Der Mann, der Holz veredelt

09.10.2019 | Stand 23.09.2023, 8:54 Uhr
  −Foto: Budke

Seine Böden erkennen Kollegen der Branche in ganz Europa und manchmal auch darüber hinaus auf den ersten Blick: Wilhelm Menzinger hat sich einen Namen gemacht, weil er Methoden gefunden hat, Holz so zu veredeln, dass es jeden Raum ziert. Wer es außergewöhnlich mag, wird bei seiner Firma Mewi fündig.

Edelparkettmanufaktur - so nennt sich das Unternehmen Mewi im Untertitel auf der Homepage, und das augenscheinlich ganz zurecht. Denn die Produkte, die am Gollingkreuther Weg entstehen, sind so außergewöhnlich, dass der Firmeninhaber Wilhelm Menzinger von einer Alleinstellung am europäischen Markt sprechen kann.

"Das macht niemand außer uns so wie wir", weiß Menzinger, und er kann das geradeheraus mit unternehmerischem Selbstbewusstsein feststellen. Der Ausstellungsraum gibt einen Einblick in das, was möglich ist: Holzdielen in unterschiedlichsten Oberflächenfarben und -strukturen mit Namen wie Eiche gealtert oder windgetrocknet, Papageieneiche, Roseneiche oder Schwalbenschwanz, Längen bis zu raumlang, Breiten teilweise bis 45 Zentimeter, drei unterschiedliche Stärken sowie Kantenvarianten, dazu Freiheit bei der Verlegung und Verwendung. Die Dielen eignen sich als Bodenbelag wie auch als Wandverkleidung, die Optik bei der Verlegung bleibt der Vorstellungskraft des Kunden überlassen.

Menzinger ist der Kopf und das Herz das Unternehmens, seine Wertschätzung für den Rohstoff Holz ist unüberhörbar, wenn er erzählt, wie alt die verarbeiteten Bäume teilweise sind und welche hohe Qualität sein Lieferant bereithält. Das ist natürlich wichtig für die Verarbeitung. Was aber genau in der Produktionshalle am Gollingkreuther Weg mit der Decklage der Dielen geschieht, das verrät Menzinger nicht: "Das sage ich nicht, da müsste schon jeder selber drauf kommen." Er lächelt spitzbübisch, als er sagt: "Ist aber bis jetzt noch keiner." Genau dieses Sonderwissen bestimmt das Merkmal des Unternehmens.

Den groben Ablauf erklärt der Firmeninhaber dann doch: Die Tragschicht der Dielen besteht aus Fichte oder Kiefer. Fichte habe vor allem hohes "Stehvermögen". Das heißt, dass das Trägermaterial besonders belastbar ist. Es muss den Druck der Decklage von Unter- und Oberseite aushalten und dabei gerade bleiben. Die Decklagen bestehen ausschließlich aus bayrischer Eiche, diese erhält Mewi von einem ebenfalls bayrischen Sägewerk.

In ganz Deutschland gebe es vielleicht zwei oder drei Sägewerke, die in der notwendigen Qualität liefern können, weiß Menzinger. Viele der teilweise 150 bis 200 Jahre alten Bäume kämen aus dem Donauraum zwischen Ingolstadt und Donauwörth, das Holz sei hier sehr hochwertig. Mewi liefert Dielenlängen von 50 Zentimetern bis zu neun Metern. So müssen die Decklagen entsprechend geschnitten werden. Für eine Neun-Meter-Diele braucht es da schon besonders alte Bäume: "Das hat man nicht oft, denn der Aufwand ist sehr hoch und damit auch für den Kunden teuer."

In Schrobenhausen wird die Decklage maschinell auf der Trägerschicht verleimt sowie Nut und Feder in das Holz gefräst. Danach folgt die Oberflächenbearbeitung, die Menzinger nur sehr vage beschreiben möchte. Dies ist schließlich das spezielle Firmenwissen, das die Produkte europaweit einzigartig macht. Ein Herzstück ist das Ölen des Holzes. Gebirgskräuter werden dem Öl hinzugefügt und dieses wird in zirka zwei bis acht Arbeitsschritten in die Decklagen eingerieben. Dieser Fertigungsgang ist ausschließlich Handarbeit und es werden nur Naturprodukte verwendet.

Auch die Kanten der Dielen werden bearbeitet, es gibt drei Varianten: handgefertigt, maschinell und bayrisch. Letzteres klingt nicht gerade nach einem Standard-Fachbegriff und natürlich ist es, wie bei Mewi zu erwarten, auch kein Standard. "Den Ausdruck hat ein Händler in der Schweiz geprägt", schmunzelt Menzinger, denn diese Art der Kanten kommt eben nur aus Schrobenhausen. Die dunklen, rauchigen Ränder geben den verlegten Dielen den Anschein, als ob sie schon ewig da liegen würden.

Letztlich erscheinen die Räume bei den Kunden, die im Firmenkatalog zu sehen sind, wie ein Gesamtkunstwerk: Käufer haben sich die Böden passend zum Verlauf der Deckenbalken verlegen lassen, manche legen nur einen Raum mit dem Parkett aus, manche eine ganze Etage - wie auch Menzinger selbst, dessen Wohnung über dem Bürotrakt quasi aus Holz besteht: Böden natürlich, aber auch Decken, Schränke mit kunstvollen Intarsien, Regale aus ausgehöhlten Baumstämmen, die komplette Küche selbst gebaut in der typisch-speziellen Mewi-Optik.

Menzinger erzählt von einem Kunden, der vier Schäferhunde hat und begeistert ist vom Parkett, denn es entstehen keine Kratzer und die Flecken, wenn die Hunde Wasser aus ihren Näpfen schlabbern, trocknen einfach weg. Diese Eigenschaft habe sich bei einem anderen Kunden besonders bewährt: "Der Souterrainbereich in einer Villa in München war acht Zentimeter hoch mit Wasser vollgelaufen - jemand hatte die Tür nicht richtig geschlossen. Unser Parkett ist nicht aufgequollen."

Die Arbeit der Bodenleger sei von entscheidender Bedeutung: "Er braucht das Fachwissen, aber vor allem braucht er Fantasie", denn um die Strukturen und die teilweise unterschiedlichen Maße der Dielen schön aneinanderzufügen, muss der Handwerker ein gutes Vorstellungsvermögen haben. Mit zirka 1700 Bodenlegern allein in der Schweiz arbeitet Menzinger zusammen: "Die wissen, wie sie mit den Böden umgehen müssen, und erkennen unser Material sofort."

Dass seine Böden Luxus sind, dessen ist sich Menzinger bewusst. Nicht zuletzt ist das wohl ein Grund, warum die Hauptnachfrage aus der Schweiz kommt. Manche Kunden lernt der Mittsechziger bei seinen regelmäßigen Ausflügen in die Therme Erding kennen, so wie etwa den Unternehmer aus Moldawien, der nach einer langen Unterhaltung in der Therme am folgenden Montagmorgen in Schrobenhausen vor der Bürotür stand. Nach einem Gang durch den Ausstellungsraum habe er sich für einen Boden entschieden und 400 Quadratmeter bestellt.

Zu Kunden, die aus der näheren Umgebung kommen - München, Stuttgart oder Salzburger Land - fährt Menzinger auch mal selbst zum Ausmessen. Villen hat er da schon reichlich gesehen. Besonders freut er sich über die nicht selten mit dem Termin verbundenen Einladungen zum Essen: "Ich bin auch Gourmet", sagt Menzinger und lächelt. Hochwertige Böden, hochwertiges Essen, das geht ja auch gut zusammen.
 

Heidrun Budke