterverarbeiten. Sie sind in der nahen Region angesiedelt.

Rail hat sich für zwei Sorten entschieden: Lady Amarilla und Agria. "Frühe, mehligkochende Speisesorte mit Eignung für Pommes frites, ovale, formschöne Knollen, tiefgelbe Fleischfarbe, mittel bis hohe Marktwarenerträge, mittlerer bis hoher Knollenansatz mit durchschnittlichen Anteilen an Übergrößen, Stärkegehalt zirka 13 bis 16 Prozent mit sehr geringer Anfälligkeit für Beschädigungen", wird die Sorte Lady Amarilla beschrieben. Agria ist eine mittelfrühe gelbfleischige Pommes-Sorte mit hohem Ertrag und überdurchschnittlichem Anteil an Übergrößen. "Knapp die Hälfte meiner Kartoffeln sind Speisekartoffeln. Die Vermarktung erfolgt über verschiedene Abnehmer in der Region", führt Rail weiter aus. Auch hier hat er sich für einige Sorten entschieden: Annabelle, Bernina, Queen Anne, Torenia, Quarta, so heißen die Sorten des beliebten Knollengemüses. Annabelle ist eine sehr frühe bis frühe Kartoffel-Speisesorte mit ausgezeichneter Salateignung, festkochend, tiefgelbes Fleisch, mittlere Sortierung, sehr guter Geschmack. Die Sorte stammt aus Holland und wurde 2002 für den deutschen Markt zugelassen und hat sich mittlerweile bestens etabliert. Bernina ist eine langovale Salatsorte mit flacher Augenlage und feiner Schale. Geschmacklich besticht sie durch ihre feine Art und das milde Aroma. Sie ist gut lagerbar mit hoher Keimruhe und hat sich einen großen Marktanteil erobert. Auf rund 15 Prozent von Rails Anbaufläche werden Stärkekartoffeln der Sorten Smaragd und Saprodi angebaut. Abnehmer dafür ist die Stärkefabrik in Schrobenhausen. "Mit diesem Sortenmix kann ich flexibel auf die Situation auf dem Markt reagieren", erläutert der Landwirt seine Strategie.

Alle Speisekartoffeln, die aufgrund der hohen optischen Anforderungen des Lebensmitteleinzelhandels nicht vermarktet werden können, werden aussortiert und bei der Futterherstellung für die Rinder mitverarbeitet. Damit schließt sich der Kreislauf.

SZ

Fritz Endres