Hohenwart
Gemischte Gefühle

In Hohenwart, Gerolsbach und Scheyern reißen auch alte Wunden auf

30.08.2012 | Stand 03.12.2020, 1:07 Uhr

Direktkandidaten unter sich: Karl Straub (rechts) tritt bei der Landtagswahl für den Stimmkreis Pfaffenhofen für die CSU an, Horst Seehofer – hier bei seinem Hohenwart-Besuch – aller Voraussicht nach für den neuen Stimmkreis Neuburg-Schrobenhausen - Foto: Gegger

Hohenwart/Gerolsbach/Scheyern (SZ) Die Ankündigung, dass Ministerpräsident Horst Seehofer im neuen Stimmkreis Neuburg-Schrobenhausen als CSU-Direktkandidat für den Landtag antreten will, hat nicht nur Jubel ausgelöst. Vor allem in den Gemeinden Scheyern, Hohenwart und Gerolsbach, die bei der Stimmkreisreform gegen ihren Willen den Nachbarn zugeschlagen wurden, herrschen bei den Christsozialen gemischte Gefühle.

Auf erhebliche Kritik ist die Stimmkreisreform beim Gerolsbacher CSU-Ortsvorsitzenden Jakob Buchberger gestoßen. „Wir wollten sie nicht, wir haben uns gewehrt – aber es ist halt so gekommen“, sagt er und weißt die Mär weit von sich, von Seehofers Kandidatur keine Kenntnis gehabt zu haben. „Das war uns allen schon immer bewusst. Und jetzt müssen wir eben so loyal sein, das zu akzeptieren.“ Dagegen zu sein, würde den Gemeinden schlichtweg nicht weiterhelfen. „Wir werden diese Periode aussitzen. Danach hat auch wieder ein Kandidat aus dem Stimmkreis eine Chance“, fügt er an. Völlig im Unklaren ist sich Buchberger darüber, wie Seehofer die Ortsvereine und die Gemeinden denn eigentlich im Alltagsgeschäft betreuen möchte. Als Ministerpräsident werde er sich darum wohl kaum großartig bemühen können. „Im Grunde bräuchten wir einen zweiten Mann, der sich konkret um uns kümmert“, sagt Buchberger, der dabei ein wenig auf Schützenhilfe aus Pfaffenhofen hofft.

„Uns war schon längere Zeit bewusst, dass Horst Seehofer es macht“, sagt auch Gerolsbachs CSU-Bürgermeister Martin Seitz. „Ich empfinde das aber nicht als Nachteil.“ Im Gegenteil: Seine Gemeinde würde im Falle eines Wahlsiegs immerhin einen Ministerpräsidenten als Landtagsabgeordneten haben. „Die Stimmkreisreform macht das aber nicht wett“, stellt Seitz klar. „Mir wäre es lieber gewesen, wenn wir bei Pfaffenhofen geblieben wären.“ Weiter auf der unliebsamen Reform herumreiten will der Bürgermeister aber nicht: „Ich hoffe, dass das Thema jetzt endlich abgeschlossen ist und Ruhe einkehren kann.“

Sein Hohenwarter Bürgermeisterkollege Manfred Russer – in Personalunion auch CSU-Ortsvorsitzender – ist da weniger versöhnlich, auch wenn sein Groll sich nicht gegen Seehofer richtet, sondern gegen Innenminister Joachim Hermann und den CSU-Fraktionsvorsitzenden im Bayerischen Landtag, Georg Schmid. Die beiden hatten den drei betroffenen Gemeinden damals falsche Hoffnungen gemacht – und aus Russers Sicht brauchen sie sich gar nicht mehr in Hohenwart blicken lassen. „Die haben uns verarscht“, wettert er – „und das können Sie auch so schreiben!“ Dass Seehofer, der Russer in seiner Gemeinde auch weiterhin willkommen sei, Direktkandidat im neuen Stimmkreis werden will, überrascht Russer nicht. „Er hatte bei der Rathauseinweihung in Gerolsbach schon so etwas angedeutet“, erinnert der Hohenwarter Bürgermeister sich. „Aber unabhängig von der Art und Weise, wie die Stimmkreisreform gelaufen ist, kann dem Stimmkreis Neuburg-Schrobenhausen und Hohenwart nichts besseres passieren.“ Und wenn sowohl Seehofer als auch der Pfaffenhofener CSU-Direktkandidat Karl Straub sich 2013 durchsetzen würden, könne seine Gemeinde auf zwei christsoziale Stimmkreisabgeordnete zurückgreifen. „Ich gehe davon aus, dass der Direktkandidat in Pfaffenhofen gewinnen wird, auch wenn es enger wird als sonst, weil mit Gerolsbach und Hohenwart zwei CSU-Hochburgen aus dem Stimmkreis wegfallen“, sagt Russer.

Deutlich mildere Worte kommen aus Scheyern. Dort nimmt der CSU-Ortsvorsitzende Martin Koch den Ministerpräsidenten kurzerhand beim Wort. „Seehofer ist in der Pflicht, für uns sein Bestes zu geben. Das hat er versprochen, und das werden wir auch einfordern“, sagt er. Koch ist es wichtig zu betonen, das der zusätzliche Stimmkreis die Region insgesamt stärkt. „Scheyern muss dabei zwar das größte Opfer bringen, aber trotzdem sind wir keine Verlierer, sondern profitieren auch davon.“ In jedem Fall ist ihm der Kandidat Seehofer lieber als ein in Scheyern eventuell völlig unbekannter Parteifreund aus Neuburg. „Das ist für uns die beste Lösung, die uns mit der Reform zumindest ein wenig versöhnt“, ergänzt Koch.

Scheyerns Bürgermeister Albert Müller von der Wählergruppe Gemeinde Scheyern, also das einzige betroffene Gemeindeoberhaupt ohne CSU-Parteibuch, sieht die Seehofer-Kandidatur politisch gelassen – auch den Beigeschmack, dass der Ministerpräsident sich seinen Stimmkreis selbst zugeschnitten haben könnte. „Irgendeinem muss so etwas immer dienen“, sagt Müller. Das ändere aber nichts daran, dass die Stimmkreisreform „geografisch nicht nachvollziehbar und unsinnig“ gewesen sei.