Schrobenhausen
Ein glücklich machender Abend

22.07.2018 | Stand 23.09.2023, 4:10 Uhr
Mit wahrhaft königlichem Lächeln nahm Ramona Glöckl (l.) die Insignien ihres Amtes von ihrer Vorgängerin Jacqueline Blöckl in Empfang. Erzeugerchef Norbert Ziegler (r.) und Landrat Roland Weigert hielten sich dabei vornehm im Hintergrund. −Foto: Fotos: Hofmann

Schöne Frauen im Dirndl, durchtrainierte Männer in Leopardenmustershorts und mit nacktem Oberkörper: Beim Festabend zur Krönung der 41. bayerischen Kartoffelkönigin Ramona Glöckl war auch optisch einiges geboten. Es war also ein Abend, bei dem so ziemlich alle Sinne angesprochen wurden.

Gaumenfreuden verhieß ja schon die Einladung: Lachstartar mit Kräutersalat und Kartoffelchips, eine Kartoffel-Lauch-Suppe, Trauben-Sorbet, Tafelspitz mit Kartoffel-Gemüse und Marillenknödel mit geeistem Kartoffelschmarrn waren angekündigt worden (und wurden dann natürlich auch perfekt vom ebenso freundlichen wie unaufgeregten Servicepersonal serviert). Dass die Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern sogar übertroffen werden könnten, war schon klar, als vor jedem Gang bereits unwiderstehliche Düfte durch die Alte Schweißerei zogen und damit auch den Geruchssinn befriedigten. Für den Hörgenuss sorgten schließlich die Sehensander Musikanten.
"Mit Kartoffeln wird man glücklich", sagte Norbert Ziegler, der Vorsitzende der Erzeugergemeinschaft (EG) für Qualitätskartoffeln Neuburg-Schrobenhausen, schon zu Beginn der Veranstaltung mit 500, fast vornehmlich in Tracht gekleideten Gästen und verwies auf eine entsprechende Studie der Universität im südafrikanischen Stellenbosch. Davon sei er nicht überrascht, meinte er, aber er frage sich schon, "warum hat man so lange gebraucht, das herauszufinden".
Bei allem Glück hatten die Veranstalter auf der Einladungskarte zwei Namen vergessen - den von Ziegler und den von Klaus Benz, der den Abend moderierte. Benz, der in der Vergangenheit nicht ganz unumstritten war, verband das selbstironisch gleich mit der unerwartet hohen Besucherzahl der Gala: "Warum haben wir heute 100 Gäste mehr?", fragte er und gab gleich selbst die Antwort: "Schreibt's den Namen des Moderators nicht rein, dann kommen die Leute!" Benz führte routiniert und mit lockeren Sprüchen durch die Veranstaltung, und wenn er doch mal ein wenig anzüglich wurde, bekam er schon auch mal eine entsprechende Antwort von der jeweiligen Königin zurück.
Womit wir beim - neben dem vorzüglichen Menü - eigentlichen Grund wären, diesen Galaabend zu besuchen: den Königinnen. Rund 25 monarchische Kolleginnen (und ein Bierkönig aus Franken) waren nach Schrobenhausen gekommen, um Jacqueline Blöckl als bayerische Kartoffelkönigin zu verabschieden und ihre Nachfolgerin zu begrüßen. Die weiteste Anreise hatte Apfelkönigin Anna aus Natz-Schabs in Südtirol.
Bei den Freundschaften unter den Königinnen gelten also weder Produkt- noch Landesgrenzen. Das stellte auch Jacqueline in ihren Abschiedsworten klar. "Mein Jahr als bayerische Kartoffelkönigin war einfach traumhaft schön", bilanzierte die Habertshausenerin, die innerhalb ihres Jahres auf dem Kartoffelthron 126 Termine absolviert hatte, 21739 Kilometer mit Auto und Bus gefahren, mehrmals nach Berlin gekommen und sogar bis Südafrika geflogen war. Dabei habe sie auch viele neue Kartoffelrezepte kennen gelernt, sagte Jacqueline und gab den Gästen noch ein wichtiges Anliegen mit: Wichtig sei weniger, ob man Kartoffeln aus ökologischem oder herkömmlichem Anbau kaufe, so lange man darauf achte, dass die Ware aus der Region komme. Mit Tränen in den Augen dankte sie dann ihrem Freund Stefan und vor allem ihrem Vater Anton Blöckl, der ihr, wie sie sagte, immer wieder die Krone fixiert, die Post erledigt und mit der Hand Kartoffeln, die als Gastgeschenke benötigt wurden, ausgegraben habe.

EG-Vize Florian Raba fiel die ehrenvolle Aufgabe zu, Vizekartoffelkönigin Johanna Daferner in den Ruhestand zu verabschieden und Jacqueline zur neuen Vizekönigin zu ernennen, bevor ihre Nachfolgerin bekannt gegeben werden konnte. Dabei stellte Raba sicherheitshalber gleich klar: "Wir haben eine neue!" - ein kleiner Seitenhieb auf die Spargelerzeuger, bei denen seit vergangenem Dienstag die alte Königin ja auch die neue ist.
Was dann folgte, war ein wahrer Augenschmaus: Zuerst betraten die Gastköniginnen - eine nach der anderen und eine schöner als die andere - die Bühne, um Jacqueline zu verabschieden. "Gut, dass mir der liebe Gott das hohe Alter geschenkt hat", stammelte Klaus Benz, der sich ansonsten im Hintergrund hielt.

Dann wurden dicke Matten verlegt: Die Crazy Turnados, eine Showturngruppe aus Wiggensbach im Allgäu, betraten als Cowboys mit Lasso und Steckenpferd die Bühne. Nachdem sie sich eines Großteils ihrer Klamotten entledigt und auch die Hüte nicht aufgelassen hatten, zeigten sie in Shorts mit Leopardenmuster eine ebenso akrobatische wie unterhaltsame Show.
Danach waren sie auch beim eigentlichen Höhepunkt des Abends gefordert, galt es doch, ein riesiges Bierfass mit offenbar besonders wertvollem Inhalt auf die Bühne zu tragen. Die Aufgabe, dieses Fass anzuzapfen, übertrug Klaus Benz kurzerhand parteiübergreifend an Landrat Roland Weigert (FW) und Bundestagsabgeordneten Reinhard Brandl (CSU), die sich gegenseitig den Lederschurz umlegten, sich dabei ziemlich nahe kamen und Benz zu einem Wowereit-Spruch veranlassten.
Dann griff Brandl zu Schlegel und Wechsel, doch anstatt kräftig zu schlagen, klopfte er eher an, und siehe da: Aus dem Fass stieg eine junge Dame: Ramona Glöckl, die neue, 41. bayerische Kartoffelkönigin. "Es ist zwar bisher bei allen Bierfässern, die ich angezapft habe, etwas rausgekommen", verriet Brandl, "aber noch nie eine schöne, junge Frau." Diese lud er gleich ein, ihn doch einmal in Berlin zu besuchen.
Noch viele weitere Geschenke bekam Ramona, jede Gastkönigin hatte schließlich etwas mitgebracht. Zuvor erhielt sie aber von ihrer Vorgängerin Jacqueline die Krone aufgesetzt, die Schärpe angelegt und das Szepter überreicht. Dass in ihrem neuen Amt nun eine ganze Menge Arbeit auf sie wartet, das wusste die Karlshulderin natürlich. Aber wie sie da auf der Bühne der Alten Schweißerei auf dem Thron saß, lächelte sie trotzdem glücklich. Wie sollte es bei einer Kartoffelkönigin auch anders sein, wo es ja inzwischen sogar wissenschaftlich bewiesen ist, dass Kartoffeln glücklich machen.

 

Bernd Hofmann