Schrobenhausen
Freiheit, Brüderlichkeit und Revolution

Auftakt zur deutsch-französischen Woche: Hartmut Giehl referierte im Sonntagsforum

21.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:42 Uhr
Einen Blick auf die Forderungen der Französischen Revolution warf Hartmut Giehl im Sonntagsforum des Verkehrsvereins. Daneben Verkehrsvereinsvorsitzende Manuela Kreitmair. −Foto: mbs

Schrobenhausen (SZ) Im Sonntagsforum des Verkehrsvereins lenkte Referent Hartmut Giehl den Blick auf die Französische Revolution. Nach Darstellung der historischen Vorgänge verfolgte er unter dem Dreiklang "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" die Frage, welche Ungerechtigkeiten heute noch eine Revolution brauchen könnten.

Der Vortrag bildete den Auftakt zur deutsch-französischen Woche. Hartmut Giehl stellte seinen Überlegungen eine Filmsequenz über die Französische Revolution voran. In der gut strukturierten Darstellung wurden Grafiken ergänzt durch lebendige Szenen aus alten Spielfilmen.

Zur großen Revolution führte Unruhe in weiten Teilen der Bevölkerung, von hoher Steuerlast der untersten Schichten bis zur Hungersnot, dazu eine nicht mehr zu kontrollierende Staatsverschuldung. Als die Proteste der Bevölkerung am 14. Juli 1789 im Sturm auf die Bastille kulminierten, konnten sich die Aufständischen auch auf neue Gedanken der Staatstheorie und des gesellschaftlichen Denkens stützen. Die Philosophie mit Kant, Rousseau, Montesquieu und Voltaire hatte - auch mit der Definition von Menschenrechten - für neue Theorien gesorgt. Nachdem moderate Reformversuche gescheitert waren, folgte die Absetzung des Königs, sein Tod unter der Guillotine und schließlich der Terror mit tausenden Hinrichtungen unter Robespierre, bis dieser selber dem Wahn zum Opfer fiel. Schließlich war das Land so ermüdet und ausgelaugt, dass Napoleon mit Geschick die Herrschaft übernehmen konnte.

Aufstände gab es in Europa des Öfteren, als herausragend auf deutschem Boden nannte Giehl die Bauernkriege und die Revolutionen von 1848 und 1918 mit systemverändernden Wirkungen. Auf diese Ebene stellte er auch die als "68er Revolution" bezeichneten Studentenunruhen.

Untersucht man, wo der große Wunsch nach Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit noch Mängel aufweise, so fand Hartmut Giehl ein weites Feld. Er bot eine bunte Revue an politischen und gesellschaftlichen Forderungen, die noch nicht eingelöst sind, egal von welcher Gruppierung. Er rückte dabei Demonstrationen, die aus einem demokratisch legitimierten Demonstrationsrecht kommen, ziemlich nahe an den Begriff der Revolution.

Auch Einschränkungen, die aus demokratisch herbeigeführten Gesetzen herrühren, rechnet Giehl unter "Unfreiheiten". Ist eine Frau denn frei, wenn sie sich vor einer Abtreibung laut Gesetz einer Beratung unterziehen muss? Die Freiheit sei durch Gesetze eingeschränkt, meinte Hartmut Giehl, und monierte andererseits, dass Muslime und Juden ihre Knaben beschneiden lassen dürfen; dieser Brauch führe jedes Jahr zu zahlreichen Fällen in deutschen Notaufnahmen.

Alles, was in den vergangenen Jahren durch die Medien geisterte - "Ich bin ein konsequenter Zeitungsleser" - referierte Giehl unter den Aspekten der Ungleichheit und der Einschränkungen: Dass Nacktheit in der Öffentlichkeit als Ärgernis gelte; dass der Konsum von Rauschgiften nicht erlaubt sei; dass mit der Wehrpflicht lange Zeit nur die Männer belastet waren; dass die Frauen lange auf ihr Wahlrecht warten mussten; dass die Einkommen zwischen Männern und Frauen ungleich seien; dass zwischen Stadt und Land ungleiche Lebensverhältnisse herrschen; dass trotz Protesten sich die Beendigung der Atomkraft und der Kohleausstieg lange hinziehen; dass die Chancen auf Asyl in Deutschland eingeschränkt seien, eine Einschränkung bedeuten auch die diesbezüglichen Grenzkontrollen. Auch Minijobs und hohe Mieten beschränken die Freiheit.

Und was sonst noch in der Zeitung stand, von Krawallen gegen den G-20-Gipfel, von Gelbwesten in Frankreich bis zu Protesten im Hambacher Forst. Überall sieht Giehl nicht erfüllte Forderungen und fordert, dass alle Bauherren verpflichtet werden sollten, Sonnenkollektoren aufs Dach zu montieren. Fragen aus dem Publikum gab es keine. Vor nahezu 50 Zuhörern warb am Ende Jürgen Gruschwitz in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins für Städtepartnerschaften für die Veranstaltungen zur Woche der deutsch-französischen Freundschaft in Schrobenhausen. Außerdem hob er den hohen Wert der deutsch-französischen Verträge hervor.

Franz-Josef Mayer