Schrobenhausen
Zwischen Jubel und Frust

Ein etwas genauerer Blick in die Ergebnislisten der Landtagswahlen im Stimmkreis Neuburg-Schrobenhausen

15.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:40 Uhr
Ein Bild, das Bände spricht: Als die ersten Hochrechnungen über den Fernsehbildschirm flimmerten, war der SPD die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, vor allem Stadtrat Heinz Schafferhans (links) und Direktkandidat Andreas Fischer. Grund zur Freude hatte hingegen AfD-Kandidatin Christina Wilhelm (unten), die im Gasthaus am Auwaldsee in Ingolstadt die Wahl verfolgte und sich über den Einzug ihrer Partei in den Landtag freuen konnte. −Foto: Kretzmann/Heimerl

Schrobenhausen (SZ) 37 Prozent für die CSU in Rohrenfels, 38,2 in Scheyern.

2,2 Prozent für die SPD in Langenmosen, 2,6 in Berg im Gau - das sind Werte, die hätte man bei den etablierten Volksparteien noch vor ein, zwei Jahren für undenkbar gehalten. Jetzt sind sie Realität. Die CSU hat in allen Ecken des Stimmkreises Neuburg-Schrobenhausen Federn gelassen - teilweise massiv. Gewonnen haben durch die Bank die Freien Wähler, und das so gut wie ohne Ausreißer nach unten. Überall um die zehn Prozent, nur nach oben gab es für die Parteifreunde von Gauland, Weidel, von Storch und Höcke ein paar Spitzen.

Der Blick in die Ergebnisliste offenbart es: Die CSU stürzt ab - teilweise um fast 40 Prozent. Setzten in Karlshuld 2013 noch 65,1 Prozent ihr Kreuzerl beim Listenvorschlag 1, so waren es am Sonntag nur noch 29,2 Prozent. "Wenn man das nur an den nackten Zahlen festmacht, ist das aber nicht ganz fair", merkte Kreisvorsitzender Alfred Lengler gestern an, "denn vor fünf Jahren sind wir mit dem amtierenden Ministerpräsidenten angetreten. " Und damals war Horst Seehofer ja noch unantastbarer Heilsbringer der Schwarzen. Insofern hat er, wie er selbst sagt, das Minus von 20 Prozent gut weggesteckt. "Das ist ein Riesenpfund, aber wir wussten ja, was auf uns zukommt, wir kannten die Umfragen ja auch. "

"Meine Stimmung war am Sonntagabend sehr gut, denn wir haben unseren Kandidaten durchgebracht, das zählt in erster Linie. Das freut mich für ihn von ganzem Herzen. Matthias Enghuber ist ein junger Mann, der mit den anderen Kandidaten einen famosen Wahlkampf geführt hat. " Und: "Wir hatten mit dem amtierenden Landrat einen starken Gegner", merkt Lengler weiter an.

Der zog in seiner Heimatgemeinde erwartungsgemäß ordentlich davon: Weigert fuhr in seiner Heimatgemeinde 39,5 Prozent ein. Und auch andernorts im Stimmkreis sieht es ähnlich aus im Vergleich der beiden Kontrahenten Enghuber und Weigert: Landete die CSU 2013 in Bergheim noch bei 69,8 Prozent waren es am Sonntag gerade noch 42,9. Langenmosen vermeldete bei der letzten Wahl mit 77,9 Prozent das beste Ergebnis stimmkreisweit für die CSU, dieses Mal waren es noch 40,3. Das beste Ergebnis für die FW war vor fünf Jahren aus Waidhofen gemeldet worden. Heuer reichte es nur noch für 34,8 Prozent.

Die meisten Erststimmen holte Weigert allerdings nicht in Karlshuld, sondern in Brunnen: 44,4 Prozent (2013: 7,1). Am schlechtesten schnitt der amtierende Landrat in Gerolsbach und Scheyern ab - beides Gemeinden im Landkreis Pfaffenhofen: 18,0 und 19,3 Prozent (2013: 6,9 und 8,9). Hat er da etwa vergessen, Wahlkampf zu machen? "Neinnein, ich war mehrfach dort", erwiderte Weigert, darauf angesprochen. Offensichtlich habe er dort nicht genügend Menschen erreicht.

Die Grünen konnten in Gerolsbach ihre Stimmen verdoppeln: auf 13,5 Prozent - 2013 waren es hier nur 6,6 Prozent. Am wenigsten grün wählten die Bürger in Berg im Gau: 3,7 Prozent (2013: 2,5).

Die Linke konnte ihr Ergebnis aus der vorangegangenen Landtagswahl nicht wirklich steigern: Im gesamten Stimmkreis kam sie nicht über 2,0 Prozent bei den Erststimmen. 2013 waren es 1,9 Prozent. Die meisten Wähler setzten ihr Kreuzerl bei den Linken in der Stadt Neuburg mit 2,8 Prozent (2013: 3,2) und in Oberhausen mit 2,6 Prozent (2013: 2,9) - wo übrigens SPD-Kandidat Andreas Fischer mit 9,1 Prozent sein bestes Ergebnis im Landkreis holte. Am schlechtesten schnitt der SPD-Bewerber in Brunnen ab: Da holte er nur 1,2 Prozent der Stimmen.

Schrobenhausen war mal eine SPD-Stadt. Fritz Stocker, Albert Schnell, später noch Helmut Eikam als Vize-Bürgermeister - hier gab es einmal eine rote Tradition. Davon ist jetzt nicht mehr viel über. Schlappe 6,8 Prozent gegenüber 14,6 Prozent vor fünf Jahren - das muss doch wehtun, oder nicht, Robert Huber? "Es ist bitter für die Kandidaten, die einen guten Wahlkampf gemacht haben", sagte er am Montag. Zentrales Thema der SPD sei das Wohnen gewesen, "das hat beim Wähler nicht gezündet", stellte er fest.

Im Landestrend steigern konnten die Freien Demokraten ihr Ergebnis aus 2013 - landeten aber in keiner einzigen Gemeinde im Stimmkreis über vier Prozent. Am schlechtesten schnitt die FDP in Königsmoos ab (1,8 Prozent; 2013: 0,9), am besten in Hohenwart (3,8; 1,5).

Eine kleine Erfolgsgeschichte, wenn auch eine für die Statistik, schrieb Christian Ferstl von der Bayernpartei, der in Waidhofen und Weichering (mit je 3,7) und in Karlskron (mit 3,9 Prozent) Werte erreichte, die nicht mehr alle Volksparteien überall schaffen.

Und die AfD? Christina Wilhelm konnte in Königsmoos und Karlskron offenbar überzeugen und überflügelte das Landesergebnis um zwei Prozent: In Königsmoos kam Wilhelm auf 13,4 Prozent, in Karlskron auf 13,2 Prozent - die besten Ergebnisse im Stimmkreis. Die wenigsten die AfD angekreuzt hatten die Bürger in Brunnen (9,5), die Gachenbacher (9,3) und die Langenmosener (8,8).

Die schlechteste Wahlbeteiligung im Stimmkreis muss übrigens die Stadt Neuburg vermelden: Hier gingen nur 66,24 Prozent an die Urnen - weit weniger als im Landesschnitt. Am meisten mobilisierte Berg im Gau: Hier gingen 82,69 Prozent zur Wahl.

Und wie sah das Wahlergebnis im Schrobenhausener Stadtgebiet im Detail aus? Hier gab es tatsächlich keine massiven Ausreißer innerhalb der Wahlbezirke, wobei die Unterscheidung eh immer schwieriger wird: Fast die Hälfte der Wähler hatten ihre Stimmzettel in diesem Jahr nämlich daheim ausgefüllt: 4158. In die Wahllokale waren 4487 gegangen.

Weitere Stimmen zum Wahlausgang zu bekommen, war gestern gar nicht so einfach; etliche potenzielle Ansprechpartner taten gestern etwas, was man heutzutags gar nicht mehr so gewöhnt ist: Sie schalteten ihr Handy aus. Das soll aber manchmal für die Lebensqualität nicht von Schaden sein.
 

Marco Schneider