Pfaffenhofen
"Einheitliche Kennzeichnung nötig"

ÖDP-Politiker diskutieren mit CSU-Bundestagsabgeordnetem und Vertretern der Landwirtschaft

25.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:21 Uhr
Bei der Diskussionsrunde in Freising: Erich Irlstorfer (von links), BBV-Kreisobmann Manfred König, Stellvertretender BBV-Kreisobmann Siegfried Ederer, Siegfried Ebner, Franz Sendtner und Gustav Neumair (alle drei ÖDP) sowie Angelika Demmerschmidt. −Foto: Foto: ÖDP

Pfaffenhofen/Freising (SZ) Was ist Massentierhaltung? Was ist Tierwohl? Wie sollen Antibiotika an Tieren eingesetzt werden im Spannungsfeld von gesunder Ernährung und der Gesundheit der Menschen in der Region? Nach einem offenen Brief der ÖDP an den Bundestagsabgeordneten Erich Irlstofer (CSU) vom November vergangenen Jahres, traf man sich jetzt in Freising zu einem Gespräch über diese Fragen. 

Neben Irlstorfer waren auch Vertreter des Bauernverbandes, des Landwirtschaftsamtes, des Landratsamtes aus Pfaffenhofen, der ÖDP Freising und Pfaffenhofen, Angelika Demmerschmidt, die persönliche Referentin des ÖDP-Europaabgeordneten Klaus Buchner, sowie ein Mediziner bei der Diskussionsrunde vertreten.  Gustav Neumair, stellvertretender Pfaffenhofener ÖDP-Kreisvorsitzender, verwies darauf, dass es derzeit im Landkreis Pfaffenhofen noch keine "industrielle Massentierhaltung" gebe. Wenn der Strukturwandel in der Landwirtschaft jedoch dazu führe, dass die landwirtschaftlichen Betriebe kein ausreichendes Einkommen in der jetzigen Form mehr erzielen könnten, was absehbar sei, "dann wird die Entwicklung hin zur industriellen Massentierhaltung auch bei uns nicht aufzuhalten sein." Als problematisch sieht Neumair insbesondere die Geflügelhaltung, weil es hier, anders als in der Schweine- und Großviehhaltung, deutlich schwieriger sei, kranke Tiere auszusondern. Dadurch steige die Gefahr, dass zur Abwehr von Krankheiten auch Medikamente für gesunde Tiere eingesetzt werden müssten. Erich Irlstorfer, der in seinem Antwortschreiben auf den offenen Brief der ÖDP eine ähnliche Sicht der Dinge beschrieb, ging zunächst darauf ein, dass im Bundestag mehr Austausch mit der Industrie und deren Lobbyisten stattfinde als mit Landwirtschaftsvertretern, was er persönlich nicht gutheiße. In den Sozial- und Gesundheitsgremien, in denen er tätig ist, werde immer mehr über Ernährung und Landwirtschaft gesprochen, was im Schulalltag und in vielen Familien heute kaum noch ein Thema sei.

Bei der Frage, ob es möglich sei, eine Vielzahl von Tieren dicht an dicht, artgerecht zu halten und nur einzelne Tiere im Bedarfsfall mit Antibiotika zu behandeln, gingen die Meinungen auseinander. Angelika Demmerschmidt wies darauf hin, dass multiresistente Keime über diverse Wege auf den Menschen übertragen werden und insbesondere bei Menschen, welche in der industriellen Tierproduktion beschäftigt sind, zig-fach höher nachgewiesen würden. Diese Tatsache zeige, dass die Problematik nicht nur aus der Humanmedizin, sondern auch aus dem Tierstall komme, wenn im Bedarfsfall bei einer nicht mehr überschaubaren Bestandsdichte prophylaktische beziehungsweise metaphylaktische Gaben von Antibiotika verabreicht werden. Laut einem Bericht der European Medicines Agency (EMA), veröffentlicht 2016, so Demmerschmidt, würden über 91 Prozent der Antibiotika in der europäischen Landwirtschaft an ganze Tiergruppen in der industriellen Massentierhaltung verabreicht. Die Tiere würden die Antibiotika sowohl über das Futter als auch über sogenannte Medikatoren erhalten, also über die Tränksysteme, mit der Folge der Bildung von multiresistenten Keimen, die im Fleisch, auf dem Acker, in Gewässer und in der Luft nachgewiesen werden könnten. Wenn das, wie der Stellvertretende BBV-Kreisobmann Siegfried Ederer  erklärte, in unserer Region nicht der Fall sei, sollte es kein Problem sein, wie in nordischen Ländern die routinemäßige Vergabe von Antibiotika an ganze Tiergruppen zu verbieten. Und hier sei die Politik gefordert. Über eine positive Entwicklung berichtete Pia Schurius aus ihrer Erfahrung als Lehrkraft am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Pfaffenhofen. Sie stellte fest, dass immer mehr junge Landwirte sehr aufgeschlossen und bereit sind, sich für mehr Tierwohl und eine bessere artgerechte Haltung einzusetzen.

Einig war man sich darüber, dass der Erzeuger von gesunden Lebensmitteln in kleinräumigen Strukturen wie in der Region in seiner Existenz gesichert sein müsse und der Verbraucher ein Recht darauf habe zu erfahren wie und wo die Lebensmittel erzeugt wurden, die er kauft.  Dazu sei eine einheitliche Kennzeichnung nötig, wie sie zum Beispiel bei Eiern bereits eingeführt wurde. Eine solche oder ähnliche einheitliche Kennzeichnung werde auch vom Bauernverband gefordert. Das Fazit von ÖDP-Landtagskandidat Siegfried Ebner: Man konnte nicht alle Differenzen ausräumen, aber man war sich einig, dass eine klare Kennzeichnung über die Tierhaltung nach dem Vorbild der Eierkennzeichnung nötig ist und dass ein Preiskampf ohne Ende bei Lebensmitteln keine Zukunftsperspektive für die Landwirte und deren Tiere und für die Verbraucher und deren Gesundheit bietet.