Schrobenhausen
Flop für die CSU

Fraktion bringt Änderung der Stellplatzsatzung ins Rollen und wird bei jedem Beschluss überstimmt

13.02.2019 | Stand 12.10.2023, 9:59 Uhr
  −Foto: Sven Hopp, Arno Burgi/dpa

Schrobenhausen (SZ) Die Stellplatzsatzung der Stadt Schrobenhausen muss geändert werden - findet die CSU-Fraktion im Stadtrat und hat dahingehend einen Antrag gestellt. Die Veränderungen der Satzung, die bestimmt, wie die Stellplätze bei Bauprojekten zu berechnen sind, wurden nun am Dienstagabend im Umwelt- und Bauausschuss hitzig diskutiert. Mit bitterem Ergebnis für die CSU.

Heißt es doch sonst immer vier gewinnt, galt am Dienstagabend ganz klar sechs gewinnt. Denn genau sechs Stimmen waren nötig, um im elfköpfigen Ausschuss die knappe Mehrheit zu haben und nicht nur einmal gingen die Abstimmungen eben genau so knapp aus, Einigkeit suchte man in dieser Sitzung vergebens. Wobei - so ganz stimmt das auch nicht, denn die Überschrift der Sitzung hätte genauso gut lauten können "alle gegen die CSU oder die CSU gegen alle anderen": Stimmten die fünf CSU-Räte geschlossen für einen Beschluss, stimmten die übrigen sechs dagegen und umgekehrt, und das fast ausnahmslos.

Da ging es also zum Beispiel um das Thema Tiefgaragen. Um zwei neue Absätze soll die Stellplatzordnung diesbezüglich ergänzt werden, um, wie Claudia Potratz vom Bauamt erklärte, den Flächenfraß einzuschränken. Erstens: Beim Neubau von Gebäuden, die keine Wohngebäude sind und bei denen mehr als zehn Stellplätze erforderlich sind, kann die Stadt den Bau einer Tiefgarage verlangen. Und zweitens: Bei einem Neubau von Mehrfamilienhäusern ab sechs Wohneinheiten müssen zwei Drittel der erforderlichen Parkplätze in einer Tiefgarage nachgewiesen werden. Konkret heißt das: Wer ein Haus mit sechs Wohnungen baut, muss nach derzeitiger Rechtslage insgesamt neun Stellplätze - 1,5 pro Wohnung - bereitstellen. Greift der neue Passus, müssten künftig sechs davon unter der Erde liegen.

Während keiner im Ausschuss ein Problem damit hatte, Tiefgaragen bei Nicht-Wohnhäusern mit über zehn Stellplätzen zu fordern, etwa bei Supermärkten, ging die Rechnung bei den Wohnhäusern für Andy Vogl (CSU) nicht auf. "Sechs Wohneinheiten sind nicht viel, das ist doch ein ganz normales Haus, Und wenn man da auch noch eine Tiefgarage braucht, dann wird das sehr teuer das zu bauen. Am Ende werden dann die Mieten teurer", gab er zu bedenken.

Werner Lemal (FW) hingegen dachte nicht ans Geld, sondern an den Platz. Er brach eine Lanze für die Tiefgaragen, obwohl er beileibe "kein Freund der Tiefgarage" sei. "Aber wir brauchen sie als Puffer. Wer Kinder hat und zwei Autos, der hat, wenn die Kinder größer werden, vielleicht später dann mehr Autos", sagte er. Und die bräuchten auch Stellplätze. Kein Argument für Gerhard Winter (CSU). Bei Supermärkten seien Tiefgaragen eine feine Sache, aber in Wohngebieten? Davon rate er ab, aus Bequemlichkeit würden die Bürger ihre Autos dann lieber an den Straßen abstellen, anstatt die Tiefgaragen zu nutzen, auch wenn dort der nötige Platz vorhanden sei. "Und wir wollen doch die Autos von den Straßen wegkriegen", erklärte er.

"Dann müssen wir eben Halteschilder aufstellen", entgegnete Stefan Eikam (SPD). Er schließe sich dem Vorschlag der Stadt an. Ob die Kosten für den Bau eines solchen Hauses letztendlich anstiegen, sei für ihn zweitrangig. "Mir geht es um Lebensqualität in unserer Stadt und das heißt, die Autos müssen weg von den Straßen. Mir geht es nicht um den Geldbeutel der Bauherren", erklärte er energisch - worauf nun Gerhard Winter ebenso energisch zurückschoss: "Ich kann es nicht mehr hören, dass die Bauträger nur abzocken wollen. Das stimmt doch nicht." Generell, erklärte er nun, könne er sich schon vorstellen Tiefgaragen bauen zu lassen, aber eben nicht bei Häusern ab sechs Wohneinheiten. Sechs Ausschussmitlgieder - Christian Spreitzer (proSob), Josef Dietenhauser (DU), Rudi Koppold, Werner Lemal (beide FW), Martha Schwarzbauer und Stefan Eikam (beide SPD) - konnten sich eben das aber sehr gut vorstellen, und stimmten dafür: Mit sechs zu fünf Stimmen, die der CSU-Fraktion (Andy Vogl, Hartmut Siegl, Gerhard Winter, Inge Eberle und Karlheinz Stephan), wurde der Passus zum Thema Tiefgaragen angenommen.

Das gleiche Bild bot sich bei der Abstimmung über die Ablösen der Parkplätze. Bislang mussten Bauherren, wenn sie einen eigentlich vorgeschriebenen Parkplatz nicht bauen wollten oder konnten, im Altstadtbereich 2500 Euro und außerhalb davon 5000 Euro an die Stadt zahlen. Die Stadtverwaltung schlägt nun vor, diese Beträge zu erhöhen auf 5000 Euro in der Altstadt und 7500 andernorts. Zum Vergleich: Die Stadt Pfaffenhofen verlangt für einen nichtgebauten Parkplatz 7500 Euro, Aichach nimmt 3835 Euro und in Neuburg werden 10000 Euro fällig.

Während sich nun die gesamte CSU-Fraktion für diesen Vorschlag aussprach, stimmten alle anderen dagegen. Sie nämlich präferierten einen anderen Vorschlag, den von Rudi Koppold. Der fand, die Ablösebeträge sollten einheitlich bei 10000 Euro liegen. Nicht, weil Neuburg das auch so mache, sondern "weil Stellplätze gebaut werden sollen und keiner sich so leicht rauskaufen können soll". Das Ergebnis der Abstimmung, es war zu ahnen: angenommen mit sechs zu fünf (CSU-)Stimmen.

Anderes Beispiel: Der Stauraum vor Garagen - also quasi die Einfahrt vor einem Haus. Bislang muss so eine Einfahrt mindestens fünf Meter messen, die CSU würde diesen Abstand gerne auf ein Mindestmaß von drei Metern runterschrauben. Zu wenig, fand man beim städtischen Bauamt und stellte zur Diskussion, generell bei fünf Metern zwischen Straßenrand und Garagentor zu bleiben und nur in Einzelfällen die Verkürzung auf drei Meter zuzulassen, etwa in Sackgassensituationen. Wie die Abstimmung darüber ausging? Na, sechs zu fünf natürlich - FW, ProSob, DU und SPD gegen die eisernen Fünf aus der CSU.

Keine Chance hatte die CSU auch mit ihrem Wunsch, die Berechnung der erforderlichen Stellplätze eines Mehrfamilienhauses anhand der Quadratmeter und nicht wie bisher anhand der Wohneinheiten zu berechnen. Bislang müssen in einem Mehrfamilienhaus pro Wohnung 1,5 Stellplätze bereitgestellt werden, für Besucher pro Wohnung ein Stellplatz. Die CSU wollte nun für Wohnungen bis 60 Quadratmeter einen Stellplatz verlangen und über 60 Quadratmeter eineinhalb. Claudia Potratz erklärte, dass das Bauamt dieser neuen Berechnungsart generell schon zustimmen könne - ganz anders sah das Stefan Eikam: "Mir geht das nicht ein", sagte er. "60 Quadratmeter, das ist doch völlig willkürlich." Und obendrein zu wenig. Realistisch gesehen bräuchte man seiner Meinung nach "in einer automobilen Welt zwei Stellplätze pro Wohnung".

Auch Rudi Koppold sprach das 60er-Modell nicht an: "Ich sehe es in meiner Nachbarschaft, dass die Stellplätze fehlen. 60 Quadratmeter und ein Stellplatz sind mir zu wenig", sagte er und war damit ganz und gar nicht alleine. Mit - Achtung - sechs zu fünf Stimmen fiel das Modell durch. Die Lösung: Einfach beim alten Berechnungssystem bleiben. Dagegen: die CSU. Dafür: alle außer die CSU.

Deutliche Meinungsunterschiede zeigten sich auch, als es um Ladestationen ging. Die stehen bislang nämlich noch gar nicht in der Stellplatzsatzung drin, sollen nun aber eingefügt werden. Denn wer heutzutage Stellplatz sagt, der muss auch Ladestation sagen. Die Stadtverwaltung schlägt deshalb vor, dass bei Bauvorhaben ab zehn Stellplätzen zehn Prozent mit einer Ladestation für E-Autos versehen sein sollen. Bei zehn Stellplätzen müsste also einer eine Steckdose haben, bei 20 zwei, bei 30 drei und so weiter. Dass das nicht viel ist, lässt sich schnell erkennen. Auch Stefan Eikam hat diese Rechnung und fand die geforderte Anzahl nicht nur nicht viel, sondern viel zu wenig. "Mit Blick auf die Zukunft sollten es schon 20 oder 25 Prozent sein", fand er. Gerhard Winter allerdings hatte damit ein Problem. Er sorgte sich darum, ob so viel Strom auf einmal überhaupt verfügbar sei. "Und wenn das nicht der Fall ist, dann ist es nicht sinnvoll, das da reinzuschreiben", sagte er. Er sei der Meinung, wenn die Steckdosen gebraucht würden, dann würden sie ohnehin eingebaut werden. Auch ohne gesetzliche Vorgabe. Andy Vogl unterstrich das: "Wenn der Markt das fordert, dann kommt es." Seiner Meinung nach ufere die Vorschreiberei in dieser Sitzung aus. "Das ist mir zu viel", erklärte er. Sein Sitznachbar Hartmut Siegl (CSU) konnte sich da nur anschließen. "Wir müssen uns mal vor Augen führen, was wir da verlangen", forderte er. Nicht weniger als 25 Prozent Elektrosteckdosen nämlich, geht es nach Rudi Koppold. "Der Trend ist eh so", erklärte er. Wer etwa Tiefgaragen baue, der müsse an Ladestationen denken. Eine kleine Überraschung gab's dann bei der Abstimmung: Nicht nur sechs der Ausschussmitglieder lehnten den Vorschlag der Stadt, bei zehn Stellplätzen zehn Prozent mit Ladestationen zu versehen, ab. Auch CSU-Mann Andy Vogl war dagegen. Wie sich zeigte aber nicht, weil er den Eikam'schen Vorschlag mit den 25 Prozent vorzog: Denn auch den lehnte er ab. Mit dem gewohnten Sechs-zu-fünf-Votum ging deshalb der Passus durch, der besagt, dass von zehn Stellplätzen ein Viertel eine Steckdose für E-Autos haben müssen.

Übrigens, es gab schon auch einstimmige Beschlüsse. Nämlich darüber, dass ein Fahrradparagraf in die Stellplatzsatzung aufgenommen wird und vonseiten der Stadt geprüft werden soll, inwieweit sich die Stellplatzsatzung eignet, um die Ausgestaltung der Fahrradstellplätze zu bestimmen. Einstimmig angenommen wurde auch Gerhard Winters Bitte, nochmal nachzuprüfen, wie viele Elektrosteckdosen bei einem Stromanschluss überhaupt gleichzeitig nutzbar sind. Denn in Stein gemeißelt ist das, was in dieser Sitzung diskutiert wurde, ja noch nicht. Die Stadtverwaltung wird die Änderungswünsche zunächst in die geltende Stellplatzsatzung einarbeiten und dem Bau- und Umweltausschuss wieder vorlegen.

Alexandra Burgstaller