Berg im Gau
Netzbetreiber lassen Berg im Gau verhungern

"Menschen zweiter Klasse": Bei der Bürgerversammlung erzählt Helmut Roßkopf von dem Problemen beim Breitbandausbau

30.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:31 Uhr
Nicht ganz so voll wie sonst war der Saal bei der Bürgerversammlung, die diesmal in Lampertshofen stattfand. Dennoch waren wieder weit mehr als 100 Berg im Gauer gekommen, um den Vortrag von Bürgermeister Helmut Roßkopf (vorne) zu hören und mit ihm zu diskutieren - unter anderem über die Breitbandversorgung. −Foto: Hofmann

Lampertshofen (SZ) Auf eine Wortmeldung zum Thema Breitbandausbau schien Helmut Roßkopf bei der Bürgerversammlung am Freitagabend förmlich gewartet zu haben. Denn als der Berg im Gauer Gemeindechef darauf antwortete, entlud sich der ganze Frust, der sich in den vergangenen Jahren offenbar angestaut hat.

Was sich beim Internetausbau getan hat? Nun, das könne er schon beantworten, sagte Roßkopf. Die Gemeinde habe einen Förderbescheid von der Bundesnetzagentur bekommen, das sei ganz erfreulich, denn das heiße: "Wir werden gefördert und wir bauen dieses Glasfasernetz aus." Mit 30 Mbit Mindestversorgung. Und dann kam es, das große Aber: "Momentan ist kein Betreiber auf dem Markt willig, das Netz in Berg im Gau zu betreiben." Wenn man nachfrage, warum das so sei, bekomme man als Antwort: Es sei wirtschaftlich nicht rentabel.

Daraufhin habe er die beiden Bundestagsabgeordneten angeschrieben, die sich um Berg im Gau kümmern - seit September 2017 ist das der Freisinger Erich Irlstorfer, davor war es der Eitensheimer Reinhard Brandl (beide CSU). Brandl habe ihm geantwortet und zugesagt, sich für die Gemeinde einzusetzen, berichtete Roßkopf, "der andere hat sich gar nicht gerührt".

Kritik, er kümmere sich nicht genügend um den Breitbandausbau, wollte Roßkopf nicht gelten lassen: "Ich bin wirklich permanent dran." Auch die Probleme mit der bestehenden Internet- und Telefonversorgung, zum Beispiel im Gartenweg, wo es wochenlang keinen Empfang gab, seien ihm bekannt. Es sei aber schwierig, bei der Telekom oder anderen Netzanbietern durchzudringen. Sie ließen die Gemeinde "am ausgestreckten Arm verhungern", meinte Roßkopf: "Das ist traurig, so was. Da kommst du dir vor wie Menschen zweiter Klasse."

Mit ihrer Funkmastlösung habe die Gemeinde vor einigen Jahren bei der Breitbanderschließung "ein totes Pferd gesattelt", gab ein Bürger zu bedenken. Auch das wies Roßkopf zurück: Die Gemeinde hätte damals gar keine andere Möglichkeit gehabt. Die Lösung der Telekom sei damals um 300000 Euro teurer gewesen - hätte sich der Gemeinderat damals dafür entschieden, hätte Berg im Gau nicht nur diese Mehrkosten tragen müssen, sondern auch noch rund 180000 Euro staatliche Fördergelder verloren. Solche "Luftsprünge" könne sich eine kleine Gemeinde finanziell unmöglich leisten.

Das gelte auch heute noch. Würde die Gemeinde selbst die Glasfaserleitung nach Klingsmoos verlegen lassen, die für die Breitbandversorgung nötig wäre, müsste sie 1,5 Millionen Euro zahlen. Das sei unmöglich. Aber Roßkopf will an dem Thema dran bleiben und auch bei den Mobilfunkanbietern nicht lockerlassen. "Wir haben sogar schon einen Rechtsanwalt eingeschaltet", sagt er.

Bernd Hofmann