Aichach
Eine neue Epoche

Aichach übernimmt Wittelsbacher Museum: Wiedereröffnung nach Umbau im April 2020

24.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:55 Uhr
Die Stadt Aichach ist nun Träger vom Wittelsbacher Museum: Mathias Will (v.l) von der Archäologischen Staatssammlung, der Museumsleiter Robert Hurler mit Ehefrau Catherine Barroy ( im Kleid), seine Nachfolgerin Theresia Sulzer, der Stadtmuseumsleiter Christoph Lang, Rupert Gebhard, Leiter der Staatssammlung und Bürgermeister Klaus Habermann bei der Übernahme. −Foto: Berndt Herrmann

Aichach (SZ) Als der damalige Wissenschaftsminister Thomas Goppel am 21. Juli 1989 das Wittelsbacher Museum in Aichach eröffnete, war der Ansturm so groß, dass gar nicht alle Besucher in das Untere Tor konnten.

Fast auf den Tag genau 30 Jahre später übernahm nun die Stadt Aichach die Trägerschaft von der Archäologischen Staatssammlung in München - und schließt das Museum erst einmal. Aber nur, um die Ausstellung neu zu konzipieren und umzugestalten. Im April 2020, rechtzeitig zur Landesausstellung, wird es dann wieder geöffnet.

Die Landesausstellung war auch einer der Gründe für den Trägerwechsel, der bereits im Mai vergangenen Jahres nach längeren Verhandlungen in einen Auflösungsvertrag mündete. Das Museum ist nun offiziell in der Hand von Aichach und eine Zweigstelle des Stadtmuseums. Anders wäre die rasche Umgestaltung der bestehenden und etwas in die Jahre gekommenen Ausstellung nicht möglich gewesen. "Die Stadt ist wesentlich flexibler als wir", erklärte der Leiter der Staatssammlung, Rupert Gebhard, bei einem kleinen Festakt zur Übergabe.

Auf fünf bis neun Jahre schätzt er den Zeitraum, den seine Einrichtung für eine Neugestaltung veranschlagen müsste. Nicht zuletzt, weil nach einer grundsätzlichen Kritik des Bayerischen Rechnungshofes an den hohen Kosten kleiner Zweigmuseen die Mittel spärlicher fließen. Das ist auch ein weiterer Grund für Bürgermeister Klaus Habermann gewesen, zu handeln. Er wollte das Museum sichern und die Gefahr einer möglichen Schließung umgehen.

In den vergangenen drei Jahrzehnten hatte das nur zwei ehrenamtliche Leiter: Robert Hurler von Anfang an bis 2013 und seitdem Theresia Sulzer. Habermann nutzte den Festakt auch, um ihnen nochmal zu danken. Hurler, der selbst an den Ausgrabungen 1978 bis 1981 an der Burg Wittelsbach beteiligt war (Funde dieser Grabungen werden im Museum gezeigt), habe "seine ganze Familie eingespannt" und mit unglaublich viel Herzblut gearbeitet, würdigte Habermann dessen Einsatz. Seine Nachfolgerin sei ihm in nichts nachgestanden, er sei stets begeistert von ihren Einführungen in die Sonderausstellungen gewesen.
Aber die Beziehungen zwischen Staatssammlung und Stadt enden nicht. Die Exponate bleiben in Aichach. Das war natürlich immer das Interesse der Stadt, aber auch der Sammlung. Man verfolge das Ziel, die Funde möglichst an den Ausgrabungsorten zu zeigen und sei deshalb nicht ohne Grund mit über 22000 Objekten in etwa 130 Museen der größte Leihgeber in Bayern, unterstrich Gebhard. Die Funde aus Oberwittelsbach in Aichach behalten zu wollen, sei im Übrigen einer der Gründe dafür gewesen, das Museum in Unteren Tor einzurichten, erinnerte Hurler. Habermann hofft jedenfalls, dass die gute Zusammenarbeit mit der Münchner Einrichtung trotz des Wechsels in der Trägerschaft fortbesteht. Zur Wiedereröffnung wurden Gebhard und Dr. Mathias Will, zuständig für die Außenstellen der Sammlung, gestern jedenfalls schon eingeladen.

Bis dahin hat nun Christoph Lang, Stadtarchivar und Leiter des Stadtmuseums, noch einiges zu tun. Er hat ein Museum "dazu bekommen" und muss ein neues Konzept entwickeln und umsetzen - und das innerhalb eines engen Zeitrahmens. Dabei hält er es grundsätzlich "bis heute für ein gut gemachtes Museum mit viel Charme".
Ihm blute einerseits ein bisschen das Herz, andererseits sei nach 30 Jahren eine Anpassung an die geänderte Museumsdidaktik notwendig, damit das Haus, das jährlich im Durchschnitt 2500 Menschen besuchen, weiterhin attraktiv bleibt. Zudem wird es eine wichtige Rolle bei der Landesausstellung spielen, und alleine schon deshalb ist eine Renovierung notwendig.

So wird man sich wahrscheinlich bei der Gestaltung an der Landesausstellung orientieren, unter Umständen werde auch dasselbe Büro beauftragt, sagt Lang. Im vierten Stock wird es wohl virtuelle Realrekonstruktionen geben, die neben den Fenstern hängen und dem Besuchern vermitteln, wie der Blick vor vielen Jahrhunderten ausgesehen hat. Der zweite und dritte Stock werden dagegen eher konventionell gestaltet. Lang strebt mit seinen Mitarbeitern eine "sinnvolle Mischung aus klassischem Museum und virtuellen Darstellungen an" und liegt damit genau auf der Welle von Bürgermeister Habermann, der "kein Disneyland" will.

Der Neugestaltung sind sowieso Grenzen gesetzt. Zum einen durch die Anforderungen, die Geldgeber - unter anderen kommen Summen aus EU-Töpfen und von der Landesstelle für nichtstaatliche Museen - artikulieren, zum anderen limitiert die kurze Zeit die Möglichkeiten. Und schließlich lassen sich die relativ kleinen Räume in dem Turm nicht beliebig umgestalten. Ziele wie Barrierefreiheit sind sowieso nicht zu verwirklichen. Die Kosten werden sich nach ersten vorsichtigen Schätzungen im sechsstelligen Bereich bewegen, dürfen aber die Marke von 200000 Euro möglichst nicht überschreiten - denn dann wäre eine europaweite Ausschreibung notwendig und der Zeitplan bis April 2020 damit Makulatur.

Trotz dieser Einschränkungen begann für den Bürgermeister gestern nach 30 Jahren aber "eine neue Epoche". Zusammen mit Stadtmuseum und Sisi-Schloss habe Aichach dann ein attraktives Paket, das auch über die Landesausstellung hinaus Besucher nach ziehen soll.
Und wenn im April kommenden Jahres das Wittelsbacher Museum wieder eröffnet wird, hoffen Habermann, Lang und ihre Mitstreiter, dass der Besucheransturm so groß wie 1989 sein wird.

Berndt Herrmann