Gerolsbach
Noch 2,5 Millionen Euro bis zur völligen Autarkie

Studie der Technischen Hochschule Ingolstadt beinhaltet interessante Überlegungen

15.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:14 Uhr
Wie an der Uni: Der Vortrag von Hochschulprofessor Peter Weitz war mit Zahlen gespickt. −Foto: Hofmann

Gerolsbach (bdh) Klarer 3:1-Sieg von Gerolsbach gegen Schweitenkirchen: Peter Weitz, an der Technischen Hochschule Ingolstadt Professor für unter anderem Qualitätsmanagement und Energieeffizienz, hatte zusammen mit seinen Studenten die Einrichtungen der beiden Gemeinden verglichen. Unterm Strich hat Gerolsbach bei der Effizienz seiner Kläranlage und beim Autarkiegrad klar die Nase vorne, bei der Wasserversorgung können beide Gemeinden noch ein wenig mehr herausholen - hier gibt's also einen Punkt für jeden.

Die drei Teilbereiche, die er und seine Studenten im Rahmen eines Projektes untersucht und durchgerechnet hatten, stellte Weitz den Gemeinderäten nacheinander vor. Los ging es mit einer für die Gemeinde erfreulichen Aussage: "Ihre Kläranlage ist wunderbar in Form", sie habe einen sehr niedrigen Energieverbrauch. Was an sich kein Wunder ist - die Anlage ist so gut wie neu. Sie sei, sagte Weitz weiter, auch eher eine Messlatte für Schweitenkirchen gewesen - bei der dortigen Abwasserbeseitigung gebe es noch Nachholbedarf. Einen Verbesserungsvorschlag für die Gerolsbacher hatten die Hochschüler dennoch erarbeitet: Auf dem Gebäudedach könne man für den Eigenverbrauch eine Photovoltaikanlage mit 21 Kilowatt Maximalleistung (kWp) installieren - die sei in achteinhalb Jahren abbezahlt und sorge ab dann alljährlich für 3500 Euro Einsparung.

Nicht ganz so up to date ist die Gerolsbacher Wasserversorgung. Hier haben Weitz und seine Studenten einen jährlichen Energieverbrauch von 140000 Kilowattstunden verzeichnet - wobei sie einen nicht unerheblichen Anteil, nämlich 28000 Kilowattstunden, keinem der bekannten Stromverbraucher der Wasserversorgungsanlage zuordnen konnten. Wohin diese Energiemenge verschwindet, sei nicht zu klären gewesen. Eine - zumindest in diesem Sinne - positive Fügung war, dass ausgerechnet im Untersuchungszeitraum eine der beiden Brunnenpumpen endgültig den Dienst quittierte. Mit einem Vorher-Nachher-Vergleich konnten die Studenten so ermitteln, dass die neue Pumpe um 20 Prozent weniger Strom braucht als die alte. Folgerichtig sahen sie Einsparpotenziale bei der zweiten, noch alten Brunnenpumpe, die zudem einen ungünstigen Wirkungsgrad habe, und rechneten das durch. Weitz empfahl den Gemeinderäten, auch für Brunnen Nummer zwei eine neue, 16000 Euro teure Pumpe zu kaufen - das Geld sei nach sieben Jahren eingespart. Zudem könne mit einer Photovoltaikanlage auf dem Hochbehälter Strom für den Eigenverbrauch erzeugt werden - das amortisiere sich dann ebenfalls nach sieben Jahren.

Schließlich kam der Professor auf den Autarkiegrad zu sprechen: "Das ist ein erfreuliches Thema", stellte er fest. Denn Gerolsbach erzeuge 31 Gigawattstunden Strom pro Jahr - bei einem Verbrauch innerhalb der Gemeindegrenzen von 9,3 Gigawattstunden. Das bedeute einen theoretischen Autarkiegrad von über 300 Prozent - "da könnte sich", meinte Weitz, "die Gemeinde Schweitenkirchen eine Scheibe abschneiden". Denn die kommt, trotz ihrer beiden Windräder, nicht einmal auf 100 Prozent.

Allerdings läuft es in Gerolsbach auch nur dann gut, wenn der Wind weht und die Sonne scheint, denn für die Grundlast sorgen nur die Biogasanlagen. "Momentan liegt Ihr echter Autarkiegrad bei 92 Prozent", erklärte Weitz - das ist der Wert, der ohne Wind- und Sonnenstrom erreicht werden kann. Um auf 100 Prozent zu kommen, hatten der Professor und seine Studenten ausgerechnet, müssten 15000 Kubikmeter Biogas vorrätig gehalten werden. "Das ist technisch machbar", meinte Weitz, aber für die Speicherung und den Generator wären Investitionen in Höhe von 2,5 Millionen Euro nötig. Würden die getätigt, könne Gerolsbach wirklich alle Stromleitungen an der Gemeindegrenze kappen und sich vollständig selbst versorgen. "Die Frage ist nur: Macht das Sinn?" Die offensichtliche Antwort lieferte Peter Weitz gleich mit: Nein, macht es nicht, denn dann könnte Gerolsbach, wenn Wind und Sonne gut arbeiten, seinen überschüssigen Strom ja auch nicht ins Netz einspeisen. "Sie würden 20 Gigawattstunden wegschmeißen", sagte Weitz und stellte fest: "Eine lokale Autarkie macht wirtschaftlich keinen Sinn." Wobei dieser Teil der Studie - im Gegensatz zu den Empfehlungen bei Kläranlage und Wasserwerk - auch nicht auf die Realität abgezielt habe: "Das ist natürlich eine akademische Betrachtung."