Hohenwart
Die erste Äbtissin des Klosters war eine Gräfin

17.02.2010 | Stand 03.12.2020, 4:15 Uhr

Wird leicht übersehen: Das Relief der Hl. Drei Könige. - Foto: Perlinger

Hohenwart (SZ) Nähert man sich der Gemeinde Hohenwart, gleich aus welcher Richtung kommend, so fällt einem zunächst ein großer Kirchenbau auf der Anhöhe auf – der Klosterberg, ein Quell spannender Geschichten aus der Vergangenheit.

Die Anfänge des Benediktinerinnenklosters reichen bis ins elfte Jahrhundert zurück. Bischof Embricho von Augsburg hatte damals die ursprüngliche Klosterkirche am 13. Mai 1074 geweiht, wie aus einer schriftlichen Quelle hervorgeht, die sich in der Staatsbibliothek München unter der Bezeichnung Clm 7384,106 und 108 f finden lässt.

Gräfliche Gründer

Gründer dieses Klosters allerdings waren die Grafen von Hohenwart, denen die Wittelsbacher, die Welfen und Ebersberger vorangegangen waren. Die Zerstörung ihrer Burg, die sich wohl an der Stelle des heutigen Klosters befand, war vermutlich der Anlass für Graf Ortulf (gestorben 1077) und seine Schwester Wilitrudis (gestorben 1081), das Kloster zu gründen und damit den Fortbestand des Besitzes in andere Hände zu legen. Allerdings wurde Wilitrudis die erste Äbtissin des neu gegründeten Klosters.

Das Kloster war mit einem umfangreichen Besitz ausgestattet, der sich über Gebiete am Starnberger See, in Tirol, im unteren Inntal und in Brixen im heutigen Südtirol erstreckte. Der Fingerzeig, der diese Besitzungen verdeutlicht, ist der Heilige Romedius, der als Altarheiliger eines 1480 geweihten Altars in der ehemaligen Klosterkirche genannt wird. Ansonsten wird dieser Heilige im Inntal verehrt, wo die Herren von Hohenwart Besitzungen hatten. Außerdem findet sich bei dem im Inntal gelegenen Kloster Georgenberg ein Hinweis auf den Grafen Otto von Hohenwart – ein Heiliger kann eben nicht nur religiöse Bedeutung haben, sondern weist in Regel auch auf weltliche Herrschaftsverhältnisse hin.

Historische Mauerreste

Die heute von der Regens-Wagner-Stiftung genutzten Klostergebäude beinhalten nur in wenigen Teilen historische Mauerreste, so einen heute freigelegten Teil eines Mauerwerks des Bergfrieds aus den Jahren um 800 nach Christus sowie Gewölbereste aus der frühen Klosterzeit, die sich allesamt im Bereich der heutigen Klosterkapelle finden. Frühe klösterliche Aufzeichnungen über Grund und Boden und die darauf lebenden Menschen finden sich im ersten Salbuch von Hohenwart aus dem Jahre 1420, die meisten Besitzungen befanden sich damals in Strobenried, Westerbach und Oberlauterbach.

Die ersten Besitzaufzeichnungen des Klosters stammen bereits aus dem Jahre 1245. 1485 fand man aufgrund der Hinweise im "Goldenen Buch" von Hohenwart in Anwesenheit des Generalvikars Heinrich von Lichtenau aus Augsburg in einer Gruft die Gebeine der seligen Richildis und der Heiligen Juliane, deren Verehrung selbst den damaligen Nonnen des Klosters seit etwa 100 Jahren unbekannt war. Dieses Ereignis war die Grundlage für die so genannte Richildis-Wallfahrt, die nach diesem Fund einsetzte und die vom Ablass des Papstes Innozenz III. von 1488 begleitet war.

"Goldenes Buch"

Bis zum heutigen Tag hält das "Goldene Buch" von Hohenwart – heute im Besitz der Bayerischen Staatsbibliothek München – wegen seiner kunsthistorischen Bedeutung den Namen Hohenwart hoch. Dieses Buch ist in die Zeit um 1190 zu datieren, wenn man die Abbildung des Heiligen Georg als zeitgenössische Darstellung der Datierungseinschätzung zugrunde legt. Der heutige Einband des Buches stammt aus der Zeit um 1700. Leider brannten 1516 Teile des Klosters mit dem Archiv nieder, so dass die Überlieferung teilweise nur aus Abschriften von Unterlagen, die aus anderen Klöstern stammen, rekonstruiert werden kann. 1546 plünderten schmalkaldische Truppen das Kloster.

Bisher wenig beachtet ist die Tatsache, dass sich Quellen finden, die für das Jahr 1551 eine Konventsliste des Klosters im Kurbayerischen älteren Archiv erhalten haben, die den Namen der Priorin Scolastica von Pappenberg genauso beinhalten wie die Namen der zehn Klosterfrauen, die der drei Klosterschwestern und das Dienstpersonal mit sechs Personen angeben. Eine ähnliche Liste besteht für 1590.

Noch heute ist in der ehemaligen Klosterkirche das Relief "Die Anbetung des Jesukindleins durch die Heiligen Drei Könige" aus dem Jahre 1620 zu finden, in einer Querung zur Längswand angebracht, so dass man es leicht übersehen kann. In den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges wurde das Kloster durch die Schweden geplündert und das Pfarrhaus niedergebrannt. Der Hohenwarter Konvent musste 1632 in der Festung Ingolstadt im Franziskanerkloster Gnadental Schutz suchen. Erst drei Jahre danach konnten die Hohenwarter Schwestern wieder in ihr Kloster zurückkehren. Nach dem Ende des Krieges sorgte die Äbtissin Anna Johanna Siebenaicher für die größte Glanzphase des Klosters.

Der Verfall des Klosters wurde durch die Säkularisation in den Jahren 1802/1803 eingeleitet. Damals wurde das Kloster aufgelöst und der Besitz an den Staat übertragen. Versteigerungen von Teilen des Klosters erfolgten. Die Kernteile des Klosters blieben jedoch erhalten und konnten zunächst nicht veräußert werden.

Wiederaufstieg

Erst 1876 erwarb Regens Wagner die leer stehenden Gebäude und errichtete eine neue Taubstummenanstalt, die 1878 eröffnet wurde. Ab dieser Zeit beginnt der Wiederaufstieg des Klosters mit einer wesentlich geänderten Nutzung. Das Kloster selbst ist heute nur ein kleiner Teil der umfangreichen Aus- und Neubauten.