Gachenbach
"Nächstes Jahr könnte es uns zerbröseln"

Gachenbachs Bürgermeister Lengler spricht über Radwege, Flüchtlinge und teure Projekte angesichts sinkender Rücklagen

09.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:14 Uhr

Die Kinderkrippe in Weilach ist nur eines von mehreren Millionenprojekten in Gachenbach. Bisher mussten dafür keine Schulden aufgenommen werden, doch das könnte sich ändern. - Fotos: Hofmann, Drexler

Gachenbach (SZ) Mit Baustellen kennt sich Alfred Lengler nach neun Jahren als Bürgermeister von Gachenbach bestens aus: Kanäle, Straßen, Baugebiete, öffentliche Gebäude - kaum eine Stelle in der Gemeinde gibt es, an der in den vergangenen Jahren nicht schon Handwerker im Einsatz gewesen wären. Und jetzt ist auch noch die Sanierung des Hochbehälters für das Wasser der Beinberggruppe fällig (wir berichteten). Langweilig dürfte es Lengler, der 2008 die Nachfolge des 30 Jahre lang amtierenden Jakob Bitscher antrat und somit erst der zweite Bürgermeister der Einheitsgemeinde Gachenbach seit der Gemeindegebietsreform 1978 ist, nicht so schnell werden.


Herr Lengler, die Hälfte der aktuellen Wahlperiode ist vorüber. Wenn Sie auf Ihr Wahlprogramm von 2014 zurückblicken: Wie ist es bisher gelaufen mit der Umsetzung, was haben Sie schon erledigt, wo hakt es noch?

Bürgermeister Alfred Lengler: Im Grunde genommen ist bei uns sehr viel abgearbeitet worden, bestimmt weit über die Hälfte des Wahlprogramms. Es sind auch neue Dinge dazugekommen, die unerwartet waren. Kanalsanierungen, Straßenbau - das begleitet mich von Anfang an und wird mich auch, solange ich Bürgermeister bin, noch begleiten. Gerade diese für eine Gemeinde alltäglichen Aufgaben kosten viel Kraft, weil man ständig im Fokus der Bürger steht - denn es ist ja ihr Geld, das da ausgegeben wird. Wir werden das Projekt Kanalsanierung Weilach-Sattelberg-Gachenbach dieses Jahr abschließen, voraussichtlich sogar mit einer Punktlandung bei den Kosten. Vor sechs Jahren waren dafür fast vier Millionen Euro geschätzt worden, und da kommen wir auch hin. Nächstes Jahr werden wir das abrechnen und den Bürgern die Schlussrechnung schicken können. In diesem Zusammenhang sind auch die Straßensanierungen zu sehen; die Gemeinde- und Kreisstraßen, in denen die Kanäle saniert wurden, werden wir nächstes Jahr haushaltsmäßig abschließen. Dann denke ich an die Baugebiete und das Gewerbegebiet - das wird immer schnell vergessen, ist aber eine Anstrengung hoch zehn, das alles hinzukriegen, bis dort gebaut werden kann. Aufgreifen müssen wir noch Themen wie das Feuerwehrhaus Peutenhausen - da sind wir inzwischen dran. Das Gleiche gilt für die Fahrzeuge, die die Feuerwehren in Weilach und Peutenhausen bekommen. Für Weilach ist es bestellt, das sollte in ein paar Monaten ausgeliefert werden, das für Peutenhausen müssen wir spätestens Mitte nächsten Jahres in Auftrag geben.

 

Schulhauserweiterung, Neubau der Kinderkrippe, die Kanalsanierungen, die finanziert werden müssen: Angesichts der dafür angehäuften Schulden dürfte die Gemeinde in den kommenden Jahren nicht mehr allzu viel finanziellen Spielraum haben, oder?

Lengler: Erst einmal: Wir haben bisher noch keine Kredite aufnehmen müssen, obwohl wir ja im Haushalt mit bis zu drei Millionen Euro gerechnet haben und diese Neuverschuldung vom Landratsamt auch genehmigt wurde. Für die Schulhauserweiterung haben wir Rechnungen über eine Million Euro vorliegen - da bekommen wir von der Regierung heuer noch 400 000 Euro. Auch für die Krippe rechnen wir dieses Jahr noch mit einem hohen Zuschuss, 800 000 Euro. Nach wie vor haben wir eine Million Euro in der Kasse - ich denke also, dass wir heuer vermutlich keine Schulden aufnehmen werden. Aber nächstes Jahr könnte es uns zerbröseln. Da geht es ja weiter mit dem Feuerwehrhaus. Dann der Straßenbau in Gachenbach - die Schönbacher Straße ist Gemeindestraße, an der Beinbergstraße, einer Kreisstraße, müssen wir die Bürgersteige bezahlen. Da rechne ich schon damit, dass wir einen Kredit brauchen. Wenn wir das wieder umgehen können sollten, dann haben wir wohl ganz vieles richtig gemacht. Wir haben bei einigen Ausgaben die Stellschrauben angezogen - auch wenn der eine oder andere deswegen murrt. Uns kommt derzeit natürlich auch zugute, dass die Gewerbesteuer so gut läuft. Wenn man dann einigermaßen vorsichtig wirtschaftet, geht das schon. Und beim Verkauf der Bauplätze bleibt auch ein kleines Plus. Natürlich wird aber durch die hohen Investitionen der finanzielle Spielraum eingeengt, weil uns bald die Rücklagen fehlen werden. Aber es sind auch derzeit keine neuen, großen Projekte in Sicht, die wir uns nicht leisten könnten. Wir haben ja in den vergangenen Jahren schon so viel gemacht - seien es nun die Leichenhäuser oder der Straßenunterhalt.

 

Gachenbach ist ja eine der Gemeinden, die im vergangenen Jahr eine sehr hohe Zahl an Asylbewerbern aufgenommen hat. Wie viele sind inzwischen noch da? Und wie hat sich das Zusammenleben mit den neuen Mitbürgern entwickelt?

Lengler: Augenblicklich müssten es 36 Asylbewerber sein, in allen drei Gemeindeteilen. Das Zusammenleben funktioniert. Wenn es Probleme gibt, dann intern in den Unterkünften, seien es nun zwei Damen, die sich in die Haare kriegen, oder Männer, die aufeinander losgehen. Das nimmt leider zu in letzter Zeit. Vielleicht liegt das auch an der Mentalität der Schwarzafrikaner - zuerst hatten wir ja nur Syrer und Afghanen. Wo wir Probleme haben, das ist im Helferkreis. Es wäre schon schön, wenn wir noch ein paar Helfer dazubekämen. Womit sich die Flüchtlinge hart tun, das sind nach wie vor Pünktlichkeit und Ordnung. Und sie fordern schnell sehr viel - ich wünschte mir, die Menschen würden sehen, dass sie bei uns Sicherheit und Schutz bekommen, und nicht so sehr darauf aus sein, dass sie Geld bekommen.

 

Ist eigentlich der Bau weiterer Radwege geplant? Für die Strecke zwischen Weilach und Gachenbach gab es doch schon konkrete Überlegungen, und auch Verbindungen von Weilach Richtung Gerolsbach oder von Gachenbach nach Kühbach würden sich anbieten.

Lengler: Nächstes Jahr wird der Radweg Gachenbach-Weilach realisiert, und wenn die Grundstücksverhandlungen von Erfolg gekrönt sind, wird auch der Weg von Singenbach nach Etzlberg weitergeführt. Dann wird es irgendwann einen Lückenschluss Etzlberg-Weilach geben, im Zusammenhang mit dem Ausbau der Staatsstraße dort. Wenn das Staatliche Bauamt Geld übrig hat, weil aus anderen Radwegen nichts wird, könnte auch ein Weg Richtung Kühbach gebaut werden. Meine Aufgabe ist es jetzt, nächstes Jahr mit Kühbachs Bürgermeister Hans Lotterschmid zu schauen, ob wir den nötigen Grund erwerben können. Dann könnten wir schon mal einen Radweg planen - was auch im Hinblick darauf gut wäre, dass bei einem eventuellen Ausbau der B-300-Anschlussstelle die Brücke entsprechend ausgelegt werden könnte. Das wäre dann der letzte Radweg in der Gemeinde. Ist der gebaut, könnte man von uns aus mit dem Radl nach Aichach und Schrobenhausen fahren, oder nach Pfaffenhofen - und eigentlich überall hin.

 

Was steht bis zum Ende des Jahres noch auf der Agenda?

Lengler: Die Fertigstellung der Beinbergstraße, der Schönbacher Straße samt Bachweg und Lohweg, des Kanals in der Unteren Ortsstraße und der Kinderkrippe bis auf die Außenanlagen. Die Schulhaussanierung geht natürlich auch weiter. Und das langt mir dann bis zum Jahresende (lacht).

 

Die Fragen stellte Bernd Hofmann.

 

Zeit für eine Zwischenbilanz

Das Jahr 2017 neigt sich so langsam dem Ende entgegen. In den Gemeinden im Schrobenhausener Land ist wieder einiges geschafft worden, vielerorts wird auch noch an Straßen oder Bebauungsplänen, an Kanälen oder Kinderkrippen gearbeitet. Nicht alles, was derzeit die Verantwortlichen in den Gemeinden beschäftigt, war schon 2014, als die bisher letzten Kommunalwahlen in Bayern stattfanden, absehbar, manches tauchte damals in den Wahlprogrammen noch gar nicht auf. Bei dem einen oder anderen Projekt dagegen, das von den Kandidaten damals angekündigt wurde, hakt es schon seit Jahren, geht es einfach nicht weiter. Inzwischen ist die Hälfte der noch bis 2020 laufenden Wahlperiode vorüber. Wie läuft’s denn in den Gemeinden? Und welche Versprechen sind noch nicht eingelöst worden? Wir haben bei den Bürgermeistern nachgefragt.