Schrobenhausen
Nicht im WM-Fieber: Kultschiedsrichter mit Faible für die Kleinen

Die WM läuft, und das ist auch im Schrobenhausener Land ein riesiges Ereignis. Aber ausgerechnet den Fußball-Liebhaber Reinhard Fröschl lässt das Ganze eher kalt.

20.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:31 Uhr
Gnadenlos zu Zabivaka: Reinhard Fröschl. −Foto: Foto: Kaufmann

Schrobenhausen (SZ) Ein komplett fußballfreies Wochenende? Achselzucken bei Reinhard Fröschl. Ganz genau kann er die Frage wirklich nicht beantworten, wann er das letzte hiervon hatte. Schieds- beziehungsweise Linienrichter zu sein, das ist eben ein Ganzjahresjob. Erst recht, wenn man dieses Hobby mit so viel Leidenschaft, mit so viel Engagement betreibt wie der 50-Jährige.

Seit rund einem Vierteljahrhundert sorgt er nun schon für Recht und Ordnung, wenn hier in der Region gekickt wird. Und falls "Froooscheee", wie er allerorts liebevoll genannt wird, doch mal nicht in offizieller Mission tätig ist, dann schaut er eben zu - als glühender Verehrer des TSV 1860 München zumindest ein bisschen höherklassig, oder eben bei den Teams rund um Schrobenhausen eher ganz unten. Genau das sei "sein Wetter" - im Gegensatz zur deutschen Nationalmannschaft, im Gegensatz zur aktuellen Weltmeisterschaft. "Viel zu aufgebläht", urteilt Fröschl über die Titelkämpfe in Russland: "Nur noch Kommerz, nur noch Werbung - und der Fußball an sich bleibt total auf der Strecke."

Ja, eigentlich ist der Schrobenhausener ein herzensguter Mensch. Einer, den nichts aus der Ruhe zu bringen scheint. Aber sobald er an die seiner Meinung nach immer schlimmer werdende Geldmacherei rund um seine Lieblingssportart denkt, dann verfinstert sich der Blick von Fröschl doch ganz schnell - was übrigens ebenso passiert, wenn ein Gespräch auf den Videobeweis im Schiedsrichterwesen kommt. "Ein totaler Quatsch", sei das Ganze: "Etwas, was kein Mensch braucht."

Seine Meinung zu den bisherigen WM-Partien 2018? Er beginnt zu lachen: "Auch wenn es mir wahrscheinlich niemand glaubt - ich habe bislang erst ein Spiel richtig angeschaut, und das war jenes zwischen Brasilien sowie der Schweiz." Der deutsche Fehlstart gegen Mexiko, das Cristiano-Ronaldo-Spektakel gegen Spanien, und, und, und - all das habe ihn "völlig kalt" gelassen. Ebenso wie Harry Kanes Doppelpack am Montagabend gegen wackere Tunesier. "Da war mir meine schöne Terrasse doch deutlich lieber als England im Fernsehen", so der 50-Jährige - immer noch mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht.

Na ja, über die Resultate aus Russland informiert er sich dann doch regelmäßig - allerdings ohne irgendeiner Nation konkret die Daumen zu drücken: "Wenn am Schluss jemand gewinnen sollte, der bisher noch nie Weltmeister geworden ist, dann würde mich das am meisten freuen." So ist er eben, der "Froooscheee" - nämlich stets mit großen Sympathien für die sogenannten Kleinen ausgestattet.

Dass sein Interesse an der WM im Laufe des Turniers doch etwas größer werden könnte, etwa mit Beginn der K.o.-Partien? "Dazu wird es gewiss nicht kommen", antwortet der Kultschiedsrichter sofort: "Da schaue ich mir zum Beispiel zehnmal lieber den SV Hörzhausen an."
 

Roland Kaufmann