Gerolsbach
Gemeinderätin Schütz-Finkenzeller will nicht zustimmen, ohne die Kosten zu kennen

Die komplizierte Sache mit den Ingenieurverträgen

19.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:38 Uhr

−Foto: Hofmann, Bernd, München

Gerolsbach (bdh) Sie ist grundsätzlich weder gegen Hochwasserschutz noch gegen einen Radweg von Junkenhofen Richtung Stadelham oder gegen die Neugestaltung des Kindergartenvorplatzes - das hat Annette Schütz-Finkenzeller (UB) in der jüngsten Gerolsbacher Gemeinderatssitzung klargestellt. Warum sie doch gegen den Abschluss von Ingenieurverträgen für diese Projekte gestimmt hat? Weil in den Beschlussvorlagen keine Kosten genannt waren - sie könne doch nicht Ausgaben zustimmen, deren Höhe sie nicht kenne, sagt Schütz-Finkenzeller.

Damit spricht die Gemeinderätin ein Problem an, das es sicherlich nicht nur in Gerolsbach gibt: Planungsleistungen werden in der Regel aufgrund der Bausumme berechnet. Dafür gibt es die HOAI, die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. In der stehen auf mehr als 100 Seiten eine Unmenge an Zahlen, ist die Rede von Leistungsphasen und Honorarzonen. Dort lässt sich also für jede erdenkliche Art von Planungsleistung im kommunalen Bauwesen genau ablesen, wie viel ein Ingenieur oder Architekt bekommt. Wenn man denn weiß, wie teuer das Projekt wird.

Und das ist oft nicht der Fall. Beispiel Hochwasserfreilegung: Wenn in der Gerolsbacher Ortsmitte demnächst ein Kreisverkehr gebaut wird, bekommt die Sankt-Andreas-Straße eine neue Brücke. Die kann - je nachdem, wie groß sie bemessen ist - zum Hochwasserrückhalt beitragen. Für weitere Schutzmaßnahmen wie Ableitungsbauwerke, Dämme und Becken wird nun eine Objektplanung benötigt. Was das Ganze kostet? Unbekannt. Bekannt ist laut Sitzungsvorlage neben dem Leistungsumfang nur: Der Ingenieur wird nach HOAI bezahlt. Er wird stufenweise beauftragt (dafür sind in der HOAI neun Leistungsphasen von der Grundlagenermittlung über die Ausführungsplanung bis hin zur Objektbetreuung festgelegt). Und er gibt vier Prozent Nachlass. Doch was die Gemeinde unterm Strich überweisen muss, kann derzeit noch nicht gesagt werden.

Genauso sieht es bei der Planung für einen Geh- und Radweg zwischen Junkenhofen und der Landkreisgrenze Dachau aus. Für die einzelnen Leistungsphasen ist eine Vergütung nach HOAI vorgesehen, es gibt vier Prozent Nachlass - aber Bausummen, die als Berechnungsgrundlage dienen, finden sich nirgends. Deswegen stimmte Annette-Schütz Finkenzeller gegen den Abschluss dieses Ingenieurvertrags. Wie übrigens auch Stefan Maurer (fraktionslos). Der hatte einen anderen Kritikpunkt: Die Gemeinde Gerolsbach beauftrage immer wieder das Ingenieurbüro Wipfler - das habe ja schon ein Monopol. Er schlug vor, auch mal andere Büros zum Zuge kommen zu lassen. Als Grund für die Wahl von Wipfler nannte Bürgermeister Martin Seitz, dass die Ingenieure die Gemeinde bereits gut kennen und deswegen effizienter in eine Planung einsteigen könnten. Zudem habe Wipfler in Gerolsbach sicherlich kein Monopol.

Den Beweis trat Seitz gleich beim nächsten Tagesordnungspunkt an: Mit der Planung der Gestaltung des Kindergartenvorplatzes hatte sich Landschaftsarchitekt Norbert Einödshofer beschäftigt - "schau", sagte Seitz zu Maurer, "da haben wir jetzt einen anderen Ingenieur". Mit den Detailplanungen in den Bereichen Vermessung, Entwässerung und Ingenieurbauwerke beauftragte der Gemeinderat dann aber doch wieder das Büro Wipfler. Bei Vermessung und Entwässerung lagen Pauschalangebote vor - da stimmten dann Schütz-Finkenzeller und einmal sogar auch Maurer mit. Doch bei den Ingenieurbauwerken gab es wieder nur den Verweis auf die HOAI. "Wissen wir, was es kostet?", fragte Schütz-Finkenzeller. "Nein", antwortete Rathaus-Geschäftsleiter Thomas Kreller. Folgerichtig stimmte die UB-Rätin auch gegen diesen Ingenieurvertrag.