Schrobenhausen
Pfarrer und Fußball - wer ist ein echter Fan?

Vom Versuch, einige der örtlichen Seelsorger auf einen Tipp fürs Ungarn-Spiel festzulegen

22.06.2021 | Stand 23.09.2023, 19:19 Uhr
Einige der Seelsorger im Schrobenhausener Land: (v.l.) Ludwig Michaele, Michael Menzinger, Roy Augustine und Gerhard Rupprecht. −Foto: SZ

Schrobenhausen - Wie bringt man einen Pfarrer am Telefon zum Lachen? Tatsächlich, in dem man mit ihm über Fußball redet. Bayern oder 60, Müller oder Goretzka - bei Glaubensfragen wie diesen wirds durchaus lustig.

Pfarrer Michale

Das Telefon klingelt in Langenmosen. "Fußball?", fragt Pfarrer Ludwig Michael nach - und lacht. Die Zeitung ruft an und will nichts zu Kardinal Marx oder Zölibat wissen? Tatsächlich. Ja, er sei natürlich auf dem Laufenden sagt er. Wie sich die Schanzer machen, die Löwen, die Bayern, die Augsburger und natürlich auch die Clubberer. Pfarrer Michale möchte da schon mitreden können.

Und schaut er Fußball auch live? Fußball im Radio hören, das mag er, erwidert er, und da ist er ja beileibe nicht der einzige. Im Stadion ist er allerdings nicht so oft. Klar, vor Corona, da war er schon bei der DJK Langenmosen zu Gast, und nicht nur einmal. Ehrensache. Aber Bundesliga- oder gar Länderspiele? Eher nicht so.

Er denkt nach. "Ich war früher mal bei den Augsburgern im Stadion", erzählt er. Allerdings war das zusammen mit dem Vater, und damals spielte noch Helmut Haller. Ist also schon ein bisserl her ...

Aber ein WM- oder EM-Finale, das hat er doch bestimmt schon mal gesehen? Da lacht er wieder, der Herr Pfarrer. Ja, hat er. Sogar zwei: Wembley. Das war 1966. Und München. 1974, als Student in Freiburg. Dann wurden solche Spiele zum Radio-Genuss.

Wie wärs mit einem Tipp, Herr Pfarrer? Wetten, dass er eine Antwort hätte? Aber er bleibt Diplomat und hält sich lieber zurück. Muss er ja auch. Kraft Amtes. Der Herr liebt schließlich alle seine Schäflein. Aber wenn es Jogis Jungs am Ende schaffen würden, ein bisserl würde es ihm wahrscheinlich schon gefallen, dem heimlichen Fußball-Kenner Ludwig Michale.

Pfarrer Menzinger

Anruf in der Stadtpfarrei. Belegt. Also Anruf in Weilach. Die Zeitung, oje. Aber es geht nicht um Maria Beinberg, sondern tatsächlich um die andere Gretchenfrage - und, wie hält er's mit dem Fußball? Die Antwort kommt prompt: "Einmal Löwe, immer Löwe!" Da schau her. Da kennt ja einer das Glaubensbekenntnis der Blauen! "Selbstverständlich", sagt Pfarrer Menzinger, "aber leider spielen die Löwen ja in einer anderen Liga." Da wird niemand widersprechen.

Und sein Tipp fürs Ungarn-Spiel? Seine Antwort geht so: "Die Ungarn sind stark. Ein wirklich schwerer Gegner." Und? Der Tipp? "Von meiner europäischen Grundhaltung wünsche ich natürlich beiden Mannschaften, dass sie gewinnen ..." Ob der Herr Pfarrer schon gehört hat, dass es eine Fernsehsendung gibt, in der man für solche Antworten fünf Euro ins Phrasenschwein werfen muss? Ja, kennt er. Er lacht. Und der Tipp? "Es wird knapp", sagt er nur und lacht wieder, mehr ist ihm da nicht zu entlocken.

Aber wie er zum Löwen-Fan wurde, das erzählt er gern. Michael Menzinger stammt ja aus Hollenbach, und daher kommt auch Christoph Burkardt, der es zu den Löwen schaffte. Als sich ihm zu Ehren ein Hollenbacher Sechzger-Fanclub formierte, war er dabei.

Und wie schauts aus mit dem Fußballschauen? Bei den Sechzgern, da war er schon öfter im Stadion, erzählt, zu den Fußball-im-TV-Guckern gehört er aber eher nicht. Damit aber kein falscher Eindruck entsteht: Er kennt sich schon aus. Wirklich! Am Fernseher aber gehört er zu denen, die nur gelegentlich bei einem Spiel hängenbleiben. Vielleicht ja jetzt gegen Ungarn? Nun, das möchte der Pfarrer nicht ganz ausschließen. Es lebe die Diplomatie ...

Pfarrer Roy

Anruf in der Stadtpfarrei. Der Anrufbeantworter. Zweiter Versuch in Hohenwart: Anrufbeantworter. Zweiter Versuch in Waidhofen. Hier hebt jemand ab. Pfarrer Roy ist bekanntlich fit, man kann ihn ab und an joggen sehen. Und was ist mit Fußball? "Fußball?", fragt er nach - und lacht. Ja klar, habe er schon ein EM-Spiel gesehen, sagt er. Und er hofft auch, dass das nicht das letzte gewesen sein wird. "Ich bin zwar kein besonderer Fußballfan", erzählt er, "aber ab und zu schaue ich mir schon ein Spiel an."

Die ganz große Tradition hat Fußball im Land, in dem er aufgewachsen ist, ja auch nicht. Kricket, das ist in Indien viel weiter vorn. Als Kind in der Schule habe er beides gespielt, erzählt er. Aber gekickt wurde da nicht so, wie man es hier und heute kennt. "Wir hatten einen Kautschuk-Ball ..." Da muss er nicht weiterreden, das waren ganz andere Voraussetzungen.

Aber natürlich weiß er um die Bedeutung von Fußball hierzulande. Und weil er hier lebt, drückt Pfarrer Roy natürlich auch Jogis Jungs die Daumen. Und ein Spieltipp ...? Nein, da möchte er sich vielleicht doch nicht aus dem Fenster lehnen.

Diplomatie scheint zum katholischen Theologiestudium dazuzugehören ...

Pfarrer Rupprecht

Anruf in der Stadtpfarrei. Eine Pfarrsekretärin hebt ab. Die Pfarrer seien grade alle im Unterricht, vielleicht am Nachmittag ...? Leider sind dann schon andere Interviews vereinbart. Aber das Spiel gegen Ungarn wird ja hoffentlich nicht die letzte Gelegenheit gewesen sein, auch wenn Müller ausfällt.

Dritter Versuch in der evangelischen Christuskirche. Jetzt ist er da, Pfarrer Gerhard Rupprecht. Ob er wohl tippen mag? "Wer immer sich niederkniet und den Fußballgott anfleht, der kann gleich einpacken", sagt er - und lacht. Er macht keinen Hehl draus, dass er schon gerne mal Fußball schaut. Wobei er auch einer derer sei, die sehr zwischen dem Sport und dem Geschäft unterscheiden.

Und? Hat er einen Lieblingsverein? "Von meiner Herkunft her könnte ich schon Clubberer sein", sagt er. Aber da muss man ja so viel wegen der Niederlagen und Abstiege leiden ... Aber die Löwen, die seien ihm durchaus sympathisch. Weil das mal der Verein für die ehrliche Arbeiterschicht war.

Und das Ungarn-Spiel? Siehe da: Er traut sich. "3:1 für Deutschland", sagt Pfarrer Rupprecht. Ob er das Spiel auch anschaut? Statt einer Antwort erzählt Pfarrer Rupprecht diese Geschichte: Bei einem Spaziergang am Samstagabend kurz nach 18 Uhr, da sei ihm und seiner Frau eine weißhaarige, ältere Dame mit weit aufgerissenen Augen begegnet. "Wir haben sie gleich gefragt, ob alles in Ordnung ist und ihr etwas Wasser angeboten", erzählt Pfarrer Rupprecht. Aber die Dame habe nur abgewunken und gerufen: "Ja gibts denn sowas: Zwei junge Leute, die keinen Fußball schauen ..." Da hat er dann ganz schön geschaut, der gar nicht mehr so ganz junge Herr Pfarrer.

SZ

Mathias Petry