Schrobenhausen
KEB-Vortrag zur Sprache der Nazi-Zeit

03.03.2021 | Stand 06.03.2021, 3:34 Uhr

Schrobenhausen - Die Katholische Erwachsenenbildung verfolgt weiter ihr Online-Vortragsprogramm.

Vorsitzender Stephan Witetschek beschäftigt sich am kommenden Montag mit dem Thema "Braune Sprache damals und heute - Streifzug durch Relikte der Nazisprache".

Grundlage des Vortrags ist das Buch "LTI - Lingua tertii imperii" zur Sprache des Dritten Reiches. Der Romanist Viktor Klemperer (1881 bis 1960) hat dieses sprachkritische Werk zwei Jahre nach Kriegsende veröffentlicht; in mehrfacher Auflage erschien es mit verschiedenen Untertiteln, auch als "Notizbuch eines Philologen". Klemperer konnte dafür auf seine eigenen umfassenden Aufzeichnungen zurückgreifen. Er hat zeitlebens Tagebuch geführt, besonders akribisch in den Jahren des Nationalsozialismus, in denen ihm, dem jüdischen Hochschullehrer in Dresden, erst die Lehrerlaubnis entzogen und dann das eigene Haus weggenommen wurde. Vor einer Deportation ins KZ bewahrte ihn die Ehe mit einer deutschen, nach damaligem Sprachgebrauch "arischen" Frau.

In seiner Bilanz der Nazi-Sprache erfasste Klemperer alle Wörter und Redewendungen - zumeist geprägt und ausgerufen von Joseph Goebbels -, mit denen sich die Nazis besonders martialisch gebärdeten. Sie schufen manches verführerische Muster, das unter den Anhängern geradezu süchtig aufgenommen wurde. Viele Begriffe wurden richtig volkstümlich und so manche fanden sich unkritisch im Sprachgebrauch der Nachkriegszeit wieder.

Zusätzlichen Reiz findet das Thema Klemperer an der Tatsache, dass seine am Kriegsende niedergeschriebenen Ereignisse in den regionalen Raum Aichach-Schrobenhausen hereinreichen. In den Tagen nach der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 flüchtete das Ehepaar, er riss sich den Judenstern von seiner Kleidung und in den Wirren der letzten Kriegswochen kamen die beiden nach Unterbernbach. In seinen Aufzeichnungen beschreibt Klemperer die wirren Verhältnisse jener Tage in Aichach, Inchenhofen, Paar, Kühbach, Halsbach und auch Hörzhausen. Diesen biografischen Part des Themas behandelt Franz Josef Mayer.

Der Vortrag über die LTI bildet auch einen Beitrag zum 2021 ausgerufenen Gedenkjahr über "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland". Der Vortrag zur LTI beginnt am Montag, 8. März, um 19 Uhr und ist über den Link https://live. keb-augsburg. de/keb-fj6-mad-hl6 erreichbar.

mbs