Aichach
Geburtshilfe: Politischen Druck erhöhen

Aichachs Bürgermeister Klaus Habermann kritisiert Krisenmanagement der Klinikleitung

22.11.2018 | Stand 23.09.2023, 5:03 Uhr
Modernes Krankenhaus ohne Geburtshilfe: Das regt Aichachs Bürgermeister Klaus Habermann so auf, dass er die Bevölkerung zu einer Unterstchriftenliste gegen die Schließung des Kreißsaals aufgerufen hat. −Foto: Erich Hoffmann

Aichach (SZ) Bürgermeister Klaus Habermann ist nicht als Scharfmacher bekannt, das Aus für die Geburtshilfe am neuen Aichacher Krankenhaus hat aber ganz offensichtlich auch bei ihm für einen dicken Hals gesorgt. Seinem Ärger machte er bei der Bürgerversammlung in der TSV-Halle Luft.

Habermann geißelte die Schließung einer topmodernen Station noch vor der ersten Geburt als "Musterbeispiel für das Versagen eines Systems" und kündigte eine Unterschriftensammlung an, um den politischen Druck zu erhöhen. Dazu appellierte er an die Solidarität der nördlichen Landkreisgemeinden. Erstmals öffentlich übte Habermann zudem Kritik am Krisenmanagement der Klinikleitung.

Der Mangel an Hebammen offenbare einen Systemfehler, den sich die große Politik, aber auch die Vertreter der Kassen und der Kassenärztlichen Vereinigung ins Stammbuch schreiben lassen müssen, so Habermann mit deutlichen Worten. Die Schließung der Station sei inakzeptabel, er werde jedenfalls nicht hinnehmen, dass "ein wichtiger Pfeiler einer familienfreundlichen Stadt" wegzufallen drohe. Nicht zuletzt der Zeitpunkt macht das Stadtoberhaupt wütend. Das hat aber offensichtlich nicht nur damit zu tun, dass sich damit der erhoffte Imageeffekt, eines der modernsten Krankenhäuser in ganz Bayern zu haben, in Luft aufgelöst hat, alle Welt nur noch über einen Kreißsaal spricht, der noch vor seiner Inbetriebnahme geschlossen wurde.

Vielmehr kommt das Aus zur Unzeit, "weil das vom Landkreis als Träger zugesagte Unterstützungspaket wie auch die von der neuen Koalition in München zugesicherten Maßnahmen noch nicht ziehen konnten". Etwas mehr Zeit hätte man demnach gebraucht. Der Klinikleitung attestierte Habermann in diesem Zusammenhang "kein erfolgreiches Krisenmanagement". Vorsichtig formuliert, wie er anmerkte.

Ausnahmsweise mal einer Meinung sei er mit der Klinikleitung, die laut Pressebericht davon ausgehe, dass gerade mal rund 60 Aichacher Frauen in Friedberg entbinden werden. "Ich frage mich bloß, wo die anderen mindestens 300 Frauen dann hingehen?", formulierte Habermann. Für Schwangere aus Friedberg wäre es aus seiner Sicht vergleichsweise einfach, eine Klinik in Augsburg aufzusuchen, für Frauen aus Schrobenhausen, aus Aichach und dem nördlichen Landkreis stelle dies derweil eine Herausforderung, vielleicht sogar ein Risiko dar.

Aus diesem Grund erhofft sich das Stadtoberhaupt Unterstützung aus dem gesamten nördlichen Wittelsbacher Land. Die Unterschriftensammlung soll voraussichtlich nächste Woche im Aichacher Rathaus und im Verwaltungsgebäude starten. Habermann dürfte wissen, dass solche Aktionen einst auch sein Schrobenhausener Kollege Karlheinz Stephan startete, das Aus der Geburtshilfestation in Schrobenhausen damit aber auch nicht verhindern konnte. Er will es dennoch versuchen: "Wir brauchen dringend engagierte Hebammen. Wir brauchen aber auch politischen Nachdruck, endlich an dieses für das flache Land desaströse Finanzierungssystems gerade in der Geburtshilfe heranzugehen."

Robert Edler