Schrobenhausen
MBDA investiert ins Thema Hyperschall

Schrobenhausener Unternehmen arbeitet an Lenkflugkörpern, die schneller als Mach5 fliegen können

05.06.2019 | Stand 02.12.2020, 13:48 Uhr
Mit einem Flugkörper wie diesem knackte die LFK Schrobenhausen im Oktober 2003 in Kooperation mit der Bayern-Chemie die siebenfache Schallmauer in Bodennähe und bewegte sich damit im Bereich des Hyperschalls. −Foto: Wolfgang Bredow

Schrobenhausen (SZ) Hyperschall - das klingt nach Science Fiction, ist es aber nicht.

Spätestens seit Russland Ende Dezember erfolgreiche Tests mit der Rakete Avangard meldete, die schneller als Mach5 fliegen kann, ist ein neues rüstungspolitisches Kapitel aufgeschlagen. "Das neue Avangard-Raketensystem ist von heutiger und zukünftiger Raketenabwehr nicht zu bezwingen" - das waren die Worte von Staatspräsident Wladimir Putin bei einer Pressekonferenz an Weihnachten 2018. Bei der Rüstungsfirma MBDA Deutschland mit Sitz in Schrobenhausen will man das so nicht stehen lassen. Wie unsere Zeitung erfuhr, arbeitet man bereits am Thema Luftabwehr von Hyperschallraketen.

Hyperschall nennt man den Bereich zwischen fünf- und zehnfacher Schallgeschwindigkeit. Und die Schrobenhausener fangen nicht bei Null an. Die Tochterfirma LFK hatte im Jahr 2003 einen Weltrekord aufgestellt: Ein Hyperschallflugkörper beschleunigte damals auf einem Versuchsgelände in Meppen auf über sieben Mach in Bodennähe, also auf 8644 Stundenkilometer oder 2,3 Kilometer pro Sekunde. Die damalige LFK knackte den Rekord damals mit Hilfe eines Triebwerks, das von der MBDA-Tochter Bayern-Chemie konzipiert wurde. Nach Informationen unserer Zeitung handelt es sich dabei um ein Triebwerk, das bei dem gut 100 Kilogramm schweren Flugkörper 23 Tonnen Schub entwickelte. Nach dem Weltrekord wurde das Projekt Hyperschallflugkörper allerdings eingemottet - kein Interesse, weil es kein entsprechendes Bedrohungsrisiko gab. Nach der Ankündigung Putins zum Jahreswechsel sind die Karten allerdings neu gemischt.

Bei der MBDA Deutschland bestätigte man gestern auf Anfrage unserer Zeitung, dass das Unternehmen ins Thema Hyperschall investiere, mit dem Ziel, der neuen Raketengeneration aus Russland etwas entgegensetzen zu können. Denn zurzeit gebe es wohl nichts auf dem Markt, nur China verfügt zurzeit über Hyperschalltechnologie.

Wladimir Putin hatte Ende Dezember erklärt, Ziel der Avangard-Flugkörper sei es, damit US-amerikanische Luftabwehrsysteme auszuhebeln. In Medienkreisen wurde damals spekuliert, die Präsentation des neuen Programms sei die Antwort Russland auf die Ankündigung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, den INF-Abrüstungsvertrag von 1987 zu verlassen.

Der Geschäftsführer der MBDA Deutschland, Thomas Gottschild, berichtete zu diesem Themenkreis allgemein, das Unternehmen nutze aktuelle Trends wie Cybersicherheit, Hyperschall und KI, um die eigenen Produkte weiterzuentwickeln, und warb im selben Atemzug für nationale und internationale Kooperationen. Der Leiter des Bereichs Geschäftsentwicklung, Peter Heilmeier, bestätigte auf Anfrage unserer Zeitung, dass es nicht nur eine Absichtserklärung für den Einstieg ins Thema Hyperschall gebe, sondern dass dafür bereits finanzielle Mittel freigegeben wurden.

Wie unsere Zeitung erfuhr, wird zurzeit konkret geforscht, welche Kraft allein die kinetische Energie in diesen Geschwindigkeitsdimensionen entwickeln kann.