Schrobenhausen
"Habe mich persönlich angegriffen gefühlt"

Aktionsbündnis "Rettet das Goachat" reagiert verärgert auf die Vorwürfe der CSU

14.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:38 Uhr
Diese "gesammelten Werke des Raumordnungsverfahrens hätte sich der Bürger kurz mal im Waaghaus anschauen sollen", echauffiert sich Klaus Toll (l.). Mitstreiterin Regina Hilg habe "sich reingefuchst und das Ganze kurz und knackig auf zwei Seiten runtergrebrochen", sagt Maxi Schwarzbauer (r.). Zusammen mit Linda Siegl und Reinhold Deuter (Mitte) bilden sie den Sprecherkreis von "Rettet das Goachat". −Foto: De Pascale

Schrobenhausen (SZ) Ziemlich angefressen sind die Sprecher des Aktionsbündnisses "Rettet das Goachat". Bei einem Pressegespräch, um das das Bündnis gebeten hatte, um von den geplanten Aktionen zur Vermeidung der Südwesttangente zu berichten, ging es auch um die jüngsten Aussagen aus den Reihen der CSU.

Ein Flyer, den die CSU derzeit unters Volk bringt, in dem sie zu Problemen rund um den Bau der Südwesttangente Stellung nimmt sowie Lösungen vorschlägt, stößt bei den Herrschaften vom Aktionsbündnis auf Kopfschütteln. Darin hat die CSU beispielsweise eine Route eingezeichnet, die von der Stadtmitte nach Hörzhausen führt und diese als "üblichen Spazierweg durch das Goachat" betitelt. Schmarrn, sagen die Goachattrassengegner Klaus Toll, Maxi Schwarzbauer und Reinhold Deuter. Kaum einer laufe von der Stadtmitte bis nach Hörzhausen. Und wolle man diesen Weg gehen, "braucht man Schwimmflügel" , schließlich führe der mitten durch die alte Paar und einen seinerzeit geschaffenen Retentionsraum.

Dass "die Volkspartei CSU um eine offene Diskussion bemühten Bürgern Unsachlichkeit und zu viel Emotionalität" vorwerfe, "im gleichen Text aber falsche Zahlen schreibt, finde ich eine Frechheit", schimpft Toll. Schließlich bezögen sich die darin aufgeführten 6100 Fahrzeuge, um die laut Planer der innerstädtische Verkehr täglich entlastet würde, auf Südwesttangente und Ostumgehung gemeinsam. Überhaupt das Thema Emotionen: Natürlich sei sachlich zu diskutieren wichtig, sagt Reinhold Deuter. Aber, wirft Klaus Toll ein: "Ich kann auch in einer Sachdiskussion Emotionen zeigen." Und Maxi Schwarzbauer ist überzeugt: "In wenigen Dekaden wird das emotionale Problem durch den Klimawandel ein großes faktisches Problem."

Auch über die Aussage, "Kinder sind keine Plakatständer", ärgert sich Maxi Schwarzbauer. "Die Kinder sind in der Naturschutzgruppe, wissen, worum es geht, und waren megastolz, teilnehmen zu dürfen." Dann das Thema Flächenverbrauch: "Das ist in dem Flyer sehr manipulativ dargestellt", findet Reinhold Deuter. Der enormen Flächenfraß mit sich bringende Kreisverkehr, die 750 Meter breite An- und Abfahrtsspur sowie die Brücke fehlten komplett. Übrigens sei auf die betroffenen Grundstückseigentümer noch niemand zugegangen. "Offiziell wissen die von nichts", so Toll. Generell finden es die Trassengegner unfair, wenn Befürworter immer wieder nach professionellen Gegenvorschlägen verlangten. Vielmehr sei die Politik gefordert. "Wenn die von den Bürgern erwarten, dass ihnen Entscheidungen und das Bringen von Vorschlägen abgenommen werden, sollten sie schleunigst runter von ihrem Stadtratssessel!"

Auch in dem Punkt sind sich die Trassengegner einig: Eine allumfassende Planung bezüglich Stadtentwicklung, neuer Wohn- und Industrieflächen und Natur müsse her. Denn auch das Verkehrsgutachten aus dem Jahr 2016 sei schon wieder überholt. Neue Baugebiete seien danach entstanden und weitere Neubauten, etwa auf dem Reifen-Schubert-Gelände, geplant - was dann ja wieder ganz andere Verkehrsflüsse in der Innenstadt auslöse. "Ich bin Realist", sagt Klaus Toll, "die Stadt muss wachsen, aber die Natur darf diesem Wachstum nicht zum Opfer fallen." Die Alternativen zur Trasse indes habe die Stadt längst verbaut.

Die im Raum stehenden Kosten von 23 Millionen Euro für das Projekt wären in einem vernünftigen Verkehrskonzept samt kostenlosem ÖPNV nach Pfaffenhofener Vorbild wesentlich besser investiert, finden die drei. "Man erkennt das Paradox der CSU daran, dass sie selbst den Antrag für einen kostenlosen ÖPNV gestellt haben - jetzt sagt Herr Banzhaf, der würde sowieso nicht angenommen", wundert sich Maxi Schwarzbauer, die hinter alledem Taktik bezüglich der anstehenden Kommunalwahlen vermutet. "Ein Pseudo-Antrag", stimmt ihr Klaus Toll zu. Generell handle es sich bei der Südwesttangente um ein 40 Jahre altes Konzept. "Das muss auch die CSU mal lernen, dass wir andere Zeiten haben", sagt Toll. Immerhin gebe es heute Möglichkeiten, "die vor 30 Jahren noch Science Fiction waren."

Maxi Schwarzbauer erkennt in der geplanten Trasse auch eine Signalwirkung in eine ihrer Meinung nach völlig falsche Richtung: "Wenn ich eine solche Straße baue, will ich doch, dass die Leute ins Auto steigen. Warum probiert man gar nichts anderes? Für mich ein klares Zeichen, dass dazu der politische Wille fehlt." Das große Ganze werde übersehen, echauffiert sie sich, also neben dem innerstädtischen Verkehr beispielsweise auch Anbindungen an die Nachbarstädte oder nach Petershausen im Blick zu haben. Die CSU schreibe auch, man bekomme zwei kreuzungsfreie Bahnübergänge, dabei plane die Deutsche Bahn mit einem neuen Verkehrswegeprinzip ja auf kreuzungsfreie Übergänge umzurüsten, gibt Klaus Toll zu bedenken.

Generell bestehe das Bündnis aus einer breiten unabhängigen Front sämtlicher Altersstufen, "nicht nur aus reinen Naturschützern, sondern auch aus Menschen, die sagen: Das ist verkehrsplanerisch ein Schmarrn!", berichtet Maxi Schwarzbauer. Auch die Erfahrungen am jüngsten Samstags-Markt zeigten: Zwar schlage man sich mit "Fakes und Halbwissen" herum - dass die Trasse in Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz stünde etwa -, dennoch bekomme man viel positives Feedback. "Die Leute checken, dass es an der Zeit ist, die Stimme zu erheben", ist Schwarzbauer überzeugt. Das will das Bündnis auch nach Ablauf der Einwendungsfrist am 10. Mai tun, versichert Toll - und, wenn nötig, "Klagen bis zum Schluss". Anfang Mai plant das Bündnis eine Demo in der Innenstadt, die allerdings genehmigungstechnisch noch nicht in trockenen Tüchern ist. Und bezüglich des Unterschriftensammelns: "Da schwingen wir uns jetzt gerade warm", meint Maxi Schwarzbauer vielsagend.

Auch die Pressemitteilung der CSU zur anstehenden Radltour beschäftigt die drei. "Als ich den Artikel gelesen habe, war ich echt sauer und fühlte mich persönlich angegriffen", gesteht Maxi Schwarzbauer. Der Vorwurf, man habe die Meinungshoheit für sich gepachtet - "eine Frechheit! Wir waren halt einfach aktiver."

Ute De Pascale