Schrobenhausen
Mehr als Tango

Gelungener Abschluss der Konzertsaison: Martin Franke, Iris Lichtinger und Christian Gerber brillieren im Musikschulpavillon

18.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:59 Uhr
Präsentierten einen höhrenswerten Ausflug in die Welt des Tango: Martin Franke an der Geige, Iris Lichtinger am Piano, und Christian Gerber am Bandoneon beim letzten Pavillonkonzert der Saison 2018/2019. −Foto: Dürrmann

Schrobenhausen (SZ) Tangogenuss pur in Schrobenhausen! Zum Abschluss der Reihe der Pavillonkonzerte in der Städtischen Musikschule präsentierte der künstlerische Leiter Rainer Maier mit Iris Lichtinger am Piano, Martin Franke an der Geige und Christian Gerber am Bandoneon hervorragende Musiker, die die Klangwelt des Tango Nuevo des Komponisten Astor Piazolla exzellent intonierten.

Sprecherin Katja Schild erzählte Anekdoten aus dem Leben des argentinischen Bandoneon-Spielers und Komponisten - die Zuhörer waren begeistert.

"Tanzfläche wäre vorhanden", so beendet der Leiter der Musikschule Schrobenhausen, Rainer Maier, seine Begrüßungsrede und verursacht damit Gelächter im wieder vollbesetzten Pavillon. Wird sich jemand trauen, Tango vor all den Besuchern zu tanzen? Noch dazu zu den Werken des argentinischen Komponisten Astor Piazolla, die im traditionellen Sinne oft nicht mehr tanzbar sind, sondern im erster Linie zu Zuhören gedacht sind? Dazu später.

Schon bei den ersten Klängen des Stückes "Bando" von Piazolla merken die Zuhörer, dass sie an diesem Sonntagabend mit außergewöhnlicher Musik von meisterhaften Künstlern verwöhnt werden, von Tonkünstlern, die ihre gemeinsame Leidenschaft Tango unter der Überschrift "Mas Que Tango" (mehr als Tango) ausleben. Da ist Christian Gerber, einer der gefragtesten und vielseitigsten Bandoneonisten. In der musikalischen Entwicklung des Tango Nuevo hat das Bandoneon den prägenden Einfluss. Besonders in dem Solostück "Che Bandoneon" stellt Gerber seine immense Virtuosität unter Beweis, denn mit geschlossenen Augen spielend scheint er förmlich mit dem Instrument zu verschmelzen.

Dann ist da Pianistin Iris Lichtinger, die alles, was sie auf ihrer Webseite schreibt, nämlich künstlerische Exzellenz und fesselnde Expressivität, auch im Pavillon der Schrobenhausener Musikschule verströmt. Hervorragend ergänzt werden die beiden durch Martin Franke, einem langjährigen Mitglied der Augsburger Philharmoniker. Er spielt sein Instrument, die Geige, mal mit flammender Leidenschaft, mal mit zarter Melancholie, mal zupft er darauf herum oder schlägt auch mal mit dem Bogen auf die Saiten. Aber alles in meisterlicher Manier.

Bei dem Werk "Oblivion" ("Vergessen") zeigt das Trio die ganze Bandbreite des Tangos. Das Stück wandelt sich von einem langsamen Tango zu einem klassischen Konzertstück. Der Komponist Astor Piazolla, ein Wanderer zwischen den Welten der Klassik, des Jazz und seiner ursprünglichen Musik, schuf hier seinen Nuevo Tango.

Apropos Astor Piazolla. Eine weitere charmante Dame auf der dezent beleuchteten Bühne des Musikpavillon, Katja Schild, liest aus dem Leben des argentinischen Bandoneon-Spielers und Komponisten und entführt ihre Zuhörer aus dem Musikschulpavillon hinein in die Welt des Begründers des Tango Nuevo, der ein Weiterentwicklung des traditionellen Tango Argentinos ist. Vor allem erzählt die vom Fernsehsender Arte und aus dem Bayerischen Rundfunk bekannte Sprecherin mit toller Mimik und beeindruckender Stimme Anekdoten aus dem bewegten Leben des Künstlers. So sollen seine ersten Musikstunden bei einem italienischen Lehrer für den kleinen Astor ein Desaster gewesen sein. Andererseits lernte er dort etwas anderes: wie man am besten eine Tomatensoße zubereitet, nämlich mit Basilikum und geröstetem Knoblauch. Bewegend dann die Beschreibung, wie sehr Piazolla von der Nachricht vom Tod seines Vaters Vincente "Nonino" Piazolla getroffen war. Astor soll daraufhin in weniger als einer Stunde das Werk "Adios nonino"(Adieu, Väterchen) komponiert haben. In der musikalischen Interpretation durch die Künstler ist all diese Traurigkeit und Zerrissenheit förmlich zu spüren.

Die Konzertbesucher spenden begeisterten Applaus und werden mit einer Zugabe belohnt. Und am Ende dieser Konzertsaison bleibt eigentlich nur eines zu sagen: Rainer Maier hat wieder einmal ein sehr gutes Gespür bei der Auswahl seiner Konzerte bewiesen. Eine Besucher meinte sogar: "Für mich war das heute das Highlight." Und nun zur Auflösung der eingangs gestellte Frage: Nein, Tango zu tanzen, hat sich niemand getraut. Aber muss ja auch nicht sein, wenn man dem Tango auch so toll lauschen kann.

Erhard Dürrmann